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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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durch das Zimmer zur nächsten Couch. Er und der andere setzten sich zusammen hin, ohne ein Wort zu sagen, aber etwas an ihnen ließ Christabel an einen Kettenhund denken, der sich schlafend stellte, bis ein Kind nahe genug kam, daß er es anspringen konnte.
    »Und ich erinnere mich sogar an dich, Herzchen.« Der Mann mit dem Schnurrbart beugte sich lächelnd vor und tätschelte Christabel den Kopf. Da fiel er ihr wieder ein, der braungebrannte Mann im Büro ihres Papis. »Was machst du denn hier, Kleines?« Die Hand ihres Vaters schloß sich fester um ihre, damit sie sich nicht von ihm losmachte, aber auch, damit sie nichts sagte.
    Immer noch lächelnd richtete der Mann sich auf, doch als er weiterredete, war seine Stimme kalt, als ob jemand den Gefrierschrank aufgemacht hätte und Christabel jetzt der Eishauch ins Gesicht wehte. »Was macht dieses Kind hier, Parkins?«
    »Ver-Verzeihung, General.« Captain Parkins hatte Schweißflecken in den Achselhöhlen, die größer geworden waren, seit sie den Fahrstuhl verlassen hatten. »Es war eine schwierige Situation – die Mutter des Mädchens war gerade einkaufen gefahren und nicht auffindbar, und da du gesagt hattest, es sollte informell sein …«
    Der General lachte schnaubend. »Sicher, informell. Aber von einem gottverdammten Familienausflug war nicht die Rede, oder? Was denkst du dir – daß wir hier mit Vater und Tochter Sackhüpfen veranstalten? Hmmm? Captain Parkins, bist du der Meinung, daß das hier ein Picknick im Grünen werden soll?«
    »Nein, Sir.«
    Herr Ramsey räusperte sich. »General… Yacoubian?«
    Der Angesprochene drehte langsam den Blick in seine Richtung. »Und weißt du was?« sagte er mit eisiger Ruhe. »Dich, Bürger, kenne ich definitiv nicht. Wie wär’s, wenn du gleich wieder in den Fahrstuhl abdackelst und aus meiner Suite verschwindest?«
    »Ich bin Anwalt, General. Major Sorensen ist mein Mandant.«
    »Tatsächlich? Das höre ich zum erstenmal, daß ein Offizier einen Rechtsvertreter zu einem zwanglosen Gespräch mit einem Vorgesetzten mitbringt.«
    Diesmal war es Ramsey, der lächelte, wenn auch nur leicht. »Du definierst das Wort ›zwanglos‹ offenbar recht frei, General.«
    »Ich bin Brigadegeneral, Freundchen. Ich sage, wie etwas ist, und dann ist es auch so. Merk dir das!« Er wandte sich Parkins zu. »Gut, Captain, deine Aufgabe ist erfüllt. Du kannst deine Männer nehmen und abschieben – ihr werdet ja wohl noch was anderes zu tun haben. Ich übernehme jetzt den Fall.«
    »Sir?« Captain Parkins wirkte verwirrt. »Aber meine Männer, Sir … du sagtest, ich soll zwei MPs mitbringen …«
    »Meinst du, Doyle und Pilger könnten nicht mit jeder Situation fertigwerden, die hier auftreten könnte?« Der General schüttelte den Kopf. »Diese Jungs verfügen über mehr Feuerstärke als ein ganzer Kampfhubschrauber.«
    »Gehören sie auch der US Army an, General?« schaltete sich Ramsey wieder ein. »Nur fürs Protokoll?«
    »Stell keine Fragen, Anwalt, und du kriegst keine Lügen zur Antwort«, versetzte der General mit einem leisen Lachen.
    Die Hand ihres Papis zitterte auf Christabels Schulter, und das machte ihr beinahe mehr Angst als alles andere, was an diesem Tag passiert war. Endlich meldete auch er sich zu Wort. »General, es gibt wirklich keinen Grund, meine Tochter oder Herrn Ramsey in diese Sache hineinzuziehen …«
    »Mike«, sagte Ramsey, »gib um Gottes willen nicht deine Rechte preis…«
    »… darum bitte ich dich, sie einfach gehen zu lassen«, fuhr ihr Vater fort, ohne ihn zu beachten. »Du kannst sie ja Captain Parkins mitgeben, wenn du willst.«
    Der General schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war sehr braun und sein Schnurrbart klein und adrett, aber er hatte so etwas Runzliges um die Augen, das Christabel an Bilder vom Weihnachtsmann erinnerte. Doch sie fand, daß er mehr wie ein umgekehrter Weihnachtsmann war, wie einer, der keine Geschenke bringt, wenn er durch den Schornstein kommt, sondern statt dessen kleine Jungen und Mädchen in seinem großen Sack mitnimmt. »Den Teufel werde ich tun«, erwiderte er. »Es interessiert mich sehr zu erfahren, was alle zu erzählen haben – auch das kleine Mädchen. Okay, Captain Parkins, du kannst dich mit deinen Männern verdrücken. Wir andern haben so dies und das zu besprechen.« Er beugte sich vor und drückte den goldenen Fahrstuhlknopf in seinem Täfelchen auf der Tapete.
    »Wenn es dir nichts ausmacht, Sir«, sagte Captain Parkins nach kurzem Zögern,

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