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Owen Meany

Owen Meany

Titel: Owen Meany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Meany seinen Untergang
besiegeln würde. Wie frustriert und machtlos Randy White bei unserer
Abschlußfeier dastand, als er drohte, er würde uns unsere Zeugnisse nicht
aushändigen, wenn wir mit dem Lärm nicht aufhörten; da muß er gewußt haben, daß
er verloren hatte… denn Dan Needham und Mr.   Early und ein gutes Drittel oder
fast die Hälfte der Lehrer stand auf, um unserer lautstarken Ovation für Owen
Meany zu applaudieren; und etliche in Kenntnis gesetzte Mitglieder des
Schulverwaltungsrates taten ein übriges, ganz zu schweigen von all den Eltern,
die bitterböse Briefe an den Direktor geschrieben hatten wegen der alles andere
als liberalen Methode, unsere Brieftaschen zu konfiszieren. Ich wünschte, Owen
wäre dabeigewesen und hätte unseren [568]  Schulleiter
an jenem Tag sehen können; aber Owen war natürlich nicht dabei – er war ja von der
Schule verwiesen worden.
    Und er war auch nicht bei der Morgenversammlung an jenem Tag im
Februar dabei, kurz vor den Ferien; doch die Vertreterin, die er auf der Bühne
zurückgelassen hatte, war durchaus in der Lage, unsere Aufmerksamkeit auf sich
zu ziehen. Die Aula war brechend voll – so viele Lehrer waren zu dieser
Versammlung erschienen. Und Maria Magdalena stand da und begrüßte uns: sie war
armlos und schien doch die Hände nach uns auszustrecken; sie war kopflos und
doch sehr vielsagend – mit ihrem sauber abgeschnittenen Hals, der nur bis zum
Kehlkopf reichte und auf diese Weise sehr dramatisch zum Ausdruck brachte, daß
sie uns eine Menge zu sagen hatte. Wir saßen schweigend in der Aula und
warteten auf den Direktor.
    Was für ein schrecklicher Mensch Randy White war! Es gibt eine
Tradition an »guten« Schulen: Wenn man einen Abschlußkandidaten hinauswirft – nur wenige Monate, ehe er das Zeugnis in der Tasche gehabt hätte – dann legt
man ihm bei seinen Aufnahmegesuchen fürs College möglichst wenig Steine in den
Weg. Natürlich teilt man den Colleges das mit, was sie wissen müssen; aber man
hat schon genug angerichtet – der Schüler wurde rausgeschmissen, und dann
braucht man ihm nicht auch noch den Weg zum Studium zu verbauen! Doch nicht so
Randy White: Der Schulleiter tat sein Möglichstes, Owens Karriere an der
Universität zu beenden, noch ehe sie begonnen hatte!
    Owen wurde in Harvard angenommen; er wurde in Yale angenommen – und
von beiden bekam er das Angebot für ein volles Stipendium. Doch zusätzlich zu Owens
Akte, in der vermerkt war, daß er von der Gravesend Academy verwiesen worden
war, weil er gefälschte Wehrpässe hergestellt und diese an andere Schüler
verkauft hatte… zusätzlich dazu sagte Direktor White Harvard und Yale ( und der University of New Hampshire) noch mehr. Er teilte
ihnen mit, Owen sei »auf so aufrührerische Weise [569]  antireligiös«,
daß er »eine Heiligenstatue einer römisch-katholischen Schule entweiht« habe;
daß er eine »zutiefst antikatholische Kampagne« auf dem Schulgelände der
Gravesend Academy gestartet habe mit der Forderung, das Fischgericht als
einziges Menü an Freitagen abzuschaffen, und daß »überdies der Vorwurf des
Antisemitismus gegen ihn erhoben worden war«.
    Die University of New Hampshire zog daraufhin ihr Angebot eines
Begabtenstipendiums zurück; ein Student von Owen Meanys schulischen Leistungen
sei willkommen an der Universität, doch »im Lichte dieser erschütternden und
schwerwiegenden Informationen« könne man ihm kein Stipendium gewähren; wenn er
an der University of New Hampshire studieren wolle, so müsse er das auf eigene
Kosten tun.
    Harvard und Yale waren nachsichtiger, doch sie waren gleichzeitig
auch komplizierter. Yale wollte ein zweites Vorstellungsgespräch haben; sie
erkannten schnell, was es mit der »Beschuldigung des Antisemitismus« auf sich
hatte – daß es eine Lüge war – doch Owen legte seine Gefühle für
(beziehungsweise gegen) die katholische Kirche zu offen dar. Yale wollte die
Aufnahme um ein Jahr hinausschieben. In dieser Zeit, so schlug man ihm vor,
solle er »einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen«; und sein Arbeitgeber solle
Yale in gewissen Abständen über Owens »Charakter und Engagement« Bericht
erstatten. Dan Needham sagte Owen, dieser Vorschlag sei ganz vernünftig, fair
und nicht unüblich – für eine so gute Universität wie Yale. Owen widersprach
Dan nicht; nur weigerte er sich rundweg, diese Forderung zu erfüllen.
    »ALS WÄRE ICH AUF BEWÄHRUNG«, kommentierte
er.
    Harvard war gleichfalls vernünftig

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