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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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winkte sie vorwärts in einen Hohlraum unter drei großen Felsen, die sich vom Hang gelöst und sich zur Form eines dreiblättrigen Kleeblatts aufgetürmt hatten. Von diesem steinernen Versteck aus erblickten sie jenseits des Flusses und des engen Tales auf der Hauptstraße ein riesiges Feuer, dessen gewaltige Rauchwolke die Sterne verdeckte, sowie zahllose kleinere Brände, die auf den Dächern von Dodge City wie Rauschgold funkelten. Schatten sprangen und wirbelten durch die kahlen, rot erleuchteten Straßen; selbst aus ihrer Entfernung konnten sie Schreie hören.
    »Die Stadt brennt ab«, flüsterte Paul.
    »Nee. So is es, seit diese Teufel sie genommen ham«, entgegnete Titus. »Es brennt und brennt und hört nich auf.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Das Ende der Tage.«
    »Und wohin genau wollen wir?« erkundigte sich Paul leise bei Martine. Sein Herz hämmerte wie wild, und er sah, daß Florimel und T4b genausowenig angetan waren von der Vorstellung, sich an einen solchen Ort des Grauens zu begeben.
    »Ich weiß es nicht. Ich brauche einen Moment Ruhe zum Nachdenken.« Sie stemmte sich auf und kroch ein paar Meter weiter, wo sie durch einen der großen Felsbrocken von ihren Gefährten getrennt war.
    »Ich störe nur ungern«, sagte Titus, »aber für meine Wenigkeit wird’s Zeit abzuhauen.«
    »Bleib doch noch einen Moment«, bat Paul. »Vielleicht haben wir gleich noch eine Frage an dich …«
    Der Moment zog sich hin, und derweil konnten sich Paul und die anderen davon überzeugen, daß Titus die Wahrheit gesagt hatte: Einen knappen halben Kilometer entfernt loderten die Flammen auf den Hausdächern und an den hohen falschen Fassaden, ohne sie zu verbrennen, obwohl die Holzhäuser einen reichlich leichtgebauten Eindruck machten.
    »Es hat keinen Zweck«, sagte Martine und kam wieder zurückgekrochen. »Ich werde nicht daraus schlau – zu viele Störfaktoren, zuviel Unruhe. Wenn Dread sich bewußt vorgenommen hätte, meine Sinne zu behindern, hätte er es nicht besser machen können.«
    »Und wohin jetzt?« wollte Florimel wissen. »Einfach so in die Stadt spazieren? Das wäre Wahnsinn.«
    »Vielleicht dem Fluß folgen«, schlug T4b vor. »’n Floß bauen. Bloß weg von diesem Scänpalast.«
    »Hörst du denn nie zu?« Obwohl Martine leise sprach, klang ihre Stimme sehr ärgerlich. »Es gibt keinen anderen Weg zu dem Ort, den wir suchen. Auch wenn wir auf dem Fluß bis zum Gateway am anderen Ende kommen und unterwegs nicht von irgendwem oder -was getötet werden, besteht wenig Hoffnung, daß der Durchgang offen ist, und keinerlei Garantie, daß wir nicht irgendwo landen, wo es noch schlimmer ist. Wenn wir nach Ägypten wollen, müssen wir dieses nähere Gateway finden.«
    »Den satten Ex werden wir finden, weiter nix«, grummelte T4b, aber widersprach nicht mehr.
    »An was für Orten haben wir diese Durchgänge bisher angetroffen?« fragte Martine und drehte sich dabei Paul und Florimel zu. »In Labyrinthen. In Katakomben.«
    »Die Bergwerke?« überlegte Florimel. »Weiter oben am Berg gab es welche.« Sie stöhnte auf. »Lieber Himmel, ich glaube kaum, daß ich da nochmal hochklettern kann.«
    »Friedhöfe«, meinte Paul. »Stätten der Toten. Der kleine Insiderwitz der Bruderschaft.« Er gestattete sich ein bitteres Lächeln. »Der ist ihnen ziemlich nach hinten losgegangen, was?« Er wandte sich an Titus, der ihnen gebannt und verständnislos zuhörte. »Gibt es einen Friedhof in der Stadt?«
    »Aber sicher, knapp außerhalb im Nordwesten. Die Richtung.« Er deutete über den Fluß auf die Dunkelheit zur Linken der lodernden Stadt. »Hat irgendso ’nen bescheuerten Namen. Boot Hill oder so ähnlich.«
    »Boot Hill«, hauchte Paul. »Das hab ich schon mal gehört. Können wir nicht einfach über den Fluß und direkt dort hingehen?« Er blickte seine Gefährten an. »Da müßten wir überhaupt nicht erst in die Stadt rein.«
    »Ich hab keine Ahnung, was für Flausen ihr alle im Kopf habt, aber eins kann ich euch sagen: Wenn ihr Dodge in der Richtung umgeht, kommt ihr nie zum Boot Hill. Als die Berge hochgeschossen sind, hat’s da drüben den Uferstreifen zerbröselt. Das is jetzt ein Sumpf, und da gibt’s Schlangen, dick wie ’ne Bettrolle und lang wie’n Zwanzig-Muli-Gespann, von bussardgroßen Mücken gar nicht zu reden.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß, das is nich zu begreifen, daß Schlangen und Langhaxviecher und was weiß ich noch alles plötzlich einfach so aus der Erde kommen

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