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Owen Meany

Owen Meany

Titel: Owen Meany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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daran, mit wem sie befreundet war!« Mr.   McSwiney zeigte
bedeutend mehr Interesse an Owen Meany – daran, warum seine Stimme nicht normal
geworden war. »Er sollte zum Arzt gehen – es gibt doch wirklich keinen Grund
dafür, daß jemand mit so einer Stimme herumläuft«, meinte Graham McSwiney.
    Aber es gab natürlich einen Grund. Doch als ich erfuhr, worin er
bestand, rief ich Mr.   McSwiney nicht an, um es ihm zu erzählen: ich bezweifle,
daß diese Erklärung für ihn wissenschaftlich genug gewesen wäre. Ich versuchte,
es Hester zu erzählen, aber die meinte, sie wolle es nicht wissen. »Ich würde
dir glauben, was du mir erzählst«, sagte Hester, »also erspare mir bitte die
Einzelheiten.«
    Von der Absicht hinter Owen Meanys Stimme
und hinter allem, was mit ihm passierte, erzählte ich nur Dan und Rev. Lewis
Merrill. »Ich halte das schon für möglich«, meinte Dan. »Ich glaube, es sind
schon seltsamere Dinge geschehen – wenn mir auch jetzt auf die Schnelle kein Beispiel
einfällt. Wichtig ist, daß du es glaubst, und ich
würde nie dein Recht in Frage stellen, zu glauben, was du glauben willst.«
    »Aber glaubst du es?« fragte ich ihn.
    »Ich glaube dir «, entgegnete Dan.
    »Wie können Sie es nicht glauben?« fragte
ich Pastor Merrill. »Gerade Sie«, fuhr ich fort. »Ein Mann des Glaubens – wie
können Sie es nicht glauben?«
    »Das zu glauben«, erwiderte Rev. Lewis Merrill, »alles, was
geschehen ist, zu glauben… dazu braucht man einen stärkeren Glauben, als ich
ihn habe.«
    »Aber gerade Sie!« beharrte ich. »Sehen Sie mich an – ich bin nie
gläubig gewesen, nicht, bis das geschehen ist. Wenn ich es glauben [723]  kann, warum nicht auch Sie?«
fragte ich Mr.   Merrill. Er begann zu stottern.
    »Für dich ist es einfacher, es zu
a-a-akzeptieren. Für dich ist Glauben nicht etwas, was du in dir gespürt hast
und dann wieder nicht; du hast nicht mit dem Glauben ge-ge-gelebt, und mit dem Un glauben. F-F-Für dich ist es einfacher«, wiederholte Rev.
Mr.   Merrill. »Du bist nie von Glauben und zugleich von Zweifel erf-f-füllt gewesen. Dir kommt einfach etwas wie ein W-W-Wunder
vor, und du glaubst es. Für mich ist das nicht s-s-so einfach«, sagte Pastor
Merrill.
    »Aber es ist ein Wunder!« rief ich aus.
»Er hat Ihnen seinen Traum erzählt – ich weiß, daß er es getan hat! Und Sie
sind dabei gewesen, als er seinen Namen sah und sein
Todesdatum, auf Scrooges Grabstein. Sie waren doch dabei!« rief ich. »Wie
können Sie daran zweifeln, daß er es gewußt hat?«
fragte ich Mr.   Merrill. »Er hat es gewußt, er hat alles gewußt! Wie wollen Sie das nennen, wenn nicht ein
Wunder?«
    »Du bist zum Z-Z-Zeugen von etwas geworden, das du ein W-W-Wunder
nennst, und jetzt glaubst du – jetzt glaubst du alles«, erwiderte Pastor
Merrill. »Aber Wunder rufen nicht Glauben hervor – wirkliche W-W-Wunder
schaffen nicht aus dem Nichts Glauben; man muß bereits
Glauben besitzen, um an wirkliche Wunder glauben zu können. Ich glaube,
daß Owen mit außerordentlichen Gaben ausgestattet war – ja, und daß er über
eine beeindruckende Selbstsicherheit verfügte. Ohne Zweifel hat er auch unter
äußerst beunruhigenden Visionen gelitten – und er war sicher ein
gefühlsbetonter Mensch, er war sehr gefühlsbetont. Aber was das angeht, was er
zu ›wissen‹ schien – es gibt andere Beispiele für die Fähigkeit, etwas vorherzusehen;
man m-m-muß das nicht gleich Gott zuschreiben. Sieh
dich an – du hast nie an G-G-Gott geglaubt; das hast du selbst gesagt, und
jetzt schreibst du alles, was Owen M-M-Meany
geschehen ist, dem Wirken von Gottes Hand zu!«
    [724]  In diesem August weckte mich
in unserem Haus in der Front Street ein Hund auf. Ich schlief gerade tief und
fest, als ich ihn hörte, und dachte, es wäre Sagamore; dann dachte ich, es wäre
mein Hund – ich hatte immer einen Hund gehabt, in Toronto – und erst als ich
hellwach und bei mir in der Gegenwart war, wurde mir klar, daß sowohl Sagamore
als auch mein Hund nicht mehr lebten. Es war nett gewesen, mit einem Hund durch
den Churchill-Park zu spazieren; vielleicht sollte ich mir wieder einen
zulegen.
    Draußen auf der Front Street bellte der fremde Hund ununterbrochen
weiter. Ich stieg aus dem Bett; ich nahm den vertrauten Weg durch den dunklen
Flur zum Zimmer meiner Mutter – wo es immer heller ist, wo die Vorhänge nie
zugezogen sind. Dan schläft im früheren Schlafzimmer meiner Großmutter – dem
größten Schlafzimmer im

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