P. S. Ich töte dich
das Feuer geht es gar nicht. Das ist nur Dekoration, Carol.«
Carol trommelte mit ihrem Kugelschreiber auf den Aktenstapel, der sich auf ihrem Schreibtisch türmte. Manchmal war es schwer, bei Tony nicht an übernatürliche Kräfte zu glauben. Er sagte, es müsse mindestens ein weiteres Opfer geben, und es sah ganz so aus, als würde er recht behalten. Nachdem Carols Computerspezialistin einige Tage lang die Datenbanken anhand neuer Parameter durchsucht hatte, stieß sie schließlich auf einen zweiten Fall, der dasselbe Schema aufwies.
Die Leiche von Tina Chapman, einer 37 Jahre alten Lehrerin aus Leeds, wurde einige Tage vor dem Mord an Jonathan Meadows aus dem Leeds-Liverpool-Kanal gezogen. Bei einer routinemäßigen Reinigung des Kanalbetts hatte sich der Bagger verhakt, und als man genauer nachforschte, stieß man auf den grausigen Fund. Ihre Hände und Füße waren mit Draht gefesselt, und ihren Mund hatte man mit Klebeband verschlossen. Dann wurde sie auf einem Holzstuhl festgebunden, der mit einem Zementblock beschwert war, und in den Kanal geworfen. Sie lebte noch, als sie ins Wasser eintauchte. Todesursache: Ertrinken.
Die alleinerziehende Mutter war von ihrem 13-jährigen Sohn als vermisst gemeldet worden. Ihre Kollegen bestätigten, dass sie zur gewohnten Zeit die Schule verlassen hatte. Ihr Sohn erinnerte sich, dass sie auf dem Heimweg noch im Supermarkt einkaufen wollte, aber weder ihre Kredit- noch ihre Kundenkarte waren benutzt worden.
Carol hatte mit dem Leiter des Ermittlungsteams gesprochen. Er musste zugeben, dass sie nur mühsam vorankamen. »Wir haben lediglich einige Tage später ihr Auto gefunden. Es stand auf dem Parkplatz eines Hotels, ungefähr eine halbe Meile vom Supermarkt entfernt, in dem sie laut Aussage ihres Sohnes einkaufen wollte. Der Wagen war am äußersten Ende abgestellt, in einer dunklen Ecke, die leider nicht mehr im Bereich der Überwachungskameras liegt. Ich habe keinen blassen Schimmer, was sie da wollte. Und bis jetzt gibt es auch keine brauchbaren Ergebnisse von der Spurensicherung.«
»Irgendeinen Verdacht?«
Sein müdes Seufzen erinnerte Carol an eigene Fälle, mit denen sie sich im Laufe der Jahre abgemüht hatte. »Um ehrlich zu sein, es sieht nicht gut aus. Sie hatte einen Freund, aber sie haben sich vor etwa sechs Monaten getrennt, anscheinend in gutem Einvernehmen. Einen anderen oder eine andere gab es nicht, ihre Beziehung hatte sich wohl einfach überlebt. Der Freund nimmt den Jungen nach wir vor zum Rugby mit. Nicht der Hauch eines Motivs.«
»Und das ist alles?« Carol war fast schon so frustriert wie ihr Kollege. »Was ist mit dem Vater des Jungen?«
»Nun ja, er ist nicht gerade das, was man einen verantwortungsvollen Vater nennen würde. Er hat sich aus dem Staub gemacht, als der Junge ein paar Monate alt war.«
Carol war noch nicht bereit, den Strohhalm fahren zu lassen, an den sie sich klammerte. »Vielleicht hatte er plötzlich Lust, seinen Sohn zu sehen?«
»Wohl kaum. Er starb bei der Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004. Damit sind wir wieder am Nullpunkt angelangt, und ich habe nicht die geringste Idee, wo wir ansetzen könnten.«
Carol wollte noch nicht so einfach aufgeben. »Was ist mit ihren Kollegen? Gab es irgendwelche Probleme an der Schule?«
Fast konnte sie sein Schulterzucken hören. »Wenn ja, dann ist keiner damit rausgerückt. Niemand hat etwas Schlechtes über Tina gesagt, und ich glaube nicht, dass sie über Tote generell nur Gutes sagen. Sie hat über vier Jahre an dieser Schule gearbeitet, und in der ganzen Zeit gab es anscheinend keinen Zoff mit Kollegen, anderen Angestellten oder Eltern. Ich bin nicht Ihrer Ansicht, dass dieser Fall irgendetwas mit Ihrer Leiche zu tun haben könnte, aber eines verspreche ich Ihnen: Sollten Sie mir irgendeinen Hinweis liefern, der einen Zusammenhang wahrscheinlich macht, spendiere ich Ihnen einen extragroßen Drink.«
Zusammenhänge finden, Dinge verstehen – genau dafür wurde Tony von der Bradfield Police bezahlt. Manchmal war es einfach, doch dieser Fall zählte nicht dazu. Carol hatte die Akten über Jonathan Meadows und Tina Chapman im Bradfield Moor Secure Hospital abgegeben. In dieser abgelegenen Klinik verbrachte Tony Hill seine Zeit mit kriminellen Geisteskranken, einer Kundschaft, deren persönliche Veranlagungen ihm manchmal gar nicht so verschieden von denen der »normalen« Bevölkerung erschienen.
Zwei Opfer, keine Gemeinsamkeiten. Es gab keinen Hinweis, dass
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