Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Zu gegebener Zeit werden sie ein sehr großzügiges Angebot erhalten, ihren Besitz zu verkaufen. Ich habe die Absicht, von nun an selbst zu bestimmen, wer hier wohnt.« Er deutete mit einer lässigen Geste in Valentins Richtung. »Keine unerwünschten Ausländer mehr, das ist schon mal das Erste.«
Valentin spuckte auf den Teppich. »Und wenn ich mich weigere?«
»Wenn Sie sich weigern, nun ja …« Felton trank langsam und genießerisch einen Schluck Champagner. »Was denken Sie, was dann passieren könnte, Joe?«
Oliver riss sich einen Fingernagel ein, als er sich am Dach festkrallte, um sich hochzuziehen. Seltsamerweise wirkte der Anblick des Bluts auf ihn augenblicklich beruhigend. Er war ganz in Anspruch genommen von einer anstrengenden körperlichen Herausforderung, wie echte Männer sie mit Begeisterung annahmen – eine Einstellung, die er normalerweise verachtete. In diesem Moment aber verstand er, was einen daran reizen konnte.
Endlich kniete er auf dem winzigen Rechteck aus Blei, atmete langsam und wartete darauf, dass seine Nerven sich beruhigten. Hier draußen war es außergewöhnlich still. Es war eine sternenklare Nacht, der Mond nur eine dünne Sichel, das Meer schwarz und glitzernd wie Öl. Weiße Striche, die über ihm in der Luft aufleuchteten, entpuppten sich als Möwen, die durch die Dunkelheit glitten. Einen Augenblick lang empfand Oliver so etwas wie Demut angesichts seiner bescheidenen Stellung im Universum: Wie konnte irgendetwas von dem, was heute Nacht hier passierte, im großen Weltenplan eine Rolle spielen?
Nach einer Weile fühlte er sich sicher genug, um den
nächsten Schritt planen zu können. Das eigentliche Dach stieg hinter ihm in einem Winkel von etwa fünfundvierzig Grad an. Es war mit grauem Schiefer gedeckt, abgesetzt durch rote Lehmziegel am First. Wenn er sich flach hinlegte, sollte er es eigentlich schaffen, die zirka zehn Meter bis zum First zu kriechen und sich dann zur anderen Seite des Hauses vorzuarbeiten.
Mit einer Mischung aus Angst und Hochgefühl stand er auf und drückte sich auf die ineinander verhakten Schieferplatten. Sie fühlten sich rau an, noch warm von der Hitze des Tages. Er wusste, dass sie sein Gewicht tragen würden, aber war der Neigungswinkel flach genug, um zu verhindern, dass er abrutschte und in den Tod stürzte?
»Werde ich wohl noch früh genug rausfinden«, murmelte er.
»Warum fragen Sie mich?«, sagte Joe. Noch ehe er den Satz ausgesprochen hatte, wurde ihm klar, dass er die Antwort bereits kannte.
»Ihr Boss scheint sich nicht allzu viele Gedanken über den Verbleib seiner Familie zu machen – im Gegensatz zu Ihnen, nehme ich an.« Felton grinste. »Das war eine beeindruckende Leistung, wie Sie sich da freigekämpft haben. Und einen heißen Reifen fahren Sie auch, nach allem, was ich gehört habe.«
»Sie sind in Sicherheit«, sagte Joe. Aber es war eine leere Behauptung; die Worte eines Mannes, der bemüht war, sich selbst zu überzeugen.
»Wissen Sie das ganz genau?«
»Ich werde sie nicht verraten.«
»Sie verstehen mich falsch, Joe«, sagte Felton. Im Bewusstsein des Triumphs klang seine Stimme seidig, beinahe musikalisch. »Mag ja sein, dass Sie unseren ersten
Versuch, sie zu entführen, vereitelt haben. Aber der zweite Versuch ist geglückt.«
50
»Sie lügen«, sagte Valentin.
»Das glauben Sie doch selbst nicht«, entgegnete Felton. »Ich habe sie alle in meiner Gewalt. Cassie, ihren Jungen und Ihr kleines Töchterchen. Meine unfehlbare Versicherung dagegen, dass heute Nacht irgendetwas schiefläuft. Sobald irgendjemand übermütig wird, sich widersetzt oder rebelliert, geht es unweigerlich schlecht für die Kinder aus.«
»Felton blufft«, sagte Joe zu Valentin. »Ich habe sie an einen sicheren Ort gebracht. Niemand weiß, wo sie sind.«
Vom anderen Ende des Zimmers kam ein hämisches Lachen, und Felton kommentierte: »Stimmt nicht ganz.«
Joe drehte sich um und sah, dass Juri ein Handy zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Joes Handy. Juri hatte es ihm abgenommen, als sie Joe auf dem Steg geschnappt hatten. Aber normalerweise hätte es ihnen gar nichts genützt, es sei denn …
»Sie hat Nachricht für dich hinterlassen«, sagte Juri. »Blöde Kuh hat nicht ihr Handy benutzt. Hat vom Festnetz aus angerufen.«
»Ein gemütliches B&B in Chichester, wenn ich mich nicht irre?«, sagte Felton. »Ich muss Ihnen wirklich dafür danken, dass Sie sie ganz hier in der Nähe untergebracht haben. So haben wir kaum Zeit
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