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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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Schmiedeeisen mit
je einem Deathhead an jeder der vier Seiten. Ein imposantes Clubheim. Man
konnte schnell erkennen, dass Geld bei Rot-Weiß offenbar keine große Rolle
spielte.
    Man schaute mich an jenem Abend schon ein wenig komisch
an. Das lag wohl an meiner Kleidung, schließlich rannten die meisten schon in
ergebener Unterwürfigkeit mit Supporter-Shirts rum und gingen damit auch zur
Ansage.
    Ich habe diesen Mist nie getragen, auch als Hangaround
oder Prospect nicht. Schließlich konnte sich jeder Idiot dieses Zeug im Laden
kaufen. Mir reichte immer mein kleiner rot-weißer »West Side«-Aufnäher.
    Ich trug zur Ansage meine schwarze lange Lederjacke und
darunter ein Longsleeve-Shirt. Nicht, dass ich mir groß Gedanken gemacht hatte,
wie ich aussah, aber ganz so schäbig, wie manch andere zu ihrer Ansage kamen -
mit verschmierten Shirts und zerschlissenen Jeans -, wollte ich dann doch nicht
aussehen. Beim Gremium MC war es angebracht, dass man Schwarz-Weiß trug, die
Clubfarben eben. Bei den Hells Angels aber ging das schlecht. Oder hätte ich
mir vielleicht doch eine homosexuelle rote Hose und ein weißes T-Shirt anziehen
sollen?
    Da saßen nun also der Präsident, sein Vize, der Sergeant
at Arms und die etwa 30 Member um den großen Tisch herum. Fast alle waren
vorstellig an diesem Abend, denn es herrschte natürlich Anwesenheitspflicht.
Fehlen durfte eigentlich nur, wer mit einer tödlichen Krankheit auf der
Intensivstation lag - wenn er denn die Erlaubnis der Clubführung hatte.
    West Side in Bremen war ein mittelgroßes Charter. Die
kleinsten Ortsverbände hatten zum Teil nur fünf Member - das größte deutsche
Charter in Hannover kam immerhin auf rund 70 Mitglieder. Die Männer an dem
großen Tisch sahen ein wenig aus wie eine Delegation der Vereinten Nationen,
allein an der Kleiderordnung hätte noch etwas gefeilt werden müssen. Und ich
musste mich schließlich wie ein Schuljunge hinstellen und mein Sprüchlein
aufsagen: »Hallo, ich bin Tom und war zuletzt beim Gremium MC Chapter Aurich.
Ich bin dort rausgeflogen, nachdem bekannt wurde, dass ich zu euch wechseln und
ein paar andere Jungs mitbringen will. Die drei haben gekniffen, aber ich stehe
hier. Also nehmt mich, oder lasst es bleiben.«
    Mir fehlte wahrlich die Lust, mich großartig anzubiedern.
Ich hatte doch das Wesentliche, wie ich glaubte, schon in den Vorgesprächen mit
den maßgeblichen Leuten im Club abgeklärt. Nun ja, es kamen noch ein paar
halbgare Frage in der Art:
    »Was machst'n beruflich?«, »Woher kommst du?«,
»Vorbestraft?«, »Schon mal jemanden verlampt?«
    Keine Überraschungen. Sie wollten nicht einmal wissen,
warum und wofür ich vorbestraft war - offenbar spielten Einträge dieser Art bei
Rot-Weiß keine große Rolle. Im Gegenteil. Am Ende bekannte ich, dass ich nicht
rauchen und auch keine Drogen nehmen würde, was damals ja stimmte, aber einen
der Angler sofort dazu veranlasste, ein wenig Stimmung in die müde Runde zu
bringen: »Und was willst du dann hier?«
    Dann wurde ich unter dem Gelächter rauer Männerkehlen
wieder aus dem Saal geschickt. Man wollte sich beraten.
    Ich war nervös. Es gab nicht viele Möglichkeiten, wenn man
von Gremium zu einem anderen Club wechseln wollte. Eigentlich kamen nur zwei
MCs infrage: die Hells Angels oder die Bandidos. Man will sich schließlich
nicht verschlechtern. Wenn schon ein Farbenwechsel, dann zum größten und
legendärsten Club der Welt. Ob ich es wollte oder nicht - es roch an diesem
Abend ein bisschen nach »letzter Chance«, zumindest was meine Karriere bei
einem Motorradclub anging. Und mit diesem Gefühl wartete ich auf das Urteil
der »Geschworenen«.
    Sicher, mir war ein gewisser Ruf vorausgeeilt. Ich denke,
ich galt in der Szene als ein Mann fürs Grobe. Aufrecht, ehrlich und kein
Feigling. Eigentlich gute Voraussetzungen für eine OMCG-Laufbahn. Aber da gab
es einen Punkt in meinem Lebenslauf, der Rot-Weiß nicht gefallen konnte: Ich
bildete nebenbei auch Hunde für die Polizei-Hundestaffel aus, was den Eindruck
erwecken konnte, ich sei ein Spitzel. Und so ein Verdacht konnte böse
Konsequenzen haben, zumal wenn man wie ich gerade in der Höhle des Löwen stand
und gleichsam alle Raubtiere hungrig im Nebenraum saßen.
    Da stand ich nun also in dem episch langen Flur dieser
Altbauvilla und wartete. Bange Minuten, bis nach etwa zehn Minuten die große
Flügeltür knarrte und ich wieder hineingebeten wurde. Ich blickte
erwartungsfroh in die ernsten Gesichter dieser

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