Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
Vom Netzwerk:
schluckte sie hinunter. Plötzlich fiel mir auch ein, was DADUHDL hieß: denk an dich und hab dich lieb. Was für eine Lüge!
    Gerade wollte ich das Telefon auf den Boden schmettern, als ich den blinkenden Umschlag auf dem Display entdeckte. Eine weitere Nachricht. Eingetroffen schon vor mehreren Stunden.
    Ich muss dich sehen. Treffen am alten Turm? Cedric.
    Ich war aufgesprungen, noch bevor mein Gehirn den Entschluss dazu gefasst hatte. Cedi! Was wollte er? Einen weiteren Kuss? Mir gestehen, auch er habe bemerkt, dass die Sehnsucht stärker war als die Vernunft? Wollte er mir sagen, dass er seine Freundin verlassen würde, so wie Timo mich verließ – auch wenn ich hierbei ein wenig nachgeholfen hatte –, dass er nur noch auf sein Herz hören würde, wie es mein Onkel mir geraten hatte?
    Mein Herz jedenfalls tat alles, um ihm entgegenzustürmen. Es trieb mich hinein in die Stiefel mit halbhohen Absätzen, die noch am Schuhschrank standen und nicht unbedingt zu einem Meerjungfraukleid passten, aber das war jetzt auch schon egal, dann ins dunkle Treppenhaus. Ich raffte den Rock bis weit über die Knie und rannte, etwas x-beinig, über den Parkplatz und in den Wald. Was wollte Cedric ausgerechnet am alten Turm, der zwar ganz in der Nähe des Neubaugebiets, aber gottverlassen lag? Und wartete er überhaupt noch auf mich? War ich vollständig übergeschnappt? Seine SMS war vor Stunden gekommen. Ich musste ihn anrufen! Und warum hatte er es nicht versucht?
    Ich blieb atemlos stehen, wählte, wartete, hörte mir von einer neutralen Stimme an, dass diese Nummer momentan nicht erreichbar sei. Kruzinesen, vielleicht war er doch am Turm. Soweit ich wusste, gab es so tief im Wald keinen Funk. Und er saß doch so gern im Dunkeln und schrieb, wie noch vor kurzem, als ich ihn nach der Trostschokolade zurückgelassen hatte.
    Schneller lief ich, benutzte mein Handy als Taschenlampe, nur noch die Kurve, die vertraute Biegung des Forstwegs, dann eine kleine Parkbucht, der Schatten des Turms. Früher hatte eine Kirche dazugehört, ein Holzanbau am Steinturm, der abgerissen worden war. Als Kinder hatten wir dort gespielt, und ich hatte mich manchmal dorthin mit meinem Heft zurückgezogen, auf die obere Plattform. Vielleicht hatte ich Cedric davon erzählt, ich wusste es nicht mehr.
    Wie in Trance stolperte ich auf den Turm zu, von oben musste ich aussehen wie ein Gespenst. Ein Gespenst in einem Hochzeitskleid. Das ich nicht mehr brauchte. Ich brauchte auch keine Anprobe mehr, keine Thailandreise, keine Schwiegereltern …
    Plötzlich fühlte ich mich leicht, so leicht, als könnte ich tatsächlich abheben und als Hochzeitsgespenst hinauf zu der einzigen Fensteröffnung schweben. Hinter der etwas schimmerte. Licht.
    »Cedi? Bist du da?«
    Still war’s, nur ein einsames Grillenmännchen suchte verzweifelt surrend ein Weibchen, unterbrach seine Gesänge nicht, als ich den Strahl meiner Handy-Taschenlampe ins Gras richtete, den Turm umrundete. Das Gestrüpp dahinter war gerodet, und jetzt erst bemerkte ich den Bauzaun. Therese hatte mir erzählt, dass die Strobls auch den Turm zu exklusiven Ferienappartements hatten umbauen wollen, die Bauarbeiten aber stagnierten. Der Strahl erfasste die Tür. Die angelehnt war.
    »Cedi?«
    Sie hatten die alte Treppe abgerissen und durch eine provisorische Wendeltreppe ersetzt, die noch nach frischem Holz roch. Mit bis über die Oberschenkel gerafftem Kleid kämpfte ich mit den Stufen. Die Tür zum ehemaligen Glockenturm stand offen.
    »Cedi?«
    Vorsichtig trat ich in den Raum. Und fiel. In eine Umarmung. Heftig, ledrig. Schweißgeruch. Jemand riss an mir, riss etwas ab. Ich schrie. Wurde gestoßen. Das Licht erlosch. Schritte. Dann fiel die Tür zu.

25.
    H eute! Der große Tag! Therese Engler hatte wunderbar geruht. Ohne Alpträume von Prüfung und Versagen, von Nicht-Genügen oder Noch-einmal-den-Schulabschluss-machen-Müssen, womöglich in Mathe. Sie hatte von einem Schloss am Meer geträumt. Es musste an dem Entspannungsschaumbad liegen, das sie sich vor dem Einschlafen verordnet hatte. Oder an allem anderen, das ihr in den Tagen zuvor vergönnt worden war.
    Mei. Ihr tangotanzendes Herz, ihre fragilen Knie, ihre sehnsüchtigen Lippen, sobald sie nur daran dachte. An ihn dachte. Vergraben wollte sie sich in seinen Duft, vergraben sollte er sich in ihr, umschlingen sollte er sie, küssen dort, wo er sie geküsst hatte in den Nächten in der Kaisersuite.
    Kruzifix! Nicht jetzt dieser süßen Schwäche

Weitere Kostenlose Bücher