Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
sein. Als Valentin noch uneingeschränkt geherrscht hatte, mit Liam und Priya als seinen treuen Stellvertretern.
Und Priya war darüber hinaus noch viel mehr gewesen.
Doch Felton schien sich ihrer Bedeutung nicht bewusst zu sein. Das verschaffte Liam einen kleinen Moment klammheimlicher Freude, auch wenn es viel zu spät war, als dass diese Information noch von irgendeinem Nutzen gewesen wäre. Sie jetzt auszuliefern würde ihm nur das gleiche grausige Schicksal einbringen wie Travers.
Sie ist unantastbar , dachte Liam. Die Glückliche .
Und dann ging ihm auf, welches Problem sich damit für Nasenko stellte. Valentin würde gewiss keine Skrupel haben, wenn es darum ginge, Liam der Polizei auszuliefern. Aber könnte er das Gleiche auch Priya antun?
Ihre Lage schien aussichtslos, doch das wollte Priya nicht akzeptieren. Sie war eine Kämpferin. Sie wusste, solange sie am Leben war, hatte sie noch eine Chance.
Worauf es ankam, war, dass sie diese eine Chance erkannte und nutzte.
Sie saß nahe der Seitenwand der Garage, ein Stück
abseits von den anderen Gefangenen. Ein Streifen Klebeband presste ihre Lippen zusammen und füllte ihren Mund mit einem üblen Geschmack. Sie hatte die Hände hinter dem Rücken, Hand – und Fußgelenke waren mit dem gleichen Klebeband gefesselt. Ein Wall aus Blut umschloss sie.
Turner lehnte ein paar Schritte rechts von ihr an der Wand. Er war bei Bewusstsein, aber sehr schwach, und bei jedem Atemzug zuckte er vor Schmerzen zusammen. Er hatte eine Kugel in den Oberschenkel bekommen und viel Blut verloren. Der Bewacher hatte die Wunde notdürftig verbunden und damit offensichtlich die Blutung gestillt, doch Priya bezweifelte, dass er ohne ärztliche Hilfe lange durchhalten würde.
Ihr anderer Kollege, Eldon, lag links von ihr. Er war bei der Schießerei gleich zu Beginn getötet worden, und seine Leiche lag vergessen inmitten der Papiere, die er durchgesehen hatte. Sein Blut war entlang der flachen Vertiefungen im Betonboden abgeflossen und hatte sich mit dem von Turner vereinigt, nur Zentimeter von Priyas ausgestreckten Füßen entfernt.
Es war ein widerlicher Anblick, aber sie hatte sich schon überlegt, wie sie die Situation zu ihrem Vorteil nutzen könnte.
Die Luft in der Garage war erfüllt von Gewalt und Tod und dem beißenden Gestank nach Verdauungssäften. Irgendjemand hatte sich erbrochen, und es gehörte offenbar nicht zum Aufgabenbereich des Bewachers, die Schweinerei wegzuwischen. Sein einziges Zugeständnis an ihr Wohlbefinden war, dass er Travers‘ Leiche in die Ecke gezerrt hatte.
Anfangs waren viele Fragen gestellt worden, hauptsächlich von Angela Weaver und Terry Fox. Sie wollten wissen,
was hier vorging und wer das Sagen hatte. Wenn Liams Bande keine Bedrohung mehr war, warum konnten die unschuldigen Gefangenen dann nicht freigelassen werden?
Der Bewacher wehrte alle Fragen mit einer Standardantwort ab – »Das kann ich nicht sagen« – und ließ erkennen, dass sein Vorrat an Geduld begrenzt war. Schließlich zog er sich an die Innentür der Garage zurück, weit genug von den Gefangenen entfernt, um ihre drängenden Fragen ignorieren zu können.
Priya unternahm keinen Versuch, mit irgendjemandem zu kommunizieren. Sie wusste, dass es sinnlos war. Der Bewacher würde nicht mit ihr sprechen, und wenn die anderen Gefangenen sie überhaupt ansahen, dann versuchten sie gar nicht erst, ihren Abscheu zu verbergen. Wenn man einem von ihnen eine Waffe in die Hand drückte , dachte sie, würden sie mich ohne Zögern erschießen. Damit hatte sie kein Problem. An ihrer Stelle hätte sie ebenso gehandelt.
Ein Teil von ihr war immer noch so distanziert vom Geschehen, dass sie den Mann bewundern konnte, der diese Operation in Szene gesetzt hatte. Planung und Ausführung bewiesen großes Geschick und Professionalität. Valentins Team – sie selbst eingeschlossen – wirkte dagegen wie ein Haufen plumper Amateure.
Wenn dies Robert Feltons Werk war, dann warf das einige interessante Fragen über Olivers Rolle auf. Priya war überzeugt, dass sie ihn geschickt genug manipuliert hatte, um zu wissen, ob er ihr irgendwelche Informationen vorenthielt. Wenn er irgendetwas von dem geahnt hätte, was ihnen bevorstand, hätte er sich auf die eine oder andere Weise verraten.
Es war also denkbar, dass Oliver nicht vorgewarnt worden
war, auch wenn Felton gewusst haben musste, dass sein Sohn noch auf der Insel war, als er seinen Gegenangriff startete. Hätte sie nur auf Olivers
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