P., Thomas
merkwürdigen Tafelrunde und
wartete auf das Urteil. Und dann war es endlich so weit. Der Präsident stand
auf und teilte mir feierlich mit, ich sei fortan als Hangaround im Hells Angels
MC, Charter West Side, aufgenommen. Ich hatte es also tatsächlich geschafft.
Die Gesichter der Jungs hellten sich auf, und in dem Saal wurde es nach und
nach wieder etwas lauter und lebendiger. Ich selbst hatte nur noch eine Formalität
zu klären. Der Club wollte den Namen meines Anwalts wissen. Für den Fall der
Fälle, wie es hieß. Ich gab ihnen den Namen meines Rechtsbeistandes und sorgte
— ohne etwas zu ahnen — für den nächsten Lacher: Mein Verteidiger aus
vergangenen Tagen war zufällig auch der Clubanwalt. Eine gute Wahl offenbar.
In! Aber es wollte sich leider überhaupt kein gutes Gefühl
in mir breitmachen, zumal ich nun bei Rot-Weiß wieder ganz unten anfangen
musste. Ich hatte zuvor doch die leise Hoffnung, dass ich aufgrund meiner
Erfahrungen und Fähigkeiten als Sergeant at Arms bei Gremium wenigstens als
Prospect beginnen könnte. Also nur eine Stufe unter der Vollmitgliedschaft.
Aber da war nichts zu machen! Der Sergeant at Arms der 81er drückte mir einen
Aufnäher in die Hand, und das war's dann fürs Erste. Der Security Chef
Norddeutschland des größten Motorradclubs Europas wurde bei den Hells Angels
vom Abteilungsleiter wieder zum Lehrling oder doch eher zum Praktikanten
heruntergestuft. Ich war etwas angepisst!
Mit einem Mal kamen Gedanken und Zweifel auf, die ich mal
besser in den Tagen zuvor gehabt hätte. Was war nur mit mir los? Warum nahm ich
diesen Abstieg so einfach hin? Nur wegen des Deathheads? Wollte ich tatsächlich
noch einmal die Lehrlingsmühle eines Motorradclubs durchlaufen? War ich zu vorschnell
gewesen? Und zu verbohrt in das Ziel, vom Gremium MC wegzukommen?
Und dann war plötzlich Aufbruchsstimmung im Angel's Place.
Es ging in eine Diskothek, und ich, der neue Hangaround, sollte die Jungs
begleiten. Meine Bedenken verblassten langsam, und ich versuchte meinen ersten
»Auftritt« mit den 8lern zu genießen. Das erste Mal. In einen Laden eintreten,
die Blicke der anderen Gäste sehen, fühlen, wie sie sich fürchten, wie sie fast
unmerklich zurückweichen und Platz machen an der Theke. Die Macht spüren, die
die Gesellschaft der Hells Angels naturgemäß mit sich brachte...
Scheiß auf den Titel!, versuchte ich mir einzureden.
Hangaround, Prospect, Member, was auch immer. Irgendwie gehörte ich nun zu den
Hells Angels, und das fühlte sich doch gar nicht so schlecht an. Ich stand mit
meinen neuen »Freunden« an der Theke und genoss die Aufmerksamkeit, die uns zuteilwurde,
als plötzlich die Tür aufging. Die drei Figuren, die dort im Eingangsbereich
standen, erkannte ich natürlich sofort. Es war unverkennbar eine Abordnung des
Gremium MC aus Jever. Die sollten offenbar nachsehen, ob Rot-Weiß mich auch
wirklich genommen hatte. Was für Idioten. Die Typen grüßten nicht einmal, als
wäre ich ein Aussätziger. Und dann kam es, wie es kommen musste: Es gab eine
Schlägerei. Meine erste als 81er und dann gleich gegen meine Exkameraden von
Gremium. Als sich die Jungs draußen vor dem Laden davonmachten, drehte sich
einer um und rief mir laut zu: »Das ist nicht unser Spielfeld.« Von oben herab.
O.K.! Die Kerle von Gremium fühlten sich wohl als etwas Besseres. Und genau in
diesem Moment wusste ich, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, diesen
arroganten Scheißhaufen zu verlassen.
8. Der Sklave: In den Fängen des
Clubs
1.
Der erste Abend als Hells Angel dauerte bis in die frühen
Morgenstunden. Völlig fertig schleppte ich mich in der Morgendämmerung nach
Hause, denn ich hatte nach unserem Discobesuch noch nachts ins Clubhaus
zurückkehren und aufräumen und abspülen müssen. Aus dem Security Chief bei
Gremium war eine kleine 81er-Putze geworden. Ein Sklave, der für seine Dienste
auch noch freiwillig etwas bezahlte... Und ich schämte mich nicht einmal.
Für den ersten Tag bei meinem neuen Verein stand auch
schon die nächste Aufgabe an: Um halb fünf am Nachmittag, hatte es geheißen,
müsse ich drei Member mit dem Auto abholen und zu einer Party chauffieren. Und
das war natürlich keine Bitte! Da die Sache mutmaßlich wieder spät enden würde,
wollte ich mir vorher wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf genehmigen.
Der Nachmittag kam schneller als befürchtet, denn ich
schlief fast traumlos durch. Immerhin verpennte ich nicht, was sich an
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