P S: Verzeih mir!: Roman (German Edition)
suchen«, sagte Alex freundlich.
»Ich verstehe nicht?« Jetzt sah sie sehr erschöpft aus, und Leonies Herz wurde weit. »Sie schienen neulich am Telefon ziemlich sicher zu sein, was hat sich also geändert? Ich bin Helena Abbott, oder zumindest war ich es einmal.« Sie lächelte Leonie an. »Es fühlt sich an wie gestern, doch heutzutage vergeht die Zeit so schnell.«
Leonie erwiderte das Lächeln automatisch.
»Und sind das meine Briefe?« Sie zeigte auf die Kiste. »Armer alter Nathan Reed, ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, warum er mir schreibt. Das ist alles so lange her, wir waren fast noch Kinder …«, sagte sie wehmütig.
So lange her? Leonie sah sie verblüfft an. Gab es eine Möglichkeit, dass sie alles falsch verstanden hatten, dass sie nur angenommen hatten …
»Helena«, begann Alex, und an ihrem Ton erkannte Leonie, dass sie in dieselbe Richtung dachte, »wann haben Sie das letzte Mal von Nathan gehört?«
»Nun, lassen Sie mich mal überlegen …« Sie blickte nachdenklich drein. »Ich würde meinen, es war um die Zeit des Be-In.«
Leonie hatte keine Ahnung. »Be-In?«
»Sie meinen das menschliche Be-In, der berühmte Antikriegsprotest im Golden Gate Park?«, fragte Alex nach.
»Ja«, bestätigte Helena, während Leonie versuchte, ihren Kiefer wieder vom Boden aufzuheben. »Wenn ich zurückdenke, ja, das müsste ’67 gewesen sein.«
»1967?«, wiederholte sie fassungslos.
»Ja«, antwortete die etwa sechzigjährige Helena Abbott unschuldig. »Warum fragen Sie?«
Die drei Frauen fanden einen Tisch in der Nähe, wo sie beim Kaffee reden konnten – sehr zu Leonies Erleichterung, da sie nicht glaubte, dass ihre Beine sie noch viel länger tragen könnten.
Wenn man bedachte, dass sie die ganze Zeit angenommen hatten, dass Nathan und Helena jünger waren und dass die Beziehung erst kürzlich gewesen war. Aber warum hätten sie etwas anderes annehmen sollen, erweckten doch Nathans Briefe diesen Eindruck?
»Das ist alles sehr seltsam«, sagte Helena und starrte auf die Kiste mit den Briefen, die Leonie auf ihrem Schoß hatte. Sie wollte sich immer noch nicht von ihnen trennen, bis sie und Alex absolut sicher waren, dass sie die richtige Frau hatten.
»Ja, das ist es«, nahm Alex den Faden auf. »Helena, wie ich Ihnen schon am Telefon erklärt habe, mussten wir alle Briefe öffnen, um zu sehen, ob wir eine Information über einen von Ihnen beiden finden konnten.«
»Was steht darin? Ich begreife nicht, warum Nathan Reed mir nach all den Jahren schreiben sollte. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich freue mich sehr, aber … Was steht darin?«, fragte sie wieder.
Leonie sah zu Alex. Sie wollte, dass sie noch mehr fragte. Sie konnte sich nicht vorstellen, die Briefe auszuhändigen und nicht die Geschichte und den Hintergrund dazu herauszufinden. Dafür steckte sie zu tief drin.
»Sie haben erwähnt, sein Familienname sei Reed?«, sagte Alex. »Es ist nur so, dass er diese Information nirgends in den Briefen angibt. Er hat nie irgendwelche Kontaktinformationen erwähnt, was einer der Gründe war, warum wir den Aufruf gestartet haben.«
»Einer der Gründe?«
»Ja.« Sie zeigte auf die Kiste. »Helena, diese Briefe gehören Ihnen, und ich bin sicher, Sie möchten sie zu gegebener Zeit in Ruhe lesen. Manche von ihnen sind eindeutig sehr persönlich, und ich möchte mich noch mal entschuldigen, dass wir Ihre Privatsphäre verletzt haben, indem wir sie gelesen haben. Aber wir hatten das Gefühl, es sei nötig, um einen von Ihnen zu finden, weil …« Sie machte eine kleine Pause. »Nun ja, Sie werden es selbst in den Briefen sehen, aber …«
»Aber was?«
»Darauf kommen wir noch«, sagte Alex schnell, und Leonie spürte, dass sie die Frau nicht aufregen wollte, indem sie sie mit irgendeinem unbegründeten Verdacht überfielen. »Aber zunächst habe ich den Eindruck, dass Sie beide lange nicht mehr in Kontakt waren, oder?«
»Nein, ich habe nichts mehr von ihm gehört seit … nun, seit er wegging.«
Wegging?, wiederholte Leonie bei sich. War es möglich, dass Helena wusste, dass Nathan im Gefängnis war? Wenn ja, musste er etwas wirklich Schreckliches getan haben, wenn er so lange dort war. Mit welchen Leuten hatten sie es hier zu tun?
Alex redete weiter. »Und haben Sie eine Ahnung, wo er jetzt ist und warum er Ihnen schreiben könnte?«
»Ich habe keine Ahnung. Um ehrlich zu sein, war ich mir echt nicht sicher, ob er noch am Leben ist oder …« Sie blickte traurig
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