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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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taubenblau, mit Insektenaugen und langen Fühlern.
    »Huch!« rief sie erschrocken.
    »Stanley Chan ist nicht zuhause«, erklärte das Ungetüm mit hohler Stimme. »Er ist nicht mehr auf diesem Planeten.«
    »Entführt!« Eine andere Maske mit Facettenaugen drängelte sich ins Bild. »Von Außerirdischen!«
    Jetzt erblickte Calliope Stan, der auf der Couch saß und den Gefesselten spielte, während seine Neffen die Nachricht aufnahmen. Er winkte mit zusammengelegten Händen, um die allem Anschein nach der Gürtel eines Bademantels geschlungen war. »Tut mir leid, Leute! Ich werde auf einen andern Planeten verschleppt«, rief er. »Oder in den Zoo. Oder so.«
    »In den Weltraum. Da wird er gefoltert«, sagte das erste Monster und rieb sich in freudiger Erwartung die Hände.
    »Nachricht«, zischte das zweite.
    »Ach so, ja. Falls ihr eine Nachricht hinterlassen wollt, nur zu. Aber es wird Herrn Chan nichts nützen, weil er da schon auf unserm Heimatplaneten ist und voll totgefoltert wird, irgendwie.«
    Calliope sprach eine Nachricht, in der sie den Gefangenen bat, sie für den Fall seiner Heimkehr zurückzurufen. Auch wenn ihr Partner nicht mehr in der Galaxis weilte und sie ihren Sonntag damit verplemperte, ein bedeutungsloses Detail aus einem abgeschlossenen Fall zu ermitteln, wollte sie den Kontakt zu ihm nicht völlig verlieren.

Kapitel
Der Wüstentempel
    NETFEED/DOKU/SPIEL:
    IEN, Hr. 17 (Eu, NAm) – »Tick Tick Tick«
    (Bild: Kandidat in Flammen)
    Off-Stimme: Für diese Spielzeit steigt heute die letzte Episode der beliebten Nervenkitzel-Show, in der zwölf Kandidaten Spritzen mit ungewisser Wirkung bekommen und eine Woche auf das Ergebnis warten müssen. Zehn sind harmlos, und die Kandidaten gewinnen nur die Heimversion des Spiels. Eine Spritze hat zur Folgen daß das berühmte Logo »Wahnsinnskredite!« auf der Haut des Gewinners oder der Gewinnerin erscheint, was bedeutet, daß er oder sie um eine Million Schweizer Kredite reicher ist. Der zwölfte Kandidat – ein Ausdruck, der durch die Sendung mittlerweile zum geflügelten Wort geworden ist – explodiert vor laufenden Kameras. Der Spaß daran ist, die wartenden Kandidaten während des siebentägigen Countdowns zu beobachten, bis sie am Ende der Woche live in der Sendung ihr Schicksal erfahren. Die heutige letzte Episode in dieser Saison bringt das spannende Finale und zusätzlich eine Retrospektive mit einigen der anrührendsten und verrücktesten Szenen aus früheren Shows …
     
     
    > Der Priester mit dem stumpfen Blick stellte die Elfenbeinschatulle neben Paul auf den Stein. Eine Ecke drückte ihm ins Fleisch, als der Priester sie aufklappte und ihr Stück für Stück eine Kollektion von Bronzemessern und anderen Gegenständen, deren Zweck nicht unmittelbar einsichtig war, entnahm.
     
»Hier ist der Übeltäter, ihr Götter«,
     
    sang Userhotep,
     
»Dessen Mund gegen euch verschlossen ist wie eine Tür.«
     
    Paul versuchte verzweifelt, sich auf die leiernde Stimme des Priesters zu konzentrieren, auf das an der Decke flackernde Lampenlicht, selbst auf die feixende Gottesmaske von Robert Wells, um bloß nicht an das zu denken, was gleich geschehen würde.
    Als der Mann mit den toten Augen sich über ihn beugte, eine blanke Bronzesichel gezückt wie einen kleinen Mond, spannte Paul die Muskeln an und warf den Oberkörper mit einem so ungestümen Ruck zur Seite, daß seine Fesseln vernehmlich knarrten. Das Messer machte nur einen flachen Schnitt, der dennoch einen höllisch brennenden Streifen auf seinem Brustkorb hinterließ. Paul atmete schwer von der plötzlichen Anstrengung, doch er hatte nur wenige Sekunden gewonnen. Userhotep warf ihm einen Blick der Verachtung zu und setzte zum nächsten Schnitt an.
    »Es ist wirklich zwecklos, mein lieber Jonas«, bemerkte Robert Wells. »Dieser ganze Widerstand. Sei doch kein Spielverderber.«
    Ein saurer Geschmack von Wut und Verzweiflung breitete sich in Pauls Mund aus, während er in das widerliche gelbe Gesicht starrte. Etwas brannte sich ihm in die Seite wie eine weißglühende Flamme, und ein Schrei entrang sich ihm wie ein Tier, das aus seinem Bau ausreißt.
    »Je eher du dich entspannst und die Gegenwehr aufgibst, um so eher können wir diesen hypnotischen Block brechen.« Wells’ hallende Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. »Dann werden die Schmerzen vorbei sein.«
    »Du Schwein!« keuchte Paul. Die Schatten im Raum schienen zum Leben zu erwachen. Ein sich verbreiternder schwarzer Umriß

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