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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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lachte. Er schien viel zu lachen, aber einen sehr glücklichen Eindruck machte er auf Paul nicht. »Aber auch so, denke ich, läßt sich alles, was ich tue, als Kleinkram bezeichnen.«
    Paul schüttelte benommen den Kopf. Ein fingerlanges gelbes Äffchen schwirrte ihm direkt vors Gesicht, und sofort stießen mehrere andere dazu. »Niemand sagt uns, wo Landogarner is«, jammerte das Äffchen. »Weiß dus? Und Freddicks?«
    Robert Wells wand sich ein paar Meter weiter auf dem Steinboden, als hätte er einen Anfall, und hielt sich seinen verbundenen Kopf. Der Priester Userhotep lag an der hinteren Wand in einer sich ausbreitenden dunklen Lache, die im Fackelschein spiegelte.
    »Was geht hier vor?« fragte Paul abermals.
    »Das sagen wir dir später.« Martine zog eine Hand unter seiner Achsel hervor und strich ihm übers Gesicht. Die Hand blieb kurz dort liegen, kühl und beruhigend. »Du bist jetzt in Sicherheit.«
    »Jedenfalls so sehr in Sicherheit wie wir andern auch«, ergänzte Florimel. »Hier sind deine Sachen.«
    »Laßt Wells liegen«, sagte Martine. »Wir müssen los. Ich weiß nicht genau, wie weit es zum Gateway ist.«
    »Gateway …?« Paul war zumute, als schwappte schwarze Farbe oder schmutziges Motoröl in seinem Kopf hin und her, irgend etwas Zähflüssiges, daß die Anschlüsse verklebte. Es waren noch zwei andere Leute im Raum, bemerkte er jetzt, die Gefangenen, die in die Zelle gebracht worden waren, kurz bevor man ihn abgeführt hatte. Als Nandi Paradivasch sah, daß er ihn anschaute, humpelte er zu ihm herüber.
    »Ich bin froh, daß du noch lebst, Paul Jonas.« In Nandis Gesicht und an den Armen war stellenweise die Haut abgeschabt, und er hatte grausige handtellergroße Brandwunden an den Beinen. Er wirkte geschrumpft, war nur noch ein Schatten des früheren tapferen und scharfsinnigen Streiters. »Ich werde mir den Verrat an dir nie verzeihen.« Paul zuckte mit den Achseln und wußte nicht, was er sagen sollte. Nandi schien sich eine Art Absolution zu erhoffen, doch im Augenblick konnte Paul mit so einer abstrakten Vorstellung nichts anfangen. »Missus Simpkins und ich …« Nandi deutete verlegen auf die Frau, »wir waren viele Tage lang … Gefangene des Mannes, den ihr Dread nennt.«
    »Darüber reden wir später.« Die Frau namens Simpkins hörte sich vernünftig und ruhig an, doch ihre verschatteten Augen begegneten Pauls Blick nicht, und ihre Hände hingen herab, als hätten sie keine Knochen.
    »Kannst du gehen, wenn wir dir helfen, Paul?« fragte Martine. »Wir müssen uns beeilen, und dich zu tragen würde uns aufhalten. Wir haben die Wächter abgelenkt, doch sie werden bald zurück sein.«
    Kichernd schritt Bes zur Tür und machte sie auf. Im Gang hörte Paul ferne Schreie. »Sehr eindrucksvoll, wie ablenkend es sein kann, wenn man einer Horde fliegender Affen eine Fackel gibt.«
    Eine gelbe Affenwolke stob in die Luft und in den Flur hinaus.
    »Brennebrennebrenne!« kreischten sie und wirbelten dabei wie ein Tornado. »Brennebrenne ganz toll!«
    »Fuego grande!«
    »Stärkste Bande!«
    T4b hinkte hinter ihnen her. Er hielt sich eine Hand, als ob sie ihm weh täte. Es entging Paul nicht, daß die Hand leuchtete.
    Gestützt von Martine und Florimel wankte Paul aus der Folterkammer. Er mußte über eines von Wells’ Beinen treten, das ruckte und zuckte, als stände es unter Strom.
     
    Die riesige weiße Scheibe der Sonne stand hoch am Himmel, und die Luft draußen in Abydos-Olim war so trocken und heiß, daß sie Paul schier die Lungen ausdörrte. Eingestürzte, ausgebrannte Häuser umgaben den großen Tempel an allen Seiten, und schwarzer Rauch stieg aus einigen noch zum Himmel empor. Dread schien hier ähnlich gewütet zu haben wie in Dodge City.
    Paul mußte sich ein wenig auf Florimel lehnen, doch er war wieder soweit bei Kräften, daß Martine ihn loslassen und auf dem steinernen Pier vorgehen konnte, der auf der Rückseite des Tempels in das braune Wasser eines breiten Kanals hinausragte. Die Affen umschwirrten sie kurz und schossen dann vorwärts, um das gewaltige goldene Ruderschiff zu inspizieren, das am Ende des Piers lag wie ein schwimmendes Hotel. Martine blieb auf halbem Wege stehen und drehte langsam den Kopf hin und her.
    »Es ist nicht hier.« Ihre gepreßte Stimme hatte einen Anflug von Panik. »Das Gateway – ich kann es fühlen, aber es ist nicht hier.«
    »Was kann das bedeuten?« fragte Florimel. »Ist es unsichtbar?«
    »Nein, es ist ganz einfach nicht da. Im

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