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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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gegenwärtig bewohnte, nicht aufhörte zu befremden, war die Frage nicht bloß dumm, sondern ausgesprochen grausam. Als wollte man eine Waise fragen: »Wo sind deine Eltern?«
    Tatsächlich klang in Beezles Stimme, als er weiterredete, eine Verwirrung durch, die Ramsey bei ihm zum erstenmal hörte. »Wo ich bin? Ich … warte halt, nicht? Ich warte.«
     
     
    > Der Samstagnachmittag war dahingekrochen wie ein sterbendes Tier. Nur mit Mühe konnte Calliope sich davon abhalten, Kendricks Freund anzurufen und einen Fortschrittsbericht zu verlangen.
    Er ist ein Kind, Skouros. Und er macht das freiwillig. Überhaupt, wieso die Eile?
    Elisabetta hatte nicht zurückgerufen. Zudem hatte ihre Mitbewohnerin so fahrig und verpennt gewirkt, daß sich Calliope alles andere als sicher war, ob sie ihr den Anruf ausgerichtet hatte. Um die Langeweile und eine unerklärliche Erregung zu bekämpfen, war ihr als letztes Mittel die überfällige Hausarbeit eingefallen.
    Gemischte Resultate, meldete sie einer imaginären Vorgesetzten. Den Mörder der kleinen Merapanui haben wir leider nicht gefaßt, aber dafür habe ich endlich mein Waschbecken gescheuert und ein paar alte Sachen aus meinem Kleiderschrank ausgemustert.
    Der Nachmittag ging schleichend in den Abend über. Nachdem die Wohnung zu guter Letzt sauber war, zumindest sauberer als seit vielen Wochen, beschloß sie, sich einen Film zu gönnen, den sie schon länger schauen wollte, ein figurativistisches Opus aus Belgien, über das Fenella bei ihrem letzten Zusammensein geredet hatte. Das war doch einmal eine neue Erfahrung, dachte sich Calliope, auch etwas zu kennen, worüber andere Leute redeten. Allerdings, bis sie Fenella wiedersah, schwärmte diese bestimmt schon wieder von etwas anderem, von einer Museumsretrospektive oder einem Ballett über den Völkermord an den tasmanischen Aborigines.
    Nach einer halben Stunde hatte Calliope den Faden der Handlung vollkommen verloren, sofern man von einer Handlung sprechen konnte. Als sie nur noch den Wunsch verspürte, einen leibhaftigen belgischen Figurativisten kennenzulernen, um ihn zu erwürgen, stellte sie das Ding ab und rief ihre Kopie der Merapanui-Datei auf. Die schemenhaften Bilder von John Dread waren wie ein Hohn. Du meinst, du kannst mich finden? schienen sie zu sagen. Ich bin Staub. Ich bin der Wind. Ich bin das Dunkle in deinem Schatten.
    Während die Sonne hinter dem Hafen versank, ging sie abermals ihre Aufzeichnungen durch, um vielleicht doch etwas zu finden, das sie übersehen hatte, irgend etwas. Wenn John Dread am Leben war, woran sie keinen Zweifel hatte, warum wußte das dann keiner? Oder wußten es Leute und hatten einfach zuviel Angst, um es zuzugeben? Der merkwürdige Ausdruck, der über das Gesicht von 3Big Pike gehuscht war, fiel ihr wieder ein. »Wenn du den verpfeifst, steht er aus dem Grab auf und murkst dich dreifach ab.«
    Wo in aller Welt steckte er bloß? In einem Zug in Europa, in einem amerikanischen Einkaufszentrum, schon dabei, sein nächstes Opfer zu taxieren? Oder näher? Vielleicht sogar noch auf dem australischen Kontinent? Versteckt auf einer Rinderstation im Outback, wo er den richtigen Moment abwartete, um mit einer neuen Identität in sein altes Revier zurückzukehren? Lauernd wie ein böser Geist…
    Das Piepen ihres Pads riß sie jäh aus ihren Gedanken.
    »Ja?«
    Es war Gerry Two Iron. »Ich sitz an diesem Ding von dir, tick?«
    Sie fühlte ihr Herz höher schlagen. »Und hast du was rausgefunden?«
    Er blickte ein wenig betreten. »Ist schwerer, als ich dachte. Da zieht jemand n echt para Venture ab. Verdupptes kleines Stück Fen-fen.«
    Sie war stolz auf ihre Selbstbeherrschung. »Gerry, ich verstehe nicht, was das heißen soll. Gib mir die Untertitel zum O-Ton.«
    Er verdrehte die Augen. »Es ist irgendwie kompliziert, irgendwie. Du hängst dich dran, aber es geht in tausend Richtungen. Alle möglichen Kurven und Ecken, blinde Relaisstellen, so’n Fen.«
    »Heißt das, es ist nicht von der Universität Helsinki?«
    »Von der Universität Megascän isses, das heißt es. Irgendwer hat das total verkniffelt. Einer, der weiß, wie man Spuren verwischt.«
    Calliope rutschte vor. »Es ist also nicht bloß eine ganz normale Recherche?«
    Gerry Two Iron zuckte mit den Achseln, daß seine gesprayten Haare sanft wippten. »Weiß nicht, könnte einfach von jemand sein, der’s voll privat will. Der nicht will, daß irgendwer Wind von seinem Venture kriegt.«
    Sie versuchte ihren inneren Jubel

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