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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ist, wenn sie uns hören?«
    »Wir haben keine andere Wahl«, erklärte Martine, aber dennoch setzte sich niemand in Bewegung. Paul spürte das allgemeine Zögern und begriff schließlich verwundert, daß die anderen von ihm eine Entscheidung erwarteten. Er drehte sich um und watete auf die Brücke zu.
    Beim Näherkommen erblickte er auf der langen Waagerechten über dem Fluß schattenhafte menschliche Silhouetten vor dem Schein zahlreicher Feuer, aber zu Pauls Erleichterung standen sie auf der stadtnahen Seite. Er hielt auf die tiefere Flußmitte zu, wo das ölige Wasser ihm wieder bis dicht unter die Brust ging und den beiden Frauen noch höher. Die hölzerne Brücke war breit und niedrig, aber der Zwischenraum reichte aus. Als Paul daruntertrat, umschloß ihn die Finsternis wie eine Faust.
    Noch vor der Brückenmitte hörte er laute Schritte über sich. Er erstarrte und hoffte, daß die anderen sich genauso verhielten, auch wenn sie ihn nicht sehen konnten. Wieder knarrte die Brücke, weil mehrere andere sich dem ersten Mann anschlossen. Paul fluchte still vor sich hin: Die Männer schienen direkt über ihnen zu sein. Waren sie entdeckt worden? Vielleicht warteten die Dreadkopien nur ab, bis sie wieder aus dem Schatten der Brücke heraustraten, um sie dann abzuschießen wie Fische in einem flachen Tümpel.
    Während er regungslos dastand und der Puls in seiner Schläfe so stark pochte, als klopfte ihm jemand an den Kopf, hörte er ein paar Meter hinter sich ein gedämpftes Platschen, dann ein Strömungsrauschen. Irgend etwas oder jemand war mit ihnen im Wasser – war einer der Männer von der Brücke geklettert, um nachzuschauen? Paul zog den Revolver aus der Innentasche seines Jumpsuits und hielt ihn hoch über den Wasserspiegel. Ihm graute davor, damit zu schießen, aber viel mehr noch vor dem Gedanken an einen Ringkampf mit jemandem, der so drahtig und stark war wie der Mann, den sie in der Höhle gesehen hatten.
    »Was …?« flüsterte Florimel, aber sie konnte die Frage nicht beenden. Ein Donnerschlag ertönte von oben, eine derart jähe und laute Explosion, daß Paul im ersten Moment dachte, er hätte versehentlich auf den Abzug seines Revolvers gedrückt. Der Schuß dröhnte ihm noch in den Ohren, als etwas Großes und Festes gegen ihn prallte und ihn zur Seite schleuderte. Wenn er nicht gegen einen seiner Gefährten getaumelt wäre, wäre er mitsamt der Waffe untergegangen. Die Männer über ihnen schrien und lachten und übertönten damit die Schreckenslaute, die Pauls Freunde von sich gaben, als sie merkten, daß etwas Riesiges direkt neben ihnen war und heftig um sich schlug.
    »Schlange!« zischte Martine und hörte sich in ihrer Angst selber schlangenhaft an. T4b stieß einen unterdrückten Schrei aus, als ein umherdreschender, muskulöser Schwanz ihn umstieß. Paul hastete durch das Wasser und packte den wie wild strampelnden Burschen am Arm. Auch Florimel faßte zu, und gemeinsam zerrten sie ihn wieder an die Oberfläche. Er prustete und japste.
    »Keine Bewegung!« wisperte Martine. »Still!«
    T4b hätte vielleicht widersprochen, aber vor lauter Wasserspucken kam er nicht dazu. Florimel hielt ihn fest. Die Schlange wühlte immer noch ganz in der Nähe das Wasser auf, doch bewegte sie sich von ihnen weg, hatte also wohl eher vor Schreck getroffen als mit Absicht. Als sie auf der Ostseite der Brücke ins Helle schwamm, überlief es Paul eiskalt. Das Ding, das an ihn geschrammt war, hatte beinahe die Größe des Bergwerkzugmonsters, das sie die Gebirgsstraße hinuntergehetzt hatte.
    Eine weitere Salve von Schüssen donnerte herab und zernadelte das Wasser um den mächtigen Schlauch des Schlangenkörpers. Die Männer auf der Brücke kreischten vor blutrünstiger Begeisterung.
    »In Gottes Namen«, sagte Martine, »jetzt, jetzt!«
    So schnell sie konnte, kämpfte sie sich voran, und Paul packte abermals T4b und half Florimel, ihn auf die Westseite der Brücke zu zerren. Hinter ihnen schäumte das Wasser im Feuerschein vom Todeskampf der verwundeten Schlange. Die Männer sprangen auf der Brücke herum, als tanzten sie, und gaben einen Schuß nach dem anderen in den Fluß und das sterbende Reptil ab.
     
    Obwohl die Mitternacht so heiß war wie ein Backofen, zitterte Paul am ganzen Leib, als er sich hundert Meter westlich der Brücke an einer dunklen Stelle ans Ufer schleifte. Er und seine Gefährten blieben einige Minuten lang keuchend im Matsch liegen. Noch immer hörten sie den Trubel auf der

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