Owen Meany
auf die Einladung zur
Georgian Bay; hoffentlich kommt sie bald. Die New York Times scheint die ganze Iran-Contra-Affäre allein auf die Frage reduziert zu haben,
ob Präsident Reagan davon »gewußt« hat, daß der Erlös aus heimlichen
Waffenverkäufen an den Iran zur Unterstützung der Contras umgeleitet wurde.
Großer Gott! Reicht es nicht bereits, wenn man weiß, daß der Präsident die
Absicht hatte, die Contras weiter zu unterstützen, nachdem ihm der Kongreß
gesagt hat, es sei genug ?
Mir wird übel, wenn ich höre, welche Vorhaltungen Oliver North
gemacht werden. Wozu machen sie ihm denn
Vorhaltungen? Colonel North will die Contras unterstützen – »aus Liebe zu Gott
und zum Vaterland«; er hat bereits erklärt, er würde alles tun, was sein Oberbefehlshaber
von ihm verlangt. Und nun dürfen wir all den Senatoren und Abgeordneten
zuhören, die sich wieder zur Wahl stellen; die erzählen dem Colonel jetzt all
das über die amerikanische Verfassung, was er nicht weiß; sie weisen ihn darauf
hin, daß Patriot sein nicht notwendigerweise bedeutet, den Plänen eines
Präsidenten in blinder Ergebenheit zu dienen – und daß es nicht unbedingt
antiamerikanisch sein muß, die Politik eines Präsidenten in Frage zu stellen.
Sie könnten anfügen, daß sie uns noch immer nicht den Beweis erbracht haben,
daß Gott ein Konservativer ist! Warum belehren sie Oliver North über diese
offensichtlichen Dinge? [533] Warum haben sie
nicht den Mumm, dies alles ihrem glorreichen Oberbefehlshaber zu sagen?
Falls Hester diesem ganzen Geschehen auch nur die geringste
Beachtung geschenkt hat, dann hat sie sich sicher übergeben; ich halte jede
Wette, daß sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt hat. Sie hat sich bestimmt
an die wenig ansprechenden Autoaufkleber aus der Zeit des Vietnamkriegs erinnert – die tollen US -Fahnen und die weißen, roten und
blauen Buchstaben, die den Namen unseres geliebten Landes ergaben. Ich wette,
auch Colonel North kann sich daran erinnern.
America!
stand auf den
Aufklebern.
Love It or
Leave it!
Liebe dein Land oder verlaß es, das war deutlich, nicht wahr?
Wer von uns erinnert sich noch daran ?
Und jetzt müssen wir uns einen Vortrag in Staatsbürgerkunde anhören – gewählte Würdenträger des Landes belehren einen Lieutenant Colonel im Marine
Corps darüber, daß Vaterlandsliebe und Gottesfürchtigkeit (und Haß gegen den
Kommunismus) in einer Demokratie durchaus von verschiedenen Standpunkten aus
gesehen werden können. Der Colonel weist keine Zeichen einer Bekehrung auf;
warum verschwenden diese Stützen der Selbstgerechtigkeit ihre Energie an ihn ? Ich glaube auch nicht, daß Präsident Reagan zu einem
wahren Demokraten bekehrt werden könnte.
Ich weiß noch, was meine Großmutter immer gesagt hat, wenn sie etwas
las, das einfach nur eine Anhäufung von Schwachsinn war.
Owen übernahm diesen Satz von ihr; und er benutzte ihn mit [534] absoluter Treffsicherheit, in unserem letzten
Jahr an der Gravesend Academy. Immer wenn jemand nichts als Schwachsinn von sich gab, sagte Owen Meany: » WAS DU DA EBEN
GESAGT HAST, WEISST DU, WAS DAS IST? DAS IST WAS FÜRS FERNSEHEN – JAWOHL !«
Und genau das hätte Owen auch zu den Iran-Contra-Anhörungen gesagt – in bezug
auf die Frage, was Präsident Reagan »gewußt« hat oder nicht.
»DAS IST WAS FÜRS FERNSEHEN«, hätte er
gesagt.
So äußerte er sich auch über seine Sitzungen mit Dr. Dolder; er
mußte zweimal die Woche zu ihm gehen, und als ich ihn bat, mir seine
Unterhaltungen mit dem Schweizer Idioten zu beschreiben, meinte Owen: » DAS IST WAS FÜRS FERNSEHEN .« Viel mehr erzählte er mir
nicht von seinen Sitzungen, doch einige der Fragen von Dr. Dolder gab er mir
genüßlich zum Besten.
»JA SO! DU FÜHLSCHT DICH ALSO ZU ÄLTEREN FRAUEN
HINGEZOGEN – WARUM DIESES?«
Ich fragte mich, ob Owen ihm darauf geantwortet hatte, daß er sich
schon immer zu meiner Mutter hingezogen gefühlt hatte – vielleicht war er sogar
in sie verliebt gewesen. Das hätte Dr. Dolder sicherlich in Aufruhr versetzt.
»JA SO! DIE FRAU, DIE DU MIT DEM BASEBALL GETÖTET
HASCHT – SIE WAR ALSO DER GRUND DAFÜR, DASS DU DEN MÜTTERN ANDERER LEUTE
AVANCEN MACHSCHT, ODER?«
»Komm schon«, sagte ich, »so blöd kann er
doch gar nicht sein!«
»SO! AUF WELCHE LEHRERSFRAU HASCHT DU DENN EIN AUGE
GEWORFEN?«
»Komm schon«, sagte ich, »jetzt mal im Ernst, was für Sachen fragt
er dich?«
»JA SO! DU GLAUBSCHT AN GOTT – DAS ISCHT HOOCH
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