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Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Titel: Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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fahren die Endzeitenthusiasten besonders ab. Sie suchen bei Viehzüchtern im Mittleren Westen nach Rindern, die etwas rötlich brauner als der Durchschnitt sind. Die schicken sie dann paarweise nach Israel, weil sie hoffen, dabei könnte ein rotes Kalb herauskommen. Sie wollen die Dinge beschleunigen. Das ist ein weiterer wichtiger Charakterzug dieser Leute: Sie können nicht warten. Weil sie sich alle schrecklich sicher sind, dass sie unter den Gerechten sein werden. Was sie natürlich selbstgerecht macht. Die meisten Leute akzeptieren, dass die Entscheidung, wer gerettet werden wird, nicht bei den Menschen, sondern bei Gott liegt. Also ist das eigentlich eine Art von Snobismus. Sie halten sich für besser als wir anderen.«
    »Das war’s schon? Rote Kälber?«
    »Die meisten Enthusiasten halten einen großen Krieg im Nahen Osten für absolut unverzichtbar – und sind deshalb wegen der Ereignisse im Irak so unglücklich. Anscheinend ist alles, was dort drüben passiert, nicht schlimm genug.«
    »Das klingt skeptisch.«
    Der Mann lächelte wieder.
    »Natürlich bin ich skeptisch«, sagte er. »Ich bin Anglikaner.«
    Danach gab es kein Gespräch mehr, weder theologisch noch säkular. Reacher war zu müde, und der Mann am Steuer steckte zu tief in seinem Überlebensmodus für Nachtfahrten, in dem für ihn außer dem Stück Straße, das die Scheinwerfer ihm zeigten, nichts mehr existierte. Seine Augen waren krampfhaft aufgerissen, und er hockte weit nach vorn gerutscht auf seinem Sitz, als wäre ihm bewusst, dass jede Unaufmerksamkeit tödlich sein konnte. Auch Reacher blieb wach und hielt Ausschau nach der Straße nach Hope. Er wusste, dass sie unbeschildert sein würde, denn sie war nicht gerade eine wichtige Fernstraße. Passte er nicht selbst mit auf, würde der Priester daran vorbeifahren.
    Sie tauchte nach exakt zwei Stunden Fahrzeit auf: eine holprige zweispurige Straße, die ihren Weg genau rechtwinklig kreuzte. An ihr standen Stoppschilder, während die größere Nord-Süd-Straße keine besaß. Bis Reacher ihn darauf aufmerksam machte, der Geistliche reagierte und die überbeanspruchten Bremsen des Lasters ihre Arbeit getan hatten, waren sie hundert Meter darüber hinaus. Reacher stieg aus, winkte dem Davonfahrenden zu und wartete, bis seine Lichter und das Motorengeräusch verschwunden waren. Dann ging er durch die Dunkelheit zurück. Weit im Osten, über Kansas und Missouri, dämmerte eine erste Ahnung des kommenden Tages herauf. In Colorado war es noch stockfinster. Hier gab es kein Handysignal.
    Auch keinen Verkehr.
    Reacher postierte sich auf der Westseite der Kreuzung auf dem Bankett neben der Fahrbahn. Wer von Osten nach Westen fuhr, musste am gegenüberliegenden Stoppschild halten und hatte dabei Gelegenheit, ihn aus zwanzig Metern Entfernung zu mustern. Aber hier war niemand in Ost-West-Richtung unterwegs. Zumindest in den ersten zehn Minuten nicht, auch nicht in den ersten fünfzehn und in den ersten zwanzig. Ein einzelner Wagen brauste zwanzig Meilen hinter dem U-Haul-Laster nach Norden. Er bog jedoch nicht ab, sondern raste einfach nach Norden weiter. Ein nach Süden fahrender Geländewagen bremste zum Abbiegen, aber er rollte von Hope weg nach Osten weiter. Seine Schlussleuchten wurden immer kleiner, bis sie ganz verschwanden.
    Es war kalt. Der Ostwind schob Regenwolken vor sich her. Reacher klappte den Jackenkragen hoch, verschränkte die Arme vor der Brust und steckte die Hände unter die Achseln, um sie warm zu halten. Die Nacht wich, und diffuse rosa und purpurrote Wolkenbänder schoben sich am östlichen Horizont herauf. Ein neuer Tag: leer und noch unschuldig. Vielleicht ein guter Tag. Vielleicht ein schlechter Tag. Vielleicht der Jüngste Tag. Das Ende ist nahe, hatte Thurmans Kirche versprochen. Vielleicht kam ein Meteorit von der Größe des Mondes herabgerast. Vielleicht war die Meldung darüber von allen Regierungen weltweit unterdrückt worden. Vielleicht knackten in diesem Augenblick Rebellen einen alten Raketensilo in der Ukraine. Vielleicht war in irgendeinem Forschungslabor eine Phiole zerschellt oder ein Handschuh eingerissen oder eine Schutzmaske leck geworden.
    Oder auch nicht. Reacher zog den Kopf ein und stampfte mit den Füßen. Seine Nase war kalt. Als er wieder aufschaute, sah er aus Osten Scheinwerfer herankommen. Hell, weit auseinander, entfernt genug, um statisch zu wirken. Ein großes Fahrzeug. Ein Lastwagen, möglicherweise ein Sattelschlepper, der aus der

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