Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
lähmender Panik, die seinen Lauf bremste, bis er nur noch mit äußerster Mühe einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Er wankte den Pfad hinauf, als kämpfte er gegen Orkanwinde an.
    Das Ding genannt Dread blieb stehen und beobachtete, wie er herantorkelte. Er spürte sein amüsiertes Interesse, doch das war nur ein einzelner, versprengter Ton in einer donnernden Symphonie des Grauens, die immer lauter und mächtiger wurde, je näher er kam.
    Nullpunkt. Totales Dunkel. Er konnte nicht mehr denken. Er zwang sich zwei weitere Schritte vorwärts. Aus. Aus und vorbei. Ich laute durchs Dunkel, und alles ist aus. Wieder ein Schritt, und jetzt schlug sein Herz so schnell, daß es beinahe einen durchgehenden Ton machte wie ein aufschnurrender Reißverschluß, tackatackatackatackatackatack …
    »So, welcher bist du denn?« Das Scheusal griff mit einer Hand nach ihm, die kalt war wie das Grab. Die leeren Augen wurden größer, als mit einem letzten taumelnden Schritt Pauls Wille endgültig versagte und er zu Boden fiel. Hilflos zuckend lag er vor den Füßen des Schattenmannes.
    »Na, was darf’s sein?« fragte ihn dieser. »Sportlicher Boxkampf gefällig? Und welche Regeln – Marquis of Queensbury?« Er beugte sich herunter. Ein kalter Finger hob Pauls Kinn an, so daß er dem Blick der weißen Blindfischaugen begegnen mußte, dem Grinsen, das im schwarzen Umriß des Gesichtes wie Eis glitzerte. »Ich werd dein Herz fressen, Freundchen. Und deine Freunde nehm ich mit zu mir nach Hause und reiß ihnen die Seelen auf.«
    Pauls bebende Hände, die sich kurz ein paar Zentimeter über den Boden erhoben hatten, fielen wieder herunter. Die Schwärze legte sich drückend um ihn, und er klammerte sich verzweifelt an ein letztes winziges Pünktchen innerer Klarheit.
    »Schluß«, japste er.
    Dread bückte sich, bis sein grinsender Mund nur noch einen Fingerbreit entfernt war. Paul drohte das Herz stehenzubleiben. »Du willst doch nicht etwa jetzt schon aufgeben, was? Och, da bin ich aber enttäuscht …«
    »Schluß … mit dem Treibenlassen!« schrie er und stieß sich vom Boden ab. Er schlang die Arme um die nächtige Kreatur und riß sie mit sich über den Rand des Felsabsatzes.
    Eine Weile stürzten sie in die Tiefe, und der dunkle Mann schlug in Pauls Klammergriff um sich wie eine ungeheure Fledermaus. Paul fühlte Dreads Überraschung und Schreck, und ungeachtet seiner eigenen Todesangst verspürte er beinahe so etwas wie Triumph. Dann verlangsamte sich ihr Fall und hörte auf.
    Sie standen in der Luft, und Paul hing an Dreads ausgestrecktem Arm wie ein kleines Kind. Der Mund, der vorher gegrinst hatte, war jetzt wutverzerrt. Eine furchtbare, lodernde Hitze schoß an Pauls Körper empor, Flammen prasselten plötzlich an seinen Gliedern, in seinen Haaren, selbst in seinem Innern, wo sie ihm durch die Gurgel in den Mund schlugen. Er stieß einen rauchenden Schmerzensschrei aus, während das Monster ihn in die Höhe schwang und dann wie einen flammenden Kometen mit voller Wucht gegen die Kraterwand schleuderte.
    Der Aufprall war wie ein Blitzschlag, restlos vernichtend. Er spürte noch dunkel, wie er als schlaffes Bündel an der schroffen Felswand hinunterschlidderte, aber das schien sehr weit weg zu geschehen, ihn kaum zu betreffen. Alles in ihm war gebrochen, zerrissen.
    Zuletzt kam er zum Stillstand. Er vermutete, daß er immer noch brannte, doch die Flammen waren nur tanzende Lichter vor seinen Augen, genau wie die anderen auch, und jetzt verdüsterten sich alle Lichter.
    Fühlt sich gar nicht an, als ob ich eine Kopie wäre, ging es ihm durch den Kopf. Fühlt sich an … wie sterben.
    Ein Schatten schwebte von oben herab und blieb vor ihm in der Luft stehen.
    »Du hast bloß meine Zeit verschwendet. Selbst schuld.«
    Paul hätte gelacht, aber nichts funktionierte mehr. Wie belanglos, so etwas zu sagen. Wie belanglos, so etwas zu denken. Seine eigenen Gedanken waren wie Rauch, ringelten sich in die Höhe, leichter als die Luft, leichter als alles, was es gab und je gegeben hatte.
    Ich frage mich, ob es auch vom Himmel eine Kopie gibt …
    Und dann dachte er nichts mehr.

Kapitel
Stern über Louisiana
    NETFEED/GESUNDHEIT:
    Warum die Ernährung umstellen, wenn du die Gene umstellen kannst?
    (Bild: das gentechnische Labor des Institut Candide)
    Off-Stimme: Das Institut Candide im französischen Toulouse meldet einen Durchbruch bei der Suche nach »Junk-Food-Genen«, wie sie von bösen Stimmen bezeichnet werden. Dies würde

Weitere Kostenlose Bücher