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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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in das Herz des Systems finden zu müssen, doch zum Glück hatte diese rauhbauzige Sulaweyo einen Zufallstreffer gelandet. Jongleur hatte nur darauf warten müssen, daß ein Kontakt zwischen den beiden Geräten zustande kam, und dann alles auf eine Karte gesetzt in der Hoffnung, daß das System notgedrungen gehorchen mußte, wenn sein Prioritätsbefehl Renie Sulaweyos Standort im Innern des Andern erreichte.
    Natürlich war ein Risiko eine Sache und ein leichtsinniges Risiko eine andere. Deshalb hatte er sich mit kluger Berechnung bei dem dümmlichen Azador eingeschmeichelt und den Pseudozigeuner heimlich dazu aufgehetzt, sich zurückzuholen, was er in seiner Verblendung für sein Eigentum hielt. Auf die Weise hätte Jongleur es noch einmal auf eigene Faust unternehmen können, das Gerät zu stehlen, wenn dieser erste Versuch fehlgeschlagen wäre.
    Allerdings mußte er sich eingestehen, daß es ihn ein wenig störte, wie leicht er eine andere Version von sich selbst überlisten und nach seinem Willen lenken konnte, und sei es eine mangelhafte Version. Es kränkte ihn beinahe in seinem Stolz.
    Aber das war nur ein kleiner Schönheitsfehler. Alles andere hatte geklappt wie geplant. Er hatte abgewartet, gesetzt und gewonnen.
    Und jetzt ist es soweit. Zeit für die letzte Runde.
    Er gab den Befehl zur Einleitung des Apep-Prozesses und setzte damit die komplizierten Vorbereitungen in Gang, die nötig waren, damit er ihn so bald wie möglich auslösen konnte und dann sein rebellisches Betriebssystem endlich vom Hals hatte. Daraufhin wechselte er aus dem grauen Systemraum in die Wirklichkeit seines großen Hauses über.
    Das zu seiner unendlichen Überraschung völlig leer zu sein schien.
    Was ist da los? Durch die Systeme des Gebäudes liefen widersprüchliche Alarmmeldungen – Feuer in den unterirdischen Geschossen und ein Störfall mit giftigen Emissionen in dem Atomkraftwerk ein Stück abseits der Insel wurden gemeldet. Er rief seine Kameraaugen auf und klickte sich durch die einzelnen Etagen. Es war Sonntag, und von daher war natürlich nicht mit einer vollen Besetzung zu rechnen, aber die Flure und Büros waren alle durch die Bank wie ausgestorben. Jongleur schickte dem Sicherheitsdienst einen vordringlichen Befehl, aber niemand nahm ihn entgegen. Er ließ sich die Ansicht der Wachzentrale des Gebäudes geben, zwei Stockwerke unter ihm. Sie war leer.
    Unmöglich. Irgend etwas war da faul. Oberfaul. Er schickte einen noch vordringlicheren Befehl an die private Militärbasis der Insel, aber alle Leitungen waren besetzt. Außerdem hatte jemand seine Verbindung zu den Überwachungskameras der Basis deaktiviert. Er ging auf einen der erdnahen Satelliten und zoomte sich heran, bis er Bewegung erkennen konnte, ein wildes Durcheinander, genauer gesagt, wie ein Ameisenstaat auf der Wanderung. Seine Truppen bestiegen gerade mehrere firmeneigene Fähren. Sie wurden evakuiert.
    Jongleur merkte, wie seine Herzapparatur ansetzte zu rasen und wie sofort automatische Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. Als er die durch seinen Organismus strömenden Chemikalien fühlte und den kühlen Frieden, den sie verbreiteten, übernahm er selbst die Steuerung und reduzierte den Beruhigungseffekt: Etwas Schreckliches war geschehen, geschah in diesem Augenblick, da wollte er nicht eingelullt werden.
    Der Keller, dachte er. Der zuerst. Er rief die Displays auf. Die unterirdischen Geschosse waren in der Tat voller Rauch, der alles vernebelte und sogar bis ins Foyer gedrungen war, doch er sah keine Spur von Flammen. Er prüfte nach, wann der Alarm ausgegeben war. Die erste Feuermeldung lag fast zwei Stunden zurück. Jongleur konnte sich das nicht erklären. Ein Schwelfeuer, das größtenteils aus Rauch bestand, konnte natürlich ohne weiteres so lange dauern, aber war das eine solche Gefahr, daß man deswegen nicht nur das Gebäude vollkommen räumte, sondern sogar die ganze Insel? Wo war die Feuerwehr? Er befahl eine Blitzanalyse der Lüftungsanlage im Haus und fand keine ungewöhnlichen Werte, keinerlei unerwartete Giftstoffe.
    Was zum Teufel geht da vor?
    Der Reaktorunfall hätte die Antwort sein können, doch die Protokolle zeigten an, daß der entsprechende Alarm erst eine halbe Stunde nach Ausbruch des Feuers ausgelöst worden war, obwohl er mit ziemlicher Sicherheit die Ursache für die Massenevakuierung der Basis war. Doch das war widersinnig: Das Kraftwerk befand sich auf einer separaten winzigen Insel, nicht auf der Hauptinsel mit dem

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