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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Stützpunkt und dem Bürohochhaus. Jongleur hatte einen eigenen kleinen Reaktor haben wollen, um sicherzustellen, daß es für das Betriebssystem des Gralsnetzwerks immer eine weitere Energiequelle als Reserve gab, aber er war nicht so dumm gewesen, ihn direkt neben das Firmengebäude zu plazieren, neben den Ort, wo sein hilfloser Körper ruhte.
    Er holte sich eine Liste mit Werten der Kraftwerksfunktionen, aber sie waren konfus und unergiebig. Definitiv fest stand, daß Alarm geschlagen und das Gelände verlassen worden war, aber er konnte sich kein klares Bild davon machen, was geschehen war. Die Bilder gaben keinen Aufschluß: Der Reaktor selbst schien völlig einwandfrei zu funktionieren, und bei genauerer Inspektion ergaben die Betriebsdaten des Reaktors, daß er bei normaler Temperatur abgeschaltet worden war, und das allem Anschein nach lange vor der Alarmmeldung. Es sah so aus, als ob die Techniker auf einen völlig unabhängigen Befehl hin den Reaktor gesichert und die Containmentschilde erhöht hätten, bevor sie geordnet abgezogen waren.
    Wenn also der Brand geringfügig und der Reaktor nicht in Gefahr war, warum flohen dann alle?
    Könnte einer meiner Feinde daran schuld sein? Hat Wells es ebenfalls geschafft, offline zu kommen? Aber warum sollte er die Zerstörung des ganzen Netzwerks riskieren, seine eigenen riesigen Investitionen, bloß um mir eins auszuwischen?
    Dread. Es überfiel ihn wie ein jäher Wintereinbruch – einen Moment lang verschwamm ihm das Gesicht seines früheren Untergebenen sogar mit den grausigen Zügen von Mister Jingo, dem Schreckgespenst seiner Kindheit. Das muß sein Werk sein. Es reicht diesem Straßenganoven, diesem miesen Mörder nicht aus, mein Netzwerk in seine Gewalt zu bringen, jetzt hat er mich auch noch in meinem Haus angegriffen und benutzt dazu mein eigenes Betriebssystem. Aber was verspricht er sich davon, selbst wenn die ganze Insel geräumt wird? Weiß er nicht, daß ich über mehrere verschiedene Energiequellen verfüge und mit meiner gesicherten Stromversorgung wenn nötig monatelang in meinem Tank ausharren kann?
    Je mehr er darüber nachdachte, um so unbegreiflicher wurde das Ganze. Fürs erste hatten die rätselhaften Vorgänge jeden Gedanken daran verdrängt, die Apep-Sequenz auszulösen.
    Von einem jähen Schreck gepackt kontrollierte er eilig den hangargroßen Raum, der den Maschinenpark des Gralsprojekts enthielt, um sich zu vergewissern, daß alles noch ordnungsgemäß funktionierte. Über die Kameras sah er, daß der riesige Saal leer war, doch auch wenn die Techniker die Zeilen der Prozessoren und Switcher verlassen hatten, arbeiteten diese doch fehlerfrei vor sich hin.
    Was bezweckt John Dread dann? Will er lediglich meine Abwehr austesten? Oder ist es etwas Irrationales – er hat immer schon so kindische Anwandlungen gehabt. Vielleicht ist das bloß eine gigantisch aufgeblasene Abart von Fonterror, mit der er seinen alten Arbeitgeber erschrecken will. Vielleicht weiß er nicht einmal, ob ich tot oder noch online bin.
    Sehr viel beruhigter und jetzt mit der Gewißheit, daß innerhalb des Gebäudes keine unmittelbare Gefahr bestand, begab Jongleur sich wieder an die Vorbereitung der Apep-Sequenz, doch eine Anomalie in den Anzeigen des Programmes ließ ihn erstarren. Das mußte ein Irrtum sein. Bei dem ganzen Informationskuddelmuddel auf der Insel, den falschen Alarmen und Schadensmeldungen, mußten sogar die Kerndaten des Gralsnetzwerks verfälscht worden sein. Nach dem, was er vor sich sah, war das Apep-Programm bereits gestartet worden, und das konnte einfach nicht stimmen. Die für den Vorgang vermerkte Zeit lag knapp zwei Stunden zurück. Aber er selbst hatte doch mit der Einleitung erst wenige Minuten zuvor begonnen.
    Es muß ein Irrtum sein, dachte er. Auf jeden Fall! Der Beweis dafür war, daß die Flugbahn völlig widersinnig war. Da lenkte ein Huschen auf einem der Kontrollbildschirme seine Aufmerksamkeit sogar von einer so hochwichtigen Angelegenheit wie dem Schicksal seines ungebärdigen Betriebssystems ab.
    Da bewegte sich etwas. Es war noch jemand im Haus.
    Als er das Bild vergrößerte und die anderen Aufnahmen in den Hintergrund schob, fiel sein Blick auf die Standortbezeichnung der Kamera. Ein Angststoß durchzuckte ihn. Der Eindringling war hier, im selben Stockwerk wie sein Tank! Einen Moment lang hatte er die Halluzination, wieder in seine Kindheit versetzt zu sein – der Geruch der Handtücher und gestärkten Laken benahm ihm

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