Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Seitlich am Hals hatte er eine Tätowierung: eine primitiv gestochene Schlange, die aus dem Ausschnitt seines Fußballtrikots hervorlugte.
Joe deutete auf die Evian-Flasche. »Hier gibt‘s leider keine Abfalleimer. Sie müssen Ihren Müll mitnehmen, wenn Sie gehen.«
Der Mann reagierte zunächst verwirrt, dann aggressiv. »Was?«
Joe sprach weiter in freundlichem Tonfall, doch seine Augen blieben kalt. »Ist so was wie ein rotes Tuch für mich, wenn Leute hierherkommen, um die herrliche Natur zu genießen, und dann meinen, sie könnten einfach ihren Müll liegen lassen. Ich hoffe, Sie gehören nicht zu denen.«
Der Mann sah weg und grinste in sich hinein, als fände er irgendetwas ausgesprochen komisch. »Soll das eine Drohung sein?«
»Muss man Ihnen denn erst drohen?«
»Ich mag es nicht, wenn man mir vorschreibt, was ich zu tun habe, das ist alles.« Er starrte Joe an, die Augen zu Schlitzen verengt.
»Dann betrachten Sie es als einen Vorschlag. Oder meinetwegen als höfliche Bitte. Bitte, nehmen Sie Ihren Abfall mit. «
Der Mann schnaubte verächtlich. Es trat eine lange Pause ein – die Art Pause, die manchmal einem Ausbruch von Gewalt vorausgeht. Joe machte sich darauf gefasst, während der Angler seinen Rucksack streichelte wie einen Hund.
Dann lächelte der Fremde plötzlich versöhnlich.
»Klar doch, wird gemacht«, sagte er. »Sie werden gar nicht merken, dass ich hier war.«
Kochend vor unterdrückter Wut beugte Gough sich vor, um die Wasserflasche aufzuheben. Er spürte, wie Joes Blick noch ein paar Sekunden auf ihm ruhte; dann machte
der Leibwächter kehrt und ging mit knirschenden Schritten über den Kies zu dem Jungen zurück. Die beiden schlenderten gemächlich auf die Promenade zu, wobei sie sich halblaut unterhielten.
Joes breiter Rücken gab ein ideales Ziel ab. Gough juckte es in den Fingern, die Waffe zu ziehen und das Arschloch abzuknallen. Und den Kurzen gleich mit. Er steckte die Hand in den Rucksack und fühlte den Griff der Browning, beruhigend fest und massiv. Joe tippte gerade den Code ein, um das Tor zu öffnen. Noch war genug Zeit. Er könnte das ganze Magazin auf die beiden abfeuern und dann zum Motorrad laufen. In null Komma nichts könnte er über alle Berge sein …
Und dann – was?
Er dachte an die SMS: Keine Bedrohung für uns. Entspann dich .
»Ja, klar.« Er ließ die Angelrute fallen, schnappte sich das Handy und rief an. Joe und der Junge waren inzwischen durch das Tor getreten und würden jeden Moment aus seinem Blickfeld verschwinden.
»Sie sind weg, aber der Leibwächter hat Verdacht geschöpft. «
»Wieso? Was ist passiert?«
»Nichts.« Gough wusste, dass er sich anhörte, als müsse er sich rechtfertigen. »Ich denke einfach nur, dass ich mich aus dem Staub machen sollte. Von hier kann ich sowieso absolut gar nichts sehen.«
Eine nachdenkliche Pause. Und dann: »Na gut. Wir kommen sowieso bald selber nach.«
4
Joe und Jaden hatten das Haus fast erreicht, als sie das ferne Dröhnen eines Motorrads hörten. Es überraschte Joe, dass er den Angler möglicherweise vertrieben hatte, aber es tat ihm nicht übermäßig leid.
Er beschloss, später noch einmal zum Strand hinunterzugehen, um nachzusehen, ob der Mann sein Versprechen gehalten hatte; vielleicht könnte er bei der Gelegenheit noch eine Runde schwimmen. Am Abend hatte er einen Sondereinsatz – er musste mit Cassie und den Kindern nach Brighton fahren –, aber die paar Stunden dazwischen gehörten ihm.
Erst als er Jaden wieder bei seiner Mutter abgeliefert hatte, merkte Joe, wie rastlos er war. Die Szene mit dem Angler hatte seinen Adrenalinspiegel steigen lassen. Er hatte eine Menge überschüssige Energie zu verbrennen, und er wusste genau, wie er es anstellen würde.
Das Grundstück, auf dem Valentin Nasenkos Haus stand, war gut zweieinhalbtausend Quadratmeter groß. Der vordere Teil war dreißig Meter breit und rund fünfundzwanzig Meter tief, umschlossen von einer verputzten Backsteinmauer. Diese Fläche bestand größtenteils aus einer gepflasterten Auffahrt, eingefasst mit Ziersträuchern. Vor einem Monat hatte Valentin beschlossen, dass das Grünzeug keinen nützlichen Zweck erfüllte, weshalb die gesamte Fläche zugepflastert werden sollte.
Joe fand das jammerschade, vor allem, weil dazu die ganzen Sträucher und Bäume, die erst vor zwei Jahren für viel Geld gepflanzt worden waren, wieder herausgerissen werden mussten. Aber anstatt noch einmal die Landschaftsgärtner kommen zu
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