Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
zielte zu kurz, und sie landete im Schlick am Fuß der Slipanlage. Er wandte sich zu seinem Kollegen um, der sich über einen Notizblock auf seinen Knien beugte.
»Hast du das?«, fragte der Fahrer.
»Vom Festland: eine Cadillac-Limousine, zwei männliche Insassen. Von der Insel: ein Mitsubishi Pajero. Ein Mann, eine Frau, zwei kleine Kinder.«
»Das waren die Leute von dem Russen.«
»Ukrainer«, korrigierte ihn sein Beifahrer. »Nasenko stammt aus der Ukraine.«
Der Fahrer zuckte mit den Achseln. »Seh ich aus, als ob mich das interessiert?«
11
Priya wollte die Leiche des Maklers einfach liegenlassen, aber Liam war strikt dagegen.
»Es könnte noch jemand aufkreuzen. Wir können die Haustür nicht aufmachen, solange er da liegt.«
Widerwillig stimmte sie zu und half ihm, ein paar der leichteren Ausrüstungsgegenstände aus dem Transporter zu laden: die Seesäcke mit ihren Kleidern, Masken und Handschuhen. Zum Einpacken der Wertgegenstände hatten sie einige Rollen Luftpolsterfolie, extra starke Müllsäcke und Paketklebeband gekauft, dazu Papierhandtücher und ein starkes Reinigungsmittel, um sämtliche Spuren ihrer Anwesenheit zu tilgen.
An eine Aktion von diesen Dimensionen hatte Liam dabei allerdings nicht gedacht.
Sie zogen Latexhandschuhe an und legten die Leiche auf eine Unterlage aus Müllsäcken, um sie darin einzurollen und mit Klebeband zu umwickeln. Liam sah sich im Erdgeschoss um und fand ein Büro, das sich als Zwischenlager eignete.
Das getrocknete Blut aufzuwischen war ein weit schwierigeres
Unterfangen. Priya hatte in der Garage einen Eimer gefunden, den sie mit Wasser und Reinigungsmittel füllte. Dann nahmen sie jeder einen Stoß Papierhandtücher, knieten sich zu beiden Seiten der Lache auf den Boden und machten sich an die Arbeit.
Schon nach wenigen Minuten mussten sie beide würgen. Der intensive, metallische Geruch des Bluts war allein schon schlimm genug; in Kombination mit dem scharf riechenden Reiniger und dem Gestank nach menschlichen Exkrementen war er kaum auszuhalten. Liam holte zwei Skimasken und reichte Priya eine.
»Versuch‘s mal damit«, sagte er. »Vielleicht hilft‘s ja.«
Priya nickte. Ihre Haltung war unnatürlich gerade, so sehr war sie bemüht, den Kopf so weit wie möglich von der Schweinerei am Boden wegzuhalten. Sie arbeitete mit langsamen, sparsamen Bewegungen, oft mit abgewandtem Blick. Nicht, weil sie sich vor der Arbeit drücken wollte, wie Liam anfangs vermutet hatte; nein, sie war eindeutig unglücklich über irgendetwas.
Liam hielt es keine fünf Minuten unter der Maske aus, dann riss er sie sich vom Kopf und warf sie über die Schulter. Zu heiß.
Kurz darauf tat Priya es ihm gleich. Zum ersten Mal an diesem Tag glänzte Schweiß auf ihrer Haut. Ein paar Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und klebten an ihrer Wange. Den Blick starr auf den Boden gerichtet, begann sie fester zu schrubben, begleitet von wütendem Schnauben. Und da begriff Liam.
Es war nicht etwa so, dass sie sich davor ekelte, Blut wegzuwischen; es war das Putzen an sich.
»Mieser Job, wie?«, sagte er.
Priya wrang ihre Papiertücher über dem Eimer aus. Sie sprach erst, nachdem Liam sich wieder abgewandt hatte.
»Meine Mutter hat ihr Leben lang geputzt. Wahrscheinlich putzt sie heute noch. Rutscht auf den Knien rum und schrubbt Böden. Erniedrigt sich, indem sie für andere schuftet. Ich habe mir geschworen, dass ich das niemals tun würde.«
Der verbitterte Ton ihrer Stimme ließ Liam die ironische Bemerkung hinunterschlucken, die ihm schon auf der Zunge gelegen hatte. Vermutlich hatte ihre Mutter nie das Blut eines Mannes aufwischen müssen, den sie gerade umgebracht hatte.
Und dann, als er sich die Szene noch einmal vorzustellen versuchte, wurde ihm klar, was ihn daran gestört hatte. Die Blutflecken auf ihrer Jeans waren zu weit unten. Das bedeutete, dass der Makler auf dem Boden gelegen haben musste, als sie ihm die Kehle durchgeschnitten hatte.
Und das wiederum warf die Frage auf, wie heftig der Mann sich tatsächlich gewehrt hatte. Oder ob er überhaupt Widerstand geleistet hatte.
Auf dem Festland angekommen folgte Joe der Straße nach Norden, die einige Meilen weit durch Sumpfgebiet führte. Zur Linken konnte er Röhricht erkennen und dahinter das Glitzern des Wassers. Zu seiner Rechten lag eine hügelige Landschaft mit Farn, Stechginster und altem Niederwald. Es gab mehrere Parkplätze mit Picknickbänken, Naturlehrpfaden und Unterständen
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