Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Moment, bis sie darin ein erregtes Lachen erkannte – und stürzte auf ihn zu. Schlagartig leuchteten die Lichter des Brunnens wieder auf und tauchten die Welt erneut in ein dämmeriges Zwielicht.
    Sam war schon dabei, über den Rand ihres Uferasyls zu klettern, als jemand sie am Bein packte und zurückzerrte. Sie schrie zornig auf und schlug ungestüm auf die haltende Hand ein, weil sie meinte, es wäre Jongleur, doch es war Nandi Paradivasch, dessen Gesicht im Licht des Brunnens wie grauer Marmor aussah.
    »Laß ihn«, redete er ihr zu. »Das ist sein Kampf, denke ich.«
    »Ach, Fen-fen! Ich muß ihm helfen …!« Sie trat aus, doch da faßte Florimel ihr anderes Bein und hielt eisern fest.
    »Nein, Sam«, widersprach sie. »Wir anderen wären ihm nur hinderlich. Sieh doch!«
    »Ja, sieh«, sagte Martine. »Der Andere führt seinen Ritter ins Feld.«
    Sam hatte keine Ahnung, was sie damit meinte, und es war ihr auch egal; sie wollte nichts weiter, als sich den Händen ihrer Freunde zu entwinden. Mit einer Geschwindigkeit, die sie seit den Tagen in Mittland nicht mehr gesehen hatte, war Orlandos Thargorkörper auf seinen um vieles größeren Gegner zugesprungen. Blitzschnell, so daß es in dem Halbdunkel kaum zu sehen war, hatte er mit dem Schwert drei harte Streiche gegen die Beine des spannenlangen Hansels geführt, ehe dieser ihn richtig attackieren konnte, und ihn mitten im Schlag ins Wanken gebracht. Dennoch zischten die zweigartigen Finger nur knapp an Orlando vorbei und hätten ihm den Kopf von den Schultern gerissen, wenn er sich nicht zu Boden geworfen hätte.
    Die anderen drängten hinter ihr aufgeregt heran, aber Sam konnte nicht die Augen von der Szene abwenden. Es war ein Traum, ein Albtraum – Orlando! In einem Kampf auf Leben und Tod!
    Doch etwas an ihm war anders, erkannte sie jetzt, nicht nur seine Schnelligkeit, auch seine Gestalt. Sein Körper war nicht der Thargor aus den letzten Spieltagen in Mittland, der vernarbte, kampferprobte Veteran von hundert Schlachten, und auch nicht die jüngere Version, zu der er beim Eintritt in das Otherlandnetzwerk geworden war. Dieser neue Thargor war muskelbepackt wie gewohnt, aber dabei geschmeidiger und behender, als er in Mittland jemals gewesen war, so daß Sam den Eindruck hatte, eine ihr bisher unbekannte Version zu sehen, einen jünglingshaften Thargor, der nur in Orlandos Phantasie existiert hatte.
    Das größere Gewicht der älteren Versionen hatte allerdings auch seine Vorteile gehabt, denn gerade verpaßte ihm sein Gegner einen überraschenden Schlag mit dem Handrücken, der ihn durch die Luft segeln ließ und wenige Meter vor der aufgedunsenen Gestalt der nudeldicken Dirn auf die Erde schmetterte. Das zweite Monster kam mit erstaunlicher Geschwindigkeit angewabbelt, reckte sich auf und klappte dann über ihm ab wie ein Berg aus lebendiger Gallertmasse. Sam blieb fast das Herz stehen, denn sie dachte, Orlando wäre in dem ungeheuren Maul verschwunden, statt dessen jedoch stach plötzlich seine Schwertklinge an der Seite durch den Kopf der Bestie, und sie prallte mit einem blubbernden Gebrüll zurück. Orlando hatte sich vor dem tödlichen Zuschnappen zur Seite geworfen und hechtete jetzt unter einem zweiten Schlag des spannenlangen Hansels hindurch, der herangeeilt war, um ihn zu fassen, solange er mit der anderen Gegnerin beschäftigt war.
    Diese griff nun abermals an, obwohl ihr Kopf überströmt war von einer ekligen Flüssigkeit, die aus ihrer Wunde rann, so daß er zwischen den beiden in der Zange saß. Die Scheusale hatten ihre Lektion gelernt und rückten jetzt mit größerer Vorsicht gegen ihn vor. Er wich zurück, um mehr Manövrierraum zu gewinnen, doch er hatte den Brunnen im Rücken, und es wurde eng für ihn.
    Sams Freude war in ohnmächtige Verzweiflung umgeschlagen. Es war ausgeschlossen, daß er sie beide besiegte. Sie mußte ihn zum zweitenmal sterben sehen. Sie schlug auf die Hände ein, die sie festhielten, doch ihre Freunde ließen nicht los. »Lauf!« schrie sie. »Lauf, Orlando!«
    Er trat einen letzten Schritt zurück. Als er den Rand des Brunnens unter der Ferse spürte, warf er einen raschen Blick hinter sich auf das flackernde Wandelmeer. Sein beklommener Ausdruck verriet Sam eine schreckliche Wahrheit: Er war zwar daraus hervorgegangen, aber wenn er wieder darin eintauchte, war es endgültig aus mit ihm.
    Er wird sich wieder auflösen, wenn er reinfällt, dachte sie zu Tode erschrocken, er wird verschwinden. Sie wußte

Weitere Kostenlose Bücher