Paarungszeit: Roman (German Edition)
Drohungen mit der Bratpfanne und Rosmarinkartöffelchen als Beilage. Und als das alles nichts half, sogar mit Panade und Remouladensauce. Was immerhin Nefertiti dazu brachte, freiwillig in den Kescher zu schwimmen, und kurz darauf folgte der Rest des Harems. Da ich schon einmal dabei war, fischte ich auch das Plastikstück mit der Susn-ich-liebe-dich-alles-wird-gut-Aufschrift heraus. Dann setzte ich mich wieder hin und zwang mich, Goldflossys Botschaft zu Ende zu lesen.
Oh Timo, ich weiß, das sollte ich nicht sagen, aber immer, wenn ich nach meinen Larven schaue, muss ich an dich denken. Wie du mich zärtlich Lärvchen genannt hast und mein Asselchen und wie du dabei gelächelt hast. Ich höre immer wieder deine Stimme und denke an … du weißt schon. Mike hat übrigens nicht gemerkt, dass ich überhaupt weg war. Ich hätte mir die ganze Lügerei mit der Freundin und so, dass ich bei ihr schlafe, gradewegs sparen können. Es interessiert ihn nicht, was ich mache. Timo, ich werde mich von ihm scheiden lassen. Ich weiß, es ändert für uns nichts mehr. Ich verstehe dich. Wir haben ja lange über alles geredet.
Wann hatten sie geredet? Und was meinte Goldflossy mit: Du weißt schon? War Timo doch nicht auf Klassenfahrt gewesen? Oder hatte er sich davongestohlen, auf ein paar Stunden, eine Nacht? Und hatte er jemals erwähnt, dass Goldflossy verheiratet war?
Ich kann verstehen, dass dir dein zweites Staatsexamen und deine Zukunft wichtiger sind als eine Amur fu. Du wirst schließlich Beamter, und wer wirft schon alles über den Haufen und riskiert den Job, nur weil er sich verliebt. So sehr, dass es weh tut. Du hast es selbst gesagt. Und ich habe die Tränen in deinen Augen gesehen, nachdem wir … ach, mein Kampffischlover, es war die wunderbarste Nacht meines Lebens.
Wo hatte diese wunderbare Kampffischlover-Nacht wohl stattgefunden? In einer Badewanne? Hatte Timo-Superman eine Haifischfinne getragen und Schwimmflossen? Und warum dachte ich albernes Zeug, statt mir klarzumachen, was das kleine Asselchen meinte mit: zweites Staatsexamen und den Job verlieren? In mir keimte eine Ahnung, die zur Gewissheit anwachsen wollte, schneller, als mir lieb war. Sie trieb mich durchs dunkle Zimmer, vorbei an all den Glaskästen mit ihren künstlichen Monden.
»Kampffischlover!«, sagte ich, fassungslos lachend, zu einem mich beinahe besorgt anglubschenden Diskusfisch im großen Becken. Und: »Amour fou! Sie weiß noch nicht mal, wie man’s schreibt«, zu einer desinteressierten Buntbarbe, ergänzte, während sie ihr Maul gleichmütig öffnete und schloss, dass Goldflossy ansonsten wohl ihr Rechtschreib-Korrekturprogramm eingeschaltet haben müsse. Im Gegensatz zur letzten Mail, wo sie noch ziehmlich viel »gespührt« hatte. Timos hässlichem Tiefseefisch im großen Aquarium, einem Vieh mit krötenähnlichem Look, erzählte ich, dass unter diesen Umständen Timos Großmut, Cedric betreffend, nicht weiter verwunderlich sei. Worauf der verwarzte Tiefseefisch mich aus einem grünumrandeten Auge ansah und mit einem Schwanzschlag davonstob. Als wollte er nicht mit ansehen, was ich jetzt tat: Mit zitternden Händen öffnete ich die Schiebetüren im untersten Teil des Wohnzimmerregals, zog die Ordner heraus, die ich sonst mied, graue Ringhefter, in denen Timo Steuerbescheide, Rechnungen und offizielle Briefe aufbewahrte.
Schon im zweiten Ordner fand ich, was ich suchte: einen Brief der erzbischöflichen Diözese, in dem von der Missio canonica die Rede war, der endgültigen Unterrichtserlaubnis für katholische Religionslehrer. Die nur dann erteilt wurde, wenn Ihre Lebensführung den Anschauungen der katholischen Kirche entspricht. Und daran geheftet das Schreiben des Direktors des Gymnasiums, dass der Anstellung eines verheirateten Religionslehrers nichts im Wege stünde. Datiert am Tag vor Timos Antrag. Der unter nicht unbedingt romantischen Umständen erfolgt war.
Ich war erkältet gewesen, im unansehnlichsten und unausstehlichsten Stadium, hatte ein Taschentuch unter den Nasenlöchern stationiert, das in erschreckend kurzer Zeit zu einem widerlichen nassen Klumpen wurde. Als schniefendes, triefendes, unleidliches, rot verschwollenes Schnupfenmonster lag ich im Bett und beantwortete den Heiratsantrag, den Timo mir eher beiläufig machte, mit einem verstörten: Hatschi! Später lachten wir darüber, und alles wurde, nachdem ich den Schnupfen los war, herrlich aufregend. Timo wollte, dass alles schnell ging – jetzt wusste
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