P S: Verzeih mir!: Roman (German Edition)
meinen die Bürgerrechtsbewegung?«
Helena seufzte, als ob solche Dinge sie immer noch belasten würden. »Das und viele andere, eigentlich jede selbstgerechte Sache, die uns einfiel. Doch die große, vor allem um ’66, ’67, war der Krieg.«
»Vietnam«, sagte Alex, die verstand.
»Aber was war mit Nathan?«, fragte da Leonie. Helena und ihre gute Sache waren ja gut und schön, aber sie wollte doch herausfinden, was mit dem Paar passiert war. Warum schrieb er seiner alten Freundin jetzt? Was war seitdem geschehen, das ihn dazu gebracht hatte, sich bei ihr in ihrem alten Liebesnest zu melden?
»Als ich Nathan Reed traf, entdeckte ich, was wahre Liebe und wahre Leidenschaft sind«, berichtete Helena, deren Wangen sich leicht röteten. »Er war ganz anders als Eddie, eigentlich anders als jeder andere Mann, dem ich jemals begegnet war. Intelligent, liebevoll, mitfühlend … ich betete ihn an.«
»Was ist denn dann schiefgegangen?«, beharrte Leonie, die nun ernsthaft verwirrt war. »Aus den Briefen ist doch offensichtlich, dass Nathan Sie genauso sehr geliebt hat wie Sie ihn.« Und es vielleicht immer noch tut.
Bei diesen Worten schaute Helena schmerzlich berührt drein, und Alex warf Leonie einen weiteren warnenden Blick zu.
»Noch mal, Sie müssen verstehen, wie wichtig, wie allumfassend unser Hass auf diesen Krieg war. Eine halbe Million Amerikaner wurden quer durch die halbe Welt geschickt, um für etwas zu kämpfen, das nur wenige unterstützten.« Sie lachte kurz auf. »Manche Dinge ändern sich wirklich nicht, was?«
Okay, dachte Leonie, wir sind doch für eine Lektion hergekommen. Was hatte bloß der Vietnamkrieg mit alldem zu tun?
»Ich vermute, ich hätte verständnisvoller sein sollen. Der Himmel weiß, dass Nathan eigentlich nie eine Wahl hatte, vor allem, da er aus so einer Familie kommt …«
»Eine Wahl …?«
»Tut mir leid, das, was ich da rede, ergibt nicht viel Sinn, oder?«, entschuldigte sich Helena. »Wie gesagt, Nathan Reed war einer der sanftesten und mitfühlendsten Männer, die ich jemals gekannt habe. Wenn man also bedenkt, dass er auch nur in Betracht ziehen konnte, an so einen Ort zu gehen …«
An so einen Ort.
Ganz plötzlich schlug Leonies Herz schneller und raste los wie ein galoppierendes Rennpferd. Und ihre Gedanken wirbelten in tausend verschiedene Richtungen, als sie es endlich begriff.
»An diesem Ort … manchmal frage ich mich, ob ich mein Leben vergeudet habe, ob ich jemals etwas Gutes getan habe. Manchmal fühle ich mich so allein und habe Angst vor dem, was das Morgen bringen mag … Leidtun wird dem nicht gerecht, Dein Lächeln nicht ein letztes Mal sehen zu können …«
Und sie begriff, dass sie und Alex von Anfang an völlig falsch in ihren Annahmen gelegen hatten, was Nathans Aufenthaltsort anging. Sie hatten sich in allem völlig getäuscht.
Diese Briefe waren nicht, wie sie angenommen hatten, vor kurzem aus einer Gefängniszelle geschrieben worden. Sie waren an einem völlig anderen Ort geschrieben worden, in einem anderen Teil der Welt und zu einer völlig anderen Zeit.
»Nathan war Soldat im Vietnamkrieg?«, stieß sie aus, und Alex sah schockiert von ihr zu Helena.
Leonie konnte erraten, was sie dachte. Die Briefe sahen sicher nicht so alt aus, tatsächlich sahen sie gar nicht alt aus, wie man es von vierzig Jahre alten Dokumenten erwarten würde, abgesehen von der altmodischen Tintenhandschrift. Doch sie erinnerte sich jetzt, dass sie in Zellophan eingewickelt und sorgfältig hinten in einem dunklen, staubigen Schrank versteckt gewesen waren, verborgen vor der Welt und vor den Elementen für, weiß der Himmel, wie lange.
Helena nickte. »Wir kamen von entgegengesetzten Enden des Spektrums. Als wir uns kennenlernten, hatte er sich noch nicht lange beworben, auch wenn er mir das einige Zeitlang nicht erzählte. Seine Familie stammte aus dem Militär, so dass es von ihm erwartet wurde. Es war so schwer in Einklang zu bringen. Mein freundlicher, sanfter Nathan würde an so einen Ort gehen und in solche schrecklichen Dinge verstrickt werden … Ich wurde verrückt, als ich es herausfand. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum er so etwas tun wollte, doch in Wahrheit hat er es selbst eigentlich nie verstanden.«
»Die Dinge werden hier jetzt schwerer und verrückter, und ich weiß einfach nicht, ob ich noch damit fertig werde …«
Für Leonie war es schwer, sich den wunderbaren, sanftmütig klingenden Nathan als Soldaten
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