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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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dies war Timos große Stunde, außerdem würde jede Art von Musik, sogar Luciens, dieses Schauspiel entweihen.
    Zopodil hatte sich nun wie ein Ring um Xanthippe geschlungen, beide verharrten, unter dem Nest und auf dem Bildschirm, während es in dem Thread unter ihnen bewundernde Kommentare schneite. Und dann schneite es auch im Wasser: Unzählige winzige Perlen trieben, strömten, sanken, langsam und leise, taumelten wie im Traum.
    Wow, sie laicht ab , schrie hammerhai1 auf.
    Ja was denn sonst, du Dödel , gab Guppyschwabe unversehens zurück.
    Und Xanthippe löste sich aus Zopodils Umarmung und schwamm davon, zu ihren Schwestern. Eine gemeinsame Zigarette, eine Après-Sex-Analyse oder Kuschelfernsehen war bei Fischen anscheinend nicht vorgesehen, auch Zopodil befreite sich mit einem Flossenzucken aus der majestätischen Starre und schwamm mit offenem Maul den Eiern hinterher, um sie einzusammeln und ins Schaumnest zu spucken, wie mir die Kommentare von Hammerhai1, Guppyschwabe und Goldflossy erläuterten.
    Wie würdevoll Zopodil dieser Aufgabe nachging! Ein Mann, der sich die Hörner abgestoßen hatte – falls man Derartiges von einem Fisch behaupten konnte –, der verletzt hatte und verletzt worden war. Ein Mann, der das Leben und die Liebe kannte und jetzt bereit war, Verantwortung zu übernehmen.
    Schon wieder wurde mir eng im Hals, ich dachte an Timo, wie sehr es ihn freuen würde, wenn ich ihm diesen Film und die begeisterten, bewundernden Kommentare im Forum zeigen würde … aber was blinkte dort auf, am unteren Bildschirmrand?
    Kampffischfreak, du hast eine persönliche Nachricht.
    Von Goldflossy natürlich. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, hatte ich sie schon geöffnet. Und während Zopodil unermüdlich Eier einsammelte, sie ins Schaumnest transportierte, während die Weibchen die erschöpfte Xanthippe betütelten, las ich Goldflossys ausufernde Botschaft. Die mit einem: Liebster Timo begann und sich mehrere Zeilen lang in Jubelrufen erging, wie traumhaft diese Paarung sei, einfach nur zum Weinen schön. Goldflossy, erfuhr ich, konnte nicht aufhören zu weinen, nicht nur wegen der Paarung, auch wegen allem anderen. Aber ich verstehe dich, glaub mir, ich verstehe dich soo gut!!!!!!
    Nach diesem Ausrufezeichen-Ausbruch riss sie sich zusammen und gab praktische Anweisungen, für die ich beinahe dankbar war: Warum ich (oder Kampffischfreak) das Weibchen noch nicht entfernt hätte? Und die anderen Weibchen auch, das sei ja sowieso Wahnsinn, sie bei der Paarung im Becken zu lassen, ein Wunder, dass es nicht zu Angriffen gekommen sei. Noch niemand habe so etwas gewagt, aber Timo sei eben ein Innovator, ein Held. Ihr Held. Aha.
    Ich drückte auf den Antwort-Button. Ein kleines weißes Blatt öffnete sich, versehen mit den Smiley-Optionen des Forums: lächelnde Fische, zwinkernde Fische, sich kaputtlachende Fische, sekttrinkende, feiernde, feixende, böse schauende Fische, ein bewegungsanimierter Hai, der quer über das Blatt schwamm. Eine Weile klickte ich fasziniert einen nach dem anderen an, vergaß ganz, was ich Goldflossy antworten wollte: liebe goldflossy, für mich ist dein superman ein gekrümmter rücken vor dem aquarium. (feixender Fischsmiley mit spitzen Zähnen) und ist es wirklich so heldenhaft, zwei fische zu etwas zu bringen, was sie sowieso tun würden? (zwei Fischsmileys, übereinander, um sie herum blinkende Herzchen) in der natur jedenfalls . (zwinkernder Fischsmiley) vielleicht nicht, wenn man sie in einen glaskasten sperrt . (mit aufgerissenen Augen glotzender, anscheinend von einer Erkenntnis überfallener Fischsmiley) viele grüße, die verlobte deines helden
    Ich beherrschte mich im letzten Moment, den Finger über dem Button, auf dem Senden stand, erhob mich und öffnete die Abdeckung des Aquariums. Goldflossy hatte ja recht, die Weibchen mussten weg, bevor irgendetwas Unentspanntes passierte, Zopodil von ihrer Gegenwart so verunsichert wurde, dass er die Eier verschluckte oder worauf Kampffischmännchen sonst so kamen, im Stress der Vaterschaft.
    Ich stellte die Kamera ab, fuchtelte mit Timos Kescher blind in den Wasserpflanzen herum. Noch nie zuvor hatte ich einen Fisch aus dem Aquarium geholt, und die Tatsache, dass die Weibchen und ich nicht unbedingt an einem Strang zogen, machte die Aktion nicht einfacher. Es verging eine turbulente halbe Stunde mit Flossenschlagen, Flüchen, albernen Lockrufen (hatten Fische Ohren?), mit Versprechungen, Flehen und schließlich deutlichen

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