P S: Verzeih mir!: Roman (German Edition)
vorzustellen.
»Was meinen Sie mit ›er hat es eigentlich selbst nie verstanden‹?«
»Nun, er war keiner von uns, aber ich glaube, er respektierte trotzdem das, was wir zu erreichen suchten. Das Problem war, dass er sich als das völlige Gegenteil zu mir fühlte. Er glaubte wahrhaft, dass der Krieg am Ende etwas Gutes für uns alle wäre, hatte das Gefühl, dass wir Stellung beziehen mussten – gegen den Kommunismus«, ergänzte sie für Leonie, da sie zu Recht erriet, dass diese nicht schrecklich viel Ahnung von der damaligen Zeit hatte. »Wie ich sagte, seine Familie bestand aus Militärs, tut es noch immer.« Sie blickte zur Seite. »Es ist sehr schwer zu erklären, wie wir damals empfanden. Wir waren beide so eigenwillig und so sicher in unseren Überzeugungen … Heutzutage findet man das nicht mehr so häufig. Ganz zu schweigen davon, dass wir jung, närrisch und die meiste Zeit voller Todesangst waren.«
Leonie versuchte weiterhin solche Überzeugung zu verstehen. Sie wusste, dass damals viele soziale Bewegungen sehr mächtige Kräfte der Veränderungen gewesen waren, doch es war trotzdem immer noch unglaublich schwer zu begreifen. Wie konnte ein Paar, das sich so sehr zu lieben schien, allein durch Ideologie getrennt werden?
»Was ist denn passiert?«, fragte sie.
Helena wirkte bei der Erinnerung von Schmerz erfüllt. »Ich habe alles versucht, was ich konnte, um es ihm auszureden, ihn von meiner Denkweise zu überzeugen. Aber ich konnte es nicht. Ich fand das mit seiner Bewerbung erst heraus, als er zugab, dass er einberufen worden war. Er war ein intelligenter, gebildeter Mann, dem die Welt zu Füßen lag und der eine große Zukunft vor sich hatte. Ich flehte ihn an, nicht zu gehen, hier in San Francisco bei mir zu bleiben, bei uns, doch es hatte keinen Sinn. Er musste gehen, hatte das Gefühl, er lasse sein Land im Stich, wenn er es nicht täte. ›Ich bin kein Drückeberger‹, sagte er, während natürlich die meisten meiner männlichen Freunde ihre Einberufungsbefehle öffentlich verbrannten.«
»Sie haben gesagt, dass Nathan sich bewarb, aber was war mit Ihrem Mann?«, fragte Alex. »Wäre er nicht eingezogen worden?«
Helena lächelte und war sich der Ironie traurig bewusst. »Eddie war wie die meisten von uns Collegestudent und deshalb befreit. Wie gesagt, wir waren alle so idealistisch, hielten uns alle für so tapfer und mutig, obwohl wir doch in Wahrheit keine Ahnung hatten. Ich brauchte sehr lange, bis mir klarwurde, dass Jungs wie Nathan tatsächlich die tapferen waren.«
»Bitte versuche nur zu verstehen, dass ich, egal, wo ich bin oder was ich tue, immer an Dich denke.«
»Also haben Sie zwei sich getrennt, als er fortging«, schloss Leonie, die erriet, dass dies wohl das wahrscheinlichste Szenario war. Doch wenn man die Briefe in Betracht zog, hatte die Trennung schwer auf Nathan gelastet.
»Und das Schlimmste von allem ist, dass Du recht hattest. Das hier ist ein verrückter Ort, eine verrückte Situation, und ich sollte wirklich nicht hier sein – keiner sollte hier sein.«
»Kurz davor. Sobald ich wusste, was er war und wofür er stand – und ich meine dies als Widerspiegelung meines Geisteszustands damals, nicht heute –, konnte ich einfach nicht mehr in seiner Nähe sein. Natürlich liebte ich ihn, aber ich konnte das, was er tat, nicht gutheißen, ich wollte es nicht gutheißen. Ich nehme an, dieser Gedanke gefiel mir auch, dieser ganze Gedanke an eine quälende Liebesgeschichte«, fügte sie mit einem zurückhaltenden Lächeln hinzu. »Wie ich sagte, damals war ich ein sehr dummes Mädchen. Er hat sich so bemüht, mich zu überzeugen, hat gesagt, er würde nur einen Einsatz machen und dann wieder zurückkommen, bat mich, auf ihn zu warten, doch ich wollte nicht hören. Ich erinnere mich jedoch an das Allerletzte, was er sagte«, fuhr sie fort, und in ihren Augen standen jetzt Tränen, »und mehr als alles andere macht das mich so sicher, dass diese Briefe mir gehören.«
Leonie musste nicht mal fragen, was es war. »Und haben Sie?«, wollte sie wissen und begegnete Helenas Blick.
Helena nickte. »Natürlich«, antwortete sie traurig. »Ich habe ihm schon vor langer Zeit verziehen.«
»Aber Nathan weiß das nicht«, erwiderte sie, »und das ist eindeutig etwas, was er zutiefst bereute, vielleicht immer noch bereut.«
»Aber das war vor fast vierzig Jahren! Ich hätte geglaubt, es ist inzwischen lange vergessen. Ich habe es auf jeden Fall vergessen.«
Doch an
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