Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)
Eigeninitiative.
Im Prinzip hielt Reacher nichts davon, die Schriftsprache zu verhunzen. U für you, EZ für easy, hi für high, lo für low . Er hatte in langen Schuljahren Lesen und Rechtschreiben gelernt und wollte sich das Gefühl bewahren, diese Zeit sei nicht vergebens gewesen. Trotzdem konnte er sich über U-Haul nicht besonders aufregen. Was wäre die Alternative gewesen? Selbstfahrer-Lastwagen? Zu umständlich. Zu allgemein. Kein werbewirksamer Firmenname. Er blieb zehn Meter hinter der hell angestrahlten Reklametafel, auf der die drei U-Haul-Logos miteinander verschwammen und sein Blickfeld ausfüllten.
Er kontrollierte nochmals das Handy.
Kein Signal. Sie waren mitten im Nationalen Grasland der Komantschen. Wie auf hoher See. Der nächste Mobilfunkmast stand vermutlich in Lamar, das sie in ungefähr einer Stunde erreichen würden.
Der Betrunkene schlief weiter laut schnarchend, und Reacher folgte dem schwerfälligen U-Haul-Lastwagen geschlagene sechzig Minuten. Vor ihnen wurde Lamar als schwacher Lichtschein am Horizont sichtbar. Er stammte vermutlich nur von ein paar Straßenlampen, aber der Gegensatz zu der schwarzen Prärie ringsum ließ das Nest als lohnendes Ziel erscheinen. Westlich von Lamar lag ein kleiner städtischer Flugplatz. Und hier gab es wieder Handyempfang. Reacher warf einen Blick auf das Display und stellte fest, dass die Signalstärke mit zwei Balken angezeigt wurde. Vaughans Privatnummer wusste er auswendig.
Keine Antwort.
Er beendete den Anruf und rief die Auskunft an. Verlangte die Polizeistation in Hope, Colorado. Ließ sich von dem Netzbetreiber direkt verbinden. Er rechnete sich aus, dass sein schlafender Mitfahrer diese zusätzlichen Kosten gern übernehmen würde. Nach dem ersten Wählton war ein Klicken zu hören, dann erklang ein veränderter Wählton. Anrufweiterschaltung, vermutete er. Die Polizeistation in Hope war nachts nicht besetzt. Vaughan hatte einen Kollegen erwähnt, der tagsüber Dienst tat, aber es gab niemanden, der Nachtschicht hatte. Eingehende Anrufe würden direkt an den Streifenwagen weitergeleitet werden, zu einem dienstlichen oder privaten Handy. In zehn von vierzehn Nächten hätte Vaughan sich gemeldet, aber nicht heute Nacht. Sie hatte dienstfrei. Also würde ein anderer Beamter Jagd auf Kaugummipapiere machen. Vielleicht ein Deputy.
Eine Stimme an seinem Ohr sagte: »Hope PD .«
Reacher entgegnete: »Ich muss Officer Vaughan sprechen.«
Der Kerl auf dem Beifahrersitz bewegte sich, wachte aber nicht auf.
Die Stimme an seinem Ohr sagte: »Officer Vaughan hat heute Nacht frei.«
Reacher sagte: »Ich weiß, aber ich brauche ihre Handynummer.«
»Die darf ich Ihnen nicht geben.«
»Dann rufen Sie sie selbst an und bitten sie, mich unter dieser Nummer anzurufen.«
»Dann wecke ich sie vielleicht.«
»Das tun Sie nicht.«
Schweigen.
Reacher sagte: »Diese Sache ist wichtig. Und beeilen Sie sich. In einer Minute habe ich keinen Empfang mehr.«
Er beendete das Gespräch. Vor ihm kam die Kleinstadt Lamar in Sicht. Niedrige dunkle Gebäude, ein hoher Wasserturm, eine beleuchtete Tankstelle. Der U-Haul-Laster bog ab, um zu tanken. Reacher sah auf die Tankanzeige des Suburbans. Halb voll. Ein großer Tank, aber ein durstiger Motor und noch viele Meilen zu fahren. Er folgte dem U-Haul zu den Zapfsäulen. Das Handy zeigte guten Ladezustand und marginalen Empfang an. Er trennte es vom Ladegerät und steckte es in seine Hemdtasche.
Die Zapfsäulen waren eingeschaltet, aber das Kassenhäuschen war abgesperrt und dunkel. Der Kerl aus dem U-Haul steckte eine Kreditkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz und zog sie wieder heraus. Reacher benutzte seine Bankkarte, die den gleichen Zweck erfüllte. Die Pumpe lief an. Reacher wählte Normal bleifrei und verfolgte erschrocken, welcher Betrag angezeigt wurde. Benzin war teuer. Das stand verdammt fest. Über drei Dollar für die Gallone. Als er zuletzt getankt hatte, kostete die Gallone einen Dollar. Er nickte dem U-Haul-Mann zu, der sein Nicken erwiderte. Der U-Haul-Mann war ein jüngerer, sportlicher Mann mit langem Haar. Er trug ein enges schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln und Priesterkragen. Ein Geistlicher irgendeiner Kirche. Spielte vermutlich Gitarre.
Das Telefon in Reachers Hemdtasche klingelte. Er ließ die Zapfpistole eingeführt, wandte sich ab und meldete sich. Der Cop in Hope sagte: »Keine Antwort von Vaughan.«
Reacher sagte: »Versuchen Sie’s über Funk. Sie ist mit dem Wagen des
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