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P. S. Ich töte dich

Titel: P. S. Ich töte dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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viele Männer, die innerlich schwach sind, und eine Frau wie Alison zieht unwillkürlich deren Aufmerksamkeit auf sich. Sie müssen sie unbedingt besitzen – um etwas zu kompensieren, das ihnen fehlt. Durch Alisons freundliche, offene Art fühlen sich diese Männer noch ermuntert und glauben, dass es ihnen leicht gelingen wird. Wenn es dann nicht klappt, wächst die Leere in ihnen weiter, und sie geben Alison die Schuld dafür. Deshalb verwendete ich alle meine Wünsche für Alison.
    Ich staunte immer wieder, welchen Enthusiasmus sie nach wie vor ausstrahlte, welchen Lebenshunger sie entwickelte, und ich liebte sie dafür, genauso wie für viele andere Dinge. Ich verbrauchte Wunsch um Wunsch, damit sie ein glückliches und sicheres Leben führen konnte. Es kostete viele Wimpern im Laufe der Jahre, und auch die ein oder andere Sternschnuppe. Ein einzelner Nieser: einer für einen Wunsch, zwei für einen Kuss. Selbst Momente voller Glück verlangten Aufmerksamkeit. Ich nutzte sie als Sprungbrett für Wünsche. Und einige Zeit schien es so – trotz der nachfolgenden Vorfälle –, als ob diese Wünsche ausreichend wären.
    Vielleicht
wären
sie es gewesen.
    Vielleicht – wenn nicht eines Tages dieser Mann aufgetaucht wäre. Wenn er Alison nicht bemerkt und, wie all die anderen Männer, in ihr etwas gesehen hätte, das seine Begierde weckte.
    ◊
    Ich puste die nächste Wimper durch das offene Fenster nach draußen. Auf der anderen Straßenseite brennt Licht im oberen Stockwerk seines Hauses. Ein helles, pfirsichfarbenes Quadrat. Er muss es angelassen haben, ehe er sich
hierher aufgemacht hat
. Die Wimper ist weg, von meinem Finger gerutscht, verloren im fallenden Schnee, und mein Wunsch geht mit ihr auf die Reise.
    Ich wünsche, du wärst nie geboren worden, du Stück Scheiße.
    Ich starre einen Moment hinaus.
    Es ist okay, solche Wünsche zu äußern, denn du kannst die Vergangenheit nicht ändern. Die Fakten bleiben bestehen, immer. Er wurde geboren, ob es mir gefällt oder nicht. Er kam in dieses Haus. Er sah eines Tages Alison und – aus welchen Gründen auch immer – fing an, sich für sie zu interessieren. Es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte. Diese Dinge sind unabänderlich.
    Ich habe also einen Wunsch vergeudet.
    Was soll’s!
    »Ich sollte wohl besser das Fenster schließen?«
    Der Klang meiner Stimme lässt mich zusammenfahren, ein Schock für mich und den ganzen Raum. Alison nimmt mich nicht wahr. Ich warte, bis es wieder still ist, dann schließe ich das Fenster und ziehe auch die Vorhänge zu: Das Haus gegenüber ist nicht mehr zu sehen.
    Ich gehe zurück zum Sofa, steige vorsichtig über das Blut auf dem Boden. Sein Blut. Als ich hereinkam, habe ich die beiden überrascht. Sie waren miteinander im Bett gewesen. Er kam als Erster herunter, dann Alison, als sie den Lärm hörte. Aber da war es schon zu spät.
    »John«, sagt sie.
    Das ist nicht mein Name. Alison blickt auf den Körper des Mannes, hingestreckt auf dem Boden, und in ihrer Stimme schwingt Resignation, so als ob sie bereits tot sei. Ihre rotgeweinten Augen sind voller Tränen. Tränen für ihn.
    »Alles kommt wieder in Ordnung«, sage ich zu ihr. »Alles wird okay.«
    Hoffnung gibt es immer.
    Ich hebe die Pinzette vom Sofa auf und setze mich neben Alison. Wenigstens für heute Nacht benötigen wir alle Wünsche, die wir kriegen können, und mir gingen vor einer Stunde die Wimpern aus. Im Zimmer ist kein Laut zu hören, als ich mich vorsichtig aufs Sofa setze, eine Wimper auf meiner Fingerspitze plaziere und sie an meine Lippen setze.
    Doch was soll ich mir wünschen?
    Ich wünsche mir, du hättest mich nie verlassen, Alison.
    Du kannst die Vergangenheit nicht ändern. Du kannst dir nur etwas wünschen, das vielleicht geschehen könnte, oder? Nicht etwas, das vor langer Zeit geschehen ist. So puste ich vorsichtig auf meine Fingerspitze, schließe meine Augen und wünsche mir etwas anderes. Und ich kann dir nicht verraten, was es ist, denn sonst wird es nicht in Erfüllung gehen …
    Aus dem Englischen von Helene Weinold

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