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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Pad war, sondern rings um sie herum wie eine Dunstwolke, sogar in ihren Ohren, so daß der Schlag ihres eigenen Herzens so nahe und zugleich fremd tönte wie das Rauschen des Meeres in einer Muschel.
    Langsam schob sie ihre andere Hand hoch. Der strahlende Schmerz in ihrem Rücken wurde greller, hitziger, drohte ihr Inneres zu entflammen. Ihre Finger faßten zu. Sie zog. Es kam mit.
    Calliope befingerte den blutigen Deckel, bis sie die Stelle zum Drücken fand. Das Pad sprang auf – erstaunlich sauber und hell der Bildschirm.
    Kein Blut, sah sie. Muß der letzte Fleck auf Erden ohne Blut sein …
    Sie wurde nicht recht schlau aus dem Bild, das sie darauf sah, den offenen Dateien, den jähen Bewegungen in einem Fenster – ihre Sehstörungen nahmen zu. Sie konnte nur beten, daß der Ton auf Empfang gestellt war. Sie bemühte sich zu sprechen, hustete, weinte, versuchte es wieder. Als sie schließlich etwas herausbrachte, war ihre Stimme so leise wie das Flüstern eines schüchternen Kindes.
    »Rufe null … null … null.«
    Calliope ließ den Kopf auf den Boden sinken, der sich weich wie ein Federkissen anfühlte, sie zum Schlafen einlud. Es gab einen Polizeicode für höchste Dringlichkeit, den sie hätte hinzufügen können, doch er fiel ihr nicht ein. Es lag jetzt alles in den Händen der Götter – hatte das Ding ihre Stimme empfangen? War es so eingestellt, daß es auf einen gesprochenen Befehl hin anrief? Und selbst wenn es klappte, wie lange mochte es dauern, bis sie auf den Ruf hin einen Wagen losschickten?
    Mehr kann ich nicht tun, dachte sie. Vielleicht … jetzt ein bißchen … ausruhen.
    Sie wußte nicht, ob Sekunden oder Minuten vergangen waren, doch als sie aus einer anderen, noch dichteren Nebelbank auftauchte, sah sie neben sich eine Bewegung. Calliope riß die Augen auf, doch zu mehr war sie nicht imstande. Selbst wenn es Dread selbst war, glaubte sie nicht, sich auch nur einen Zentimeter bewegen zu können.
    Es war eine andere blutige Hand. Nicht ihre.
    Die Frau mit dem kalkweißen Gesicht griff nach dem Pad, ihre Finger krabbelten langsam darauf zu wie eine rotweiße Spinne. Calliope konnte nur ohnmächtig zuschauen, wie die Hand auf den Bildschirm kroch und schwerfällig, aber entschlossen begann, Dateien zu öffnen, Sachen zu verschieben.
    Sie wird den Ruf abbrechen. Calliope wollte es verhindern, doch ihre Muskeln gehorchten ihr nicht. Was ist, wenn noch niemand drangegangen ist? Was macht diese blöde Kuh?
    Die blutige Hand wurde langsamer, tippte noch einmal, stockte und glitt dann vom Bildschirm ab. Ein durchsichtiger hellroter Streifen blieb zurück. Durch die rasch dicker werdende Watteschicht auf den Ohren hörte Calliope die Frau neben sich tief und gurgelnd Luft holen.
    Das war’s, dachte sie. Sie ist tot.
    »Abschicken«, hauchte die Frau.

Kapitel
Gedanken wie Rauch
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    UN-Gerichtshof verhandelt Klage gegen »Lifejack!«
    (Bild: Auszug aus der Folge von »Lifejack!« mit Svetlana Stringer)
    Off-Stimme: Der UN-Gerichtshof in Den Haag hat dem Antrag auf Anhörung des Falls von Svetlana Stringer stattgegeben. Stringer bestreitet, daß die Netzsendung »Lifejack! – Her mit deinem Leben!« das Recht hatte, ohne ihre Zustimmung Überwachungsaufnahmen mitzuschneiden und daraus eine Doku über ihr Liebesleben und ihre familiären Probleme zu produzieren. Nach Auffassung ihrer Anwälte muß der oberste Gerichtshof der fortschreitenden Aufweichung der Privatsphäre durch die Medien Einhalt gebieten, andernfalls werde bald gar niemand mehr ein Recht auf sein Privatleben haben. Die Anwälte des amerikanischen Produktionsnetzwerks von »Lifejack!« verweisen dagegen auf eine Verzichtserklärung, die Frau Stringer vor etlichen Jahren unterzeichnet hat. Auch wenn diese Genehmigung, sie zu filmen, für eine andere Sendung gegolten habe, eine Doku über Musikerziehung in ihrer Jugend, habe sie damit ihr Recht aufgegeben, sich der Beobachtung zu widersetzen.
    (Bild: Bling Saberstrop, Rechtsvertreter des IEN)
    Saberstrop: »Die UN-Richtlinien zur Privatsphäre sind genau das – Richtlinien, keine Gesetze. Unseres Erachtens haben wir es hier mit einem Fall zu tun, wo die Klägerin aus rein eigennützigen Motiven mal auf ihre Privatsphäre verzichten und sie dann wieder einfordern will.«
     
     
    > Nachdem er wieder ins Netzwerk eingetreten war, beobachtete er noch ein Weilchen, wie die sterbende Polizistin sich in ihrem Blut wand, doch dann mußte er das Fenster schließen. Es

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