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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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zulaberte,
dann zum Kacken ging, während ich am anderen Ende am Hörer auf ihn warten musste,
bis er mit seinen dunklen Geschäften wieder fertig war.
    Dummerweise hatte er auch mitbekommen, dass ich mich mit
Computern ganz gut auskannte. Und so drehte sich eine erkleckliche Zahl von
Anrufen um das Thema »Mein Windows läuft nicht, was muss ich machen?«. Wenn ich
Glück hatte, konnten wir das Problem fernmündlich lösen. Hatte ich weniger
Glück, musste ich nachts um zwei in mein Auto steigen, von Lingen nach Bremen
fahren, um ihm seinen verkackten Computer wieder zum Laufen zu bringen. Und
wenn es ganz blöd lief, durfte ich seine Software neu installieren, und das
dauerte bei seiner alten Möhre schon mal drei bis vier Stunden. Immerhin hat er
mich dann zum Essen eingeladen. Was eigentlich so nicht stimmt. Er hat mich
dann eingeladen, mit ihm zum Essen zu fahren. Ich durfte dabei sein, wenn er
speiste. Weil ich in der Regel nicht genug Geld dabeihatte, da er mich mal
wieder spontan irgendwo herausgerissen hatte, oder ich ganz einfach abgebrannt
war, weil mein ganzes Geld für das 81er-Taxi draufging. Und dann musste ich ihm
bei einem Glas Cola beim Fressen zusehen. Wie in einem schlechten
Mafia-Filmchen.
    Währenddessen wurde ich dann von ihm abgefragt. Das hieß,
ich musste wissen, in welchen Städten die Hells Angels ein Charter hatten oder
wann welches Charter gegründet worden war. Volkshochschule für
Rot-Weiß-Hänger.
    Ich hatte natürlich meistens keinen Schimmer, weil es mich
auch nicht im Geringsten interessierte. Und das brachte den kleinen Mann dann
richtig auf die Palme. — »Das musst du doch wissen, Mann, wenn du bei uns etwas
werden willst.«
    Der Sergeant erzählte mir auch immer wieder dieselben
Geschichten, die ich doch gar nicht hören wollte. Oder bereits aufsagen konnte,
wie ein bescheuertes Gedicht in der Schule. Wenn ich als Hangaround oder besser
Clubsklave den Grill im Garten vor dem Angels Place putzen musste und zwei Tage
an dem Teil rumgeschrubbt hatte, weil über zwei Jahre kein Mensch das Ding gesäubert
hatte, grinste er mich an und erklärte mir, dass er seinerzeit direkt als
Prospect eingestiegen und sofort zum Member aufgestiegen sei. Und warum? Das
erfuhr ich erst viel später: weil er Drogen an Minderjährige vertickt hatte und
deshalb vorbestraft war. Eine bei den Hells Angels vorteilhafte Zusatzqualifikation,
die mir aber gottlob fehlte.
     
    4.
     
    Das Dümmste an diesen ganzen Schikanen und Frondiensten
war, dass ich nebenbei weder die Zeit noch die Nerven gehabt hätte, einem
richtigen Job nachzugehen. Was in Anbetracht meiner finanziellen Lage aber
dringend nötig gewesen wäre. Bis zu meiner Zeit als Hangaround hatte ich unter
anderem als Ausbilder für das Wachpersonal der Justizvollzugsanstalt in Büren
gearbeitet. Ich brachte den Schließern an einigen Samstagen bei, wie sie sich
selbst zu wehren hatten - »Berufsbezogene Selbstverteidigung« nannte man das -,
und ich muss wohl nicht weiter erklären, dass mir diese Art des Prügelns
bestens vertraut war. Den Job konnte ich vergessen, weil ich fortan samstags
das Clubhaus zu putzen hatte.
    Es war tatsächlich so, wie ich es zuvor hinter
vorgehaltener Hand immer mal wieder gehört hatte: Das Aufnahmeverfahren bei
Rot-Weiß war im Grunde ein Fulltimejob.
    Die Tür zum Member-Bereich blieb mir natürlich weiter
verwehrt. Von Gremium wusste ich zwar, dass in den streng abgeschirmten
heiligen Hallen nur Gespräche auf Kleingärtnerniveau stattfanden. Und doch
interessierten mich natürlich die ominösen Meetings hinter verschlossenen
Türen, die nur dann aufgestoßen wurden, wenn einer der Hangarounds am Ende
eines Abends die Schweinereien wieder beseitigen musste. So dämlich waren die
Member dann doch nicht, als dass sie einen Hiwi wie mich zum Servieren
hereingelassen hätten. Denn man hätte dort vielleicht Dinge sehen können, die
sich mit den sogenannten World Rules nicht in Einklang befanden. Und auf diese
sollten wir ja eines Tages noch unseren Eid schwören. Dabei brauchte man sich
die Typen, die da oben rauskamen, nur anzusehen. Nicht selten tropfte den
Vögeln das Blut aus der weiß verzuckerten Nase. Und dann wurde uns stets gesagt,
es handle sich um eine Allergie...
    Mir war das eigentlich völlig gleichgültig. Sollte sich
doch jeder den Verstand wegkoksen. Nicht egal war mir indes, dass ich dort
ständig bis Samstag in der Früh herumhängen musste. Manchmal, bei größeren
Anlässen sogar durch bis

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