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Outback

Outback

Titel: Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hatten es ihm gesagt. Und deshalb trug er Verantwortung.

Shane

    Ohne Guten Morgen zu sagen nahm Shane die Akte von Betty Williams zur Hand. Er betrachtete noch einmal die Fotos und begann dann, den Bericht zu lesen. Wort für Wort. Und plötzlich stieß er darauf und konnte es nicht fassen, dass er es so lange übersehen hatte.
    „Im Fall Williams ist ziemlich schlampig ermittelt worden“, warf er Paddy an den Kopf.
    „Was wollen Sie damit wieder behaupten?“ Von Paddys Mundwinkeln tropfte Kaffee, in den er seinen Donut eingetaucht hatte. Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.
    „... in der Spüle eine Pfanne mit angebrannten Rühreiern und auf der Ablage eine Schüssel mit Hackfleisch und ein Geschirrhandtuch mit Hackfleisch- und Blutresten“, las Shane vor.
    „Na und, ist doch normal. Hamburger macht man ja mit der Hand“, meinte Paddy. „Sie hat sich eben die Hände an dem Handtuch abgewischt.“
    „Merkwürdig, normalerweise wäscht man sich die Hände mit Wasser ab, oder? Und außerdem: woher kommen denn die Blutreste?“
    Paddy brummte. „Vielleicht hat sie sich geschnitten?“
    „Am Hackfleisch, das man bereits gehackt kauft?“
    „Woher soll ich das wissen, ich mach mir höchstens Spiegeleier.“
    „Man macht also Hamburger, brät Eier, wischt sich die Hände mit Hackfleisch an einem Geschirrhandtuch ab, entscheidet sich dann, sich umzubringen, stellt die Pfanne kurzerhand in die Spüle, schneidet sich in der Küche die Pulsadern auf, wischt sich mit dem Geschirrhandtuch herausschießendes Blut ab, legt sich angezogen in die Badewanne und dreht dann das Wasser auf?“
    Paddy zuckte mit den Schultern. „Die Menschen kommen auf die verrücktesten Ideen.“
    „Wurde ein Schriftvergleich gemacht? Haben Sie überprüft, ob der Abschiedsbrief auch wirklich Bettys Handschrift hatte?“
    Paddy schob sein rundes Kinn vor und holte tief Atem. „Wissen Sie was, Shane: Rutschen Sie mir den Buckel runter! Alles, was wir hier tun, ist Ihnen nicht gut genug. Hat Ihnen schon mal einer gesagt, dass Sie ein arrogantes Arschloch sind?“
    „Ja.“ Kim hatte ihn ein mieses, selbstsüchtiges, rücksichtsloses Arschloch genannt. Dagegen war Paddys Bezeichnung geradezu ein Kompliment.
    „Sagen Sie demjenigen einen schönen Gruß“, murmelte Paddy.
    „Paddy“, versuchte es Shane wieder auf die freundschaftliche Tour, „Ihr Vater war doch gut befreundet mit Alfred Morgan und Ian Henderson. Hat er mal erzählt, warum Alfred und Ian nicht mehr miteinander geredet haben?“
    „Nein.“
    „Hatte es vielleicht mit der Vergewaltigung zu tun?“
    Paddy hustete. „Ich denke, man bezahlt Sie dafür, den Mord an diesem Mann aufzuklären, und nicht dafür, irgendwelche Kitschstorys zu erfinden.“
    „Interessant, wie Sie eine Vergewaltigung bezeichnen“, meinte Shane.
    „Ach, Shane, das Einzige, was Sie hier machen, seitdem Sie hier sind, ist, in alten Geschichten rumstochern. Im Busch vergewaltigen die weißen Männer die schwarzen Frauen, murksen Journalisten ab und bauen Bowling Club s auf die heiligen Stätten der Blackfellows! Shane, wissen Sie was, ich hab die Schnauze gestrichen voll von Ihnen. Fragen S ie doch meinetwegen John, wenn Sie was wissen wollen.“
    „Er redet nicht mehr mit mir.“
    „Recht hat er. Sollte ich auch tun. Sie beziehen doch alles auf sich. Wissen Sie: Sie haben jede Menge eigene Probleme.“
    Die Worte trafen Shane in den Magen. Paddys Telefon läutete. „Muss noch mal weg, zu den Smiths. Schalten Sie bloß nicht meinen Teddy ab, da läuft ein Anti-Virus-Programm durch! “ Paddy stand auf und Shane war froh, allein zu sein.

    Auch wenn Paddy in gewisser Weise Recht hatte – eines ließ Shane niemals zu: dass er seine Ermittlungen einstellte, weil ihm jemand drohte. Das blutige Geschirrhandtuch und der Konflikt zwischen den Hendersons und den Morgans gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Die Morgans wollten keine Touristen in Coocooloora haben, hatte Paddy behauptet. Warum? Es konnte John Morgan auf seiner Farm völlig egal sein, ob ein paar Touristen in ihren Mietwagen durch das Kaff fuhren. Shane war inzwischen lange genug Polizist, um zu wissen, dass hinter einer Antwort eine ganz andere Wahrheit stecken konnte.

    Detective Philipp Russell in Charleville reagierte sehr ungehalten, als Shane das Geschirrhandtuch ansprach. Es sei ein klarer Selbstmord gewesen, was sollten sie da die ganze Kücheneinrichtung archivieren? Außerdem sei das die Aufgabe des Crime Scene

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