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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Finger ein Augenlid hoch. Dann trat er zurück.
    Robert Wells’ gelbes, haarloses Gesicht verzog sich zu einem breiten Clownsgrinsen. »Alle Wetter, wenn du mal loslegst, hörst du so schnell nicht wieder auf, was?«
    Paul wollte etwas erwidern, brachte aber nur ein Stöhnen heraus. Durch die Arterien, die sein Gehirn versorgten, schien etwas viel Dickeres und Heißeres als Blut zu fließen.
    »Viel erfahren haben wir allerdings immer noch nicht«, beschwerte sich Wells. »Schön, du hast was über den Gral herausgefunden – na toll, darauf wäre ich auch so gekommen. Das erklärt nicht, wieso der Alte Mann dich nicht einfach um die Ecke gebracht hat. Und aus dem, woran du dich erinnerst, wird klar, daß sein Betriebssystem noch unzuverlässiger ist, als wir schon vermuteten, als selbst Jongleur vermutete – daß es so etwas wie ein Bewußtsein erlangt hat. Aber unmittelbar vor den wirklich interessanten Sachen war Schluß.« Er wiegte den Kopf. »Der Block vor dem letzten Teil ist verdammt stark, was darauf hindeutet, daß ursprünglich genau dieser Teil gelöscht werden sollte. Versteht sich, daß ich genau darüber alles wissen will.«
    Pauls Kehle war rauh wie eine Haihaut, aber schließlich konnte er genug Spucke produzieren, um zu reden. »Wozu der Aufwand? Das ist doch alles aus und vorbei. Jongleur ist tot, meine Freunde und ich sind gefangen, Dread hat die Macht. Was spielt es da noch für eine Rolle?« In Wahrheit aber wollte er nicht mehr an diese Erinnerungen rühren. Eine dunkle Drohung überschattete alles, was ihm wieder eingefallen war, eine Ahnung, daß hinter der nächsten Ecke etwas Grauenhaftes lauerte. »Mach doch, bring mich um, wenn du wirklich nicht besser bist als dein neuer Boß.« Damit würden wenigstens die Schmerzen aufhören. Alles würde aufhören.
    Wells drohte ihm mit einem zitronengelben Finger. »Egoistisch, Herr Jonas, sehr egoistisch von dir. Wenn der Alte Mann tot ist, erhöht das nur die Notwendigkeit, soviel wie möglich zu erfahren. Du bist vermutlich nicht auf der Gästeliste, aber wir andern haben vor, uns auf lange, sehr lange Zeit hier häuslich einzurichten. Wenn wir eine Generalrenovierung vornehmen müssen, sollten wir über den Ausmaß des Schadens genau im Bilde sein.« Er beugte sich ganz nahe heran. »Und ich muß gestehen, daß du mich neugierig machst. Wer bist du? Warum hat Jongleur dir eine solche einzigartige Sonderbehandlung zukommen lassen, statt einfach deine Leiche in seinem Privatsumpf zu entsorgen? Er hat verlangt, daß wir dich bei Telemorphix mit größter Bevorzugung behandeln, mußt du wissen. Wir haben uns mehr als einmal gefragt, wer du wirklich bist.«
    »Du wirst den Rest nicht rauskriegen«, sagte Paul heiser. »Die Gehirnwäsche, der hypnotische Block, was es auch sein mag, es ist zu stark.«
    »Hmmm. Ich denke, es gibt viele Mittel, mit denen wir diese Theorie abklopfen können, ohne dich zu töten.« Ptah der Demiurg wich zurück, und der Vorlesepriester Userhotep trat wieder vor. »Es war allerdings ein Irrtum von mir zu glauben, wir würden das mit nur geringfügigen Unannehmlichkeiten hinkriegen. Wir werden deinen Korpus ein bißchen strapazieren müssen – mal sehen, wie verschleißfest du bist. Es ist erstaunlich, was das Gehirn alles aufstellt, wenn es extreme Schmerzen vermeiden will, weißt du. Ziemlich bemerkenswert, was es da an neuralen Effekten gibt. Es würde mich nicht wundern, wenn du singen würdest wie ein Vögelchen, bevor wir zu viel mehr gekommen sind, als dir die Haut abzuziehen.«
    Robert Wells verschränkte seine verbundenen Arme über der Brust, musterte Paul eine Weile und nickte dann vergnügt dem Priester zu. »So, Userhotep, dann zeig mal, was du drauf hast.«

Kapitel
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    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Ärztin verklagt, weil sie Patient weiterleben läßt
    (Bild: Doktor Sheila Loughlin und Eamons Eltern bei der Medienkonferenz)
    Off-Stimme: Die Internationale Medizinische Gesellschaft nennt es »einen erschreckenden Höhepunkt gnadenlosen wirtschaftlichen Rentabilitätsdenkens«, daß eine Ärztin von einem Versicherer verklagt wird, weil sie einen Patienten über den Punkt hinaus am Leben erhält, der nach Ansicht der Transeuropäischen Krankenkasse »noch ethisch oder finanziell vertretbar« ist. Der Patient, der zehnjährige Eamon Bellings aus dem irischen Killarney, liegt seit fast einem Jahr im Tandagorekoma, doch entgegen den Forderungen der TEKK weigern sich seine Eltern und die Ärztin, das

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