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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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Sonntag. Um danach verkokste, besoffene oder
anderweitig derangierte Typen nach Hause zu fahren. Und natürlich, um danach
die Scheißhäuser und Clubräume wieder auf Hochglanz zu bringen. Das alles war
mir reichlich zuwider. Und doch blieb ich dabei.
    Das Schlimmste jedoch war, dass ich mir dabei verarscht
vorkam. Wer einen festen Job hatte, war auf wundersame Weise von vielen
Arbeitsdiensten befreit. Anfangs war das noch okay, da wurden alle gleich
behandelt: Ein anderer Hangaround war etwa in Bremen im Hafen für das Beladen
von Containern zuständig. Wenn der um 19 Uhr Feierabend hatte, musste er
trotzdem immer um 19.30 Uhr beim Clubabend sein. Ein anderer Prospect war
Zuhälter und hatte auf dem Straßenstrich ein paar Mädels laufen. Der hatte
logischerweise mehr Zeit als andere und wurde entsprechend häufiger
eingespannt. So wie ich auch. Nur, irgendwann schien ich der Einzige zu sein,
der immer »konnte«. Dass ich aber auf diese Weise auch kaum noch eine Chance
hatte, je wieder einen vernünftigen Job zu finden, interessierte keinen.
    Und ich zahlte weiterhin ordentlich drauf. Da waren
einerseits die üppigen Spritrechnungen für meine unzähligen Kurier- und
Beförderungsfahrten. Aber es gab auch noch ganz andere Posten in meiner
»Buchhaltung«, die mich an den Rand meiner finanziellen Möglichkeiten gebracht
hatten. Bei der freitäglichen Member-Versammlung wurde regelmäßig in der
großen Runde beim Pizzadienst oder beim Chinesen eine Bestellung aufgegeben.
Wenn das Essen angeliefert wurde, musste der Hänger natürlich den Kurier unten
an der Tür ausbezahlen. Bei 20 Pizzen kamen da schnell einmal knapp 200 Euro
zusammen — die man selbstverständlich nie wieder zurückbekam.
    Irgendwann ging es einfach nicht mehr, und ich war
wirklich pleite. Ich hatte meinen 5er BMW aus besseren Zeiten längst verkauft
und gegen einen wackligen Opel Calibra für 1000 Euro eingetauscht. Mir stand
nach wenigen Monaten als Hangaround bei den Hells Angels das Wasser derart bis
zum Hals, dass ich kaum noch weiterwusste. Zustände, die man sonst eigentlich
nur aus lustigen Berichten über gutgläubige und naive Sektenopfer kannte...
    Die meisten Angler verdienten tatsächlich gutes Geld. Sie
hatten »normale« Berufe, teilweise sogar als Beamte oder Zahnärzte. Ein Bremer
machte sein Geld mit Heizdeckenverkäufen auf Kaffeefahrten und beschäftigte
einige Angler aus dem Charter in seinem Abzockerunternehmen. Halbsenile
Rentner abziehen und ihnen ein billiges Heizdeckchen für 2000 Euro andrehen
oder Wundertabletten für einen Riesen, die im Einkauf gerade einmal 27,95 Euro
gekostet hatten — das war nicht mein Ding.
    Einige Member verdienten ihr Geld im Rotlichtgewerbe,
betrieben ein Bordell oder hatten zumindest ein paar Nutten laufen, die für
sie anschafften. Davon bekam man als Hänger schnell etwas mit, denn die
meisten brüsteten sich bei der Ausübung ihrer »Geschäfte« mit ihrem großen Club
im Hintergrund. Und wann immer etwas verrutschte, irgendwelche besoffenen
Freier oder sonstige Schläger Ärger machten, dann mussten die Hells Angels
ran. Soll heißen, die Hangarounds und die Prospects, denn die Member machten
sich nur selten die Hände schmutzig. Die Anfänger mussten bei der Regelung
dieser schmutzigen Geschäfte regelmäßig ihren Arsch riskieren. Denn sie hatten
schließlich ein Ziel: Sie wollten Mitglied in diesem feinen Club werden - sie
wollten irgendwann auch ein Hells Angel sein.
    Ähnlich lief es auch, wenn es um Aktionen gegen andere
Clubs ging, besonders gegen die Bandidos. Die Member ließen solche Jobs vom
Fußvolk erledigen. Am Ende standen die Hangarounds oder Prospects mit einem
Bein im Knast, weil sie einen Taco mit dem Baseballschläger vom Motorrad holen
mussten oder mit dem Auto ein Bike von der Straße drängten. Die hehren Member
ließen sich solche Geschichten in entspannter Atmosphäre später dann berichten.
Gut gemacht! Aus uns würde bestimmt noch etwas werden!
    War es nicht merkwürdig, dass die Hells Angels oder die
Bandidos regelmäßig Verluste zu beklagen hatten, weil ein Member bei einem
Motorradunfall tödlich verunglückt war? Signifikant viele tödliche Bikeunfälle
in zwei Clubs, bei denen Motorräder fast keine Rolle spielten? Die Jungs saßen
doch so gut wie nie auf ihren Bikes, und wenn, dann schlichen sie in schwuler
Formation über die Straßen. Und gleichwohl knallte regelmäßig ein Bandido oder
ein 81er in die Leitplanken oder gegen Bäume? Einfach so. Und

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