Outback
ziemlich gesoffen. Aber bitte behalte das für dich, dass ich dir das gesagt habe, Shane.“
„Natürlich. Danke – und sag Kim und Pamela, wenn du sie triffst, alles Liebe von mir“, brachte er eher mühsam heraus. Cheryl brauste auf.
„Warum setzt du nicht mal deinen Arsch in Bewegung und sagst es ihnen persönlich? Pamela spricht dauernd von dir. Du weißt überhaupt nicht, was du ihr damit antust, wenn du dich nie meldest, sondern ihr nur Geld schickst! Du bist manchmal schrecklich feige. Aber auf Verbrecherjagd kannst du gehen!“
Nach dem Telefonat hatte er sich ziemlich mies gefühlt.
Webster steuerte den Wagen durch die Toreinfahrt, auf das lange Gebäude des Krankenhauses Charleville, zu. Sie meldeten sich bei Dr. Kilians Sprechstundenhilfe, einer drallen, sommersprossigen Frau Mitte vierzig. Auf ihrem Namensschild stand Sue. Shane und Webster setzten sich ins Wartezimmer. Dort saßen drei Patienten, zwei Frauen, die offensichtlich schwanger waren, und ein älterer Mann, der seine Arme auf einen Stock stützte und zitterte. Nach zehn Minuten wurde Shane ungeduldig und ging hinaus zu Anmeldung.
„Haben Sie uns vergessen?“
„Aber nein.“ Die rundliche Sprechstundenhilfe setzte ein freundliches Lächeln auf.
„Ich hab nämlich nicht den ganzen Tag Zeit“, erklärte Shane. Sie öffnete ihren glänzenden, rotgeschminkten Mund, um Shane zu beruhigen, als ein fast glatzköpfiger, untersetzter Mann im nicht mehr ganz weißen Polo-Shirt und gelblich-weißen Jeans aus dem Nebenzimmer schlurfte.
„Dr. Kilian?“ Shane zückte seinen Ausweis. Dr. Kilian sah fragend zu seiner Sprechstundenhilfe. „Detective Shane O’Connor, Homicide Squad“, erklärte Shane, während Sue seufzend die Schultern zuckte, „und das ist Constable Webster. Sie haben vor ein paar Monaten, genauer, am ersten Mai den Tod von Betty Williams festgestellt.“
Der Arzt schob ihn in ein Behandlungszimmer. Webster folgte ihnen.
„Williams? Williams, Williams, Williams ...“ Er nahm seine randlose Brille ab und putzte sie. „Richtig, ja, der Suizid in der Badewanne!“ Er versank in einem dick gepolsterten Schreibtischsessel und bot Shane und Webster harte Plastikstühle an.
„Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht gleich erinnern konnte, aber Namen waren noch nie meine Stärke. Wie war Ihr Name doch gleich?“
„Detective Shane O’Connor.“
„Richtig. Womit kann ich Ihnen also helfen?“
„Ich würde gerne wissen, wie Sie Betty Williams’ Leichnam untersucht haben.“
„So, wie man das eben tut. Haben Sie nicht die Berichte von mir und Ihren Kollegen gelesen, die Fotos gesehen? Da gibt es doch eine Akte.“ Kilian spielte mit einem Stift und lächelte sein aufmunterndes falsches Arztlächeln.
„Die gibt es, und deshalb komm ich zu Ihnen. Wie konnten Sie sicher sein, dass Betty Williams durch das Aufschneiden ihrer Adern an den Handgelenken, gestorben ist?“
„Wollen Sie meine Kompetenz infrage stellen, Detective?“ Er lehnte sich weit in seinen Sessel zurück und spielte mit seinem Stift. „Haben Sie Medizin studiert oder ich? Bin ich seit fünfundzwanzig Jahren Arzt oder Sie? Haben Sie oder ich die Tote, diese Betsy, fachgerecht untersucht?“
„Sie heißt Betty, Betty Williams“, korrigierte ihn Shane.
„Ich sagte Ihnen doch, dass ich es mit den Namen nicht so habe.“ Seine Hände zitterten etwas. „Alles, was von Bedeutung war, steht in meinem Bericht. War’s das jetzt? Ich hab einen engen Terminplan.“
Shane blieb sitzen. „Haben Sie die Obduktion allein durchgeführt?“
„Es war keine Obduktion nötig. Es war ein klarer Suizid. Selbstverständlich hab ich das allein festgestellt. Glauben Sie etwa, ich rufe sämtliche Kollegen aus dem Umkreis von fünfhundert Kilometer zusammen? Wissen Sie überhaupt, wie viel ich zu tun habe? Ich praktiziere nur zwei Tage die Woche hier und bin sonst ständig unterwegs.“
Shane hatte genug von seinem Gerede und stellte das Marmeladenglas mit dem Projektil auf den Schreibtisch. Dr. Kilian beugte sich vor.
„Was ist das?“
„Ist bei der Verbrennung des Leichnams übrig geblieben.“
Dr. Kilian nahm das Glas und hielt es nahe vor die rotgeäderten Augen.
„Sie waren vorher Chirurg im St. Mary’s Hospital in Brisbane. Warum sind Sie dort weggegangen?“, fragte Shane.
Rasch setzte Dr. Kilian ein Lächeln auf.
„Tapetenwechsel, ganz einfach. Aber ich wüsste nicht, was das mit ...“
„Sie haben sich ein paar Kunstfehler geleistet.“
Dr.
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