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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Der Mond war zu einem weißen Schemen am Himmel verblaßt. Selbst die strahlenden Wüstensterne waren so gut wie verschwunden. Renie hielt !Xabbus Kopf auf dem Schoß. Er war kaum mehr bei Bewußtsein und sein Atem ein leises, vibrierendes Schnarren, wie sie es noch nie gehört hatte. Nachdem er zu reden aufgehört hatte, hatten seine Hände noch minutenlang die Haltungen der Fadenfiguren angenommen. Jetzt bewegten sie sich nicht mehr.
    »Verlaß mich nicht, !Xabbu . Nicht nach alledem. Ich will nicht, daß du als erster gehst.«
    Da flackerte etwas. Sie blickte nach unten, und in ihrer Benommenheit hatte sie den Eindruck, daß der Grund der Grube noch weiter weg war als vorher. Wieder das Glitzern.
    Der Fluß begann zu leuchten.
    Die schwachen Lichtfunken verdichteten sich nach und nach, wurden zu Streifen, die hell aufstrahlende Lichtwellen an die Seiten der Grube warfen, doch die düstere kindliche Gestalt am Ufer bewegte sich nicht, ja schlug nicht einmal die Augen auf. Erst als der ganze Fluß in schillerndem Flammenglanz stand, regte sich die kleine Erscheinung und hob den Kopf.
    Zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge, standen in der Mitte des Flusses, als ob sie über das Wasser gewandelt wären. Renie hatte sie nie zuvor gesehen, oder wenigstens erkannte sie sie nicht: Das Licht wallte auf und umzüngelte sie so hell, daß sie in dem kalten Feuerschein fast verschwanden.
    Das kleine Mädchen hielt der zusammengekauerten Gestalt die Hand hin. Sie sah aus wie eine Traumerscheinung, doch ihre Stimme war zittrig, und sie klang wie ein ganz normales Kind, das sich fürchtet. »Komm mit uns. Es geht schon. Du kannst es.«
    Das Schattenkind schaute auf die beiden im Licht. Es sagte nichts, schüttelte nicht einmal den Kopf, doch der Fluß wogte plötzlich höher und stieg den zwei Kindern bis an die Brust. Sie flohen nicht, aber Renie sah, daß ihre Augen schreckensweit wurden.
    »Nein, hab keine Angst«, sagte das kleine Mädchen. »Wir wollen dich zu deiner Mami bringen.«
    »Lüge!«
    Sie wandte sich dem dunkelhaarigen, finster blickenden Jungen an ihrer Seite zu, der den Mund fest zusammengekniffen hatte – wohl um nicht vor Entsetzen laut loszuschreien, vermutete Renie. Er sah sie seinerseits an und schüttelte heftig den Kopf.
    »Sag du’s ihm«, forderte das Mädchen ihn auf. »Sag ihm, daß es stimmt.«
    Der Junge schüttelte abermals den Kopf.
    »Du mußt«, sagte sie. »Du … du bist mehr so wie er.« Sie wandte sich wieder dem Schattenkind zu. »Wir wollen dich doch bloß zu deiner Mami bringen.«
    »Lüge!« Die Gestalt wand sich und schrumpfte, wurde noch kleiner und dunkler und unkenntlicher. Der Fluß loderte auf und verschlang die Kinder einen Moment lang ganz, und Renie stockte das Herz in der Brust. »Der Teufel lügt immer!«
    Das flammende Licht ließ nach. Ängstlich, aber nach wie vor nicht wankend und nicht weichend standen der Junge und das Mädchen über dem rauschenden, funkelnden Wasser. Sie hielten sich an den Händen. »Sag’s ihm«, forderte das kleine Mädchen ihren Begleiter erneut auf. Ihre flüsternde Stimme trug bis zu Renie hinauf, so als ob ihre Worte für sie bestimmt wären. »Er fürchtet sich so!«
    Der kleine schwarzhaarige Junge weinte jetzt, seine Schultern zuckten. Er sah das Mädchen an, dann das am Flußufer kauernde Schattenkind. »S-so Leute«, sagte er langsam und so leise, daß Renie sich unwillkürlich vorbeugte, um ihn zu verstehen, »so’n p-paar Leute, wollen ’elfen, tick?« Er atmete abgehackt. »’n paar Leute wollen dir echt ’elfen.« Er weinte so sehr, daß er kaum ein Wort herausbrachte. »Echt w-w-wahr.«
    Der leuchtende Fluß wirbelte auf und sprühte Funken. !Xabbu wand sich in Renies Armen, doch als sie ihn erschrocken ansah, wirkte sein Gesicht ein wenig entspannter. Sie blickte wieder auf den Grund der Grube.
    Das Schattenkind erhob sich am Ufer und trat nach kurzem Zögern in den leuchtenden Fluß. Eine ganze Weile standen die Kinder sich gegenüber und sahen sich schweigend an, und dieses Schweigen schien die tiefste Kommunikation überhaupt zu sein – zwei strahlend im Licht des Flusses, das andere so klein und düster verschwommen, daß es sogar von der blendenden Helle gänzlich unberührt blieb. Auf einmal waren alle drei fort. Renie hatte keine Ahnung, was geschehen war, doch ihre Augen schwammen in Tränen. Im nächsten Moment fühlte sie, wie die Dunkelheit sich über sie legte und die Wüste verschlang, die Grube, alles. Mit

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