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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Tochter des reichsten Mannes der Welt? Eines Mannes mit einer Privatarmee, mit Panzern und Helikoptern? Eines Mannes, nach dessen Pfeife die Staatsmänner der halben Welt tanzten? Paul wurden die Knie weich, und er ließ sich niedersinken. Da Ava ihn weiter umklammert hielt, ging sie mit ihm zu Boden, und schon lagen sie fest umschlungen im Gras, das Mädchen halb auf ihn gebettet, den schlanken, noch nicht vom Korsett eingeschnürten Körper an ihn gepreßt.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll, Ava.« Ihm war vor Verzweiflung ganz wirr im Kopf. Ihr Gesicht war sehr nahe, und ihre Haare umflorten beider Köpfe und hüllten sie in ein schummeriges Halbdunkel.
    »Liebe mich einfach«, sagte sie. »Dann wird alles gut werden.«
    »Ich kann nicht … darf nicht …« Doch er hatte die Arme um ihre Taille gelegt, und sei es nur zur Selbstverteidigung, um sie daran zu hindern, sich voll an seinen Körper zu schmiegen. »Du bist noch ein Kind.«
    »Steinernes Bollwerk«, erinnerte sie ihn, und ihr Kichern war so unerwartet, daß er beinahe mitgelacht hätte.
    Und ich bin der Narr des Schicksals. Das Zitat stieg an die Oberfläche wie die Fische in dem kleinen, regulierten Bach, der wenige Meter entfernt gluckerte. Der Narr des Schicksals. Er hob den Kopf und küßte sie. Sie erwiderte den Kuß mit der ganzen spontanen Glut ihrer Jugend, schwer und heftig atmend, und nach einer Weile mußte er sie von sich wegdrücken und sich hinsetzen. Wo sie gelegen hatten, richteten sich langsam die Gräser wieder auf.
    »Mein treues Herz«, murmelte sie mit Tränen in den Augen.
    Ihm fiel keine passende Erwiderung ein. Romeo und Julia, dachte er. Lieber Himmel, soll es uns genauso ergehen?
    »Ich habe etwas für dich«, sagte sie plötzlich. Sie faßte in den Ausschnitt ihres Nachthemds und zog einen mit Quasten geschmückten Beutel heraus, den sie um den Hals trug. Sie schüttelte sich ein kleines, glitzerndes Ding in die Hand und hielt es ihm hin. Es war ein silberner Ring mit einem blaugrünen Stein in der Form einer Feder. »Er ist ein Geschenk meines Vaters«, sagte sie. »Ich glaube, er hat einmal meiner Mutter gehört. Er hat ihn ihr aus Nordafrika mitgebracht.« Sie hielt den Ring in die Sonne, daß die Federform im Licht funkelte, klar wie das Wasser tropischer Meere, und reichte ihn dann Paul. »Er sagte, daß der Stein ein Turmalin ist.«
    Paul betrachtete das Stück. Die Feder war meisterhaft geschnitten, leicht wie in Stein gebannte Luft, die Härte der Erde in einen Windhauch verwandelt.
    »Steck ihn an.«
    Wie in einer Trance schob er sich den Ring über den Finger.
    »Jetzt kannst du mich nicht mehr verlassen.« Der Ton ihrer Stimme war mehr als nur flehend, er hatte fast die Eindringlichkeit eines Befehls oder einer magischen Beschwörung. »Jetzt kannst du mich nie mehr verlassen.« Bevor er sich’s versah, war sie auf seinen Schoß gerutscht, schlang ihm die Arme um den Hals und drückte ihm ihre Lippen auf. Er wehrte sich kurz, dann überließ er sich einfach der mitreißenden Flut der Begierde.
    »Oho!« rief jemand hinter ihnen.
    Ava kreischte auf und machte sich mit einem Ruck aus Pauls Armen los. Er fuhr herum und blickte in das widerliche, grinsende Gesicht von Mudd, der sie zwischen den Bäumen hindurch beobachtete.
    »Böse, böse«, sagte der dicke Mann.
     
     
    > Schlagartig wurde alles schwarz, weggesaugt wie durch ein langes Abflußrohr. Das Licht, die Luft, der Ton von Avas Weinen, das Tirilieren der Vögel und das Rascheln der Blätter, alles floh davon. Nichts blieb zurück als Schwärze und Leere und Stille.
    Die Dunkelheit nahm schier kein Ende, und er vergaß fast, daß es noch etwas anderes gab. Plötzlich platschte etwas Kaltes auf ihn, und er erwachte mit einem Schrei.
     
     
    > Als Paul Jonas aus seiner Umnachtung wieder zu sich kam, brannte seine geschundene Haut und fühlte sich sein Kopf heiß und geschwollen an, als ob er stundenlang in der Wüstensonne gelegen hätte. Doch was er sah, als er die verklebten Augen öffnete, war nicht Sand oder Sonne, sondern das flackernde Halbdunkel des Kerkers.
    Der mit undurchdringlicher Miene vor ihm stehende Priester Userhotep hielt immer noch den irdenen Wasserkrug in der Hand, den er über Pauls gefesseltem Körper ausgeleert hatte. Stirnrunzelnd, als hätte er einen Apparat vor sich, der sich als ein schlampiges Stück Arbeit erwiesen hatte, unterzog der Priester Paul einer kurzen Untersuchung, prüfte seinen Puls und zog mit einem schmierigen

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