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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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aus dem verfrühten Siegestaumel erwachte. Und begriff, dass ihre Tochter verschwunden war.
    Totenstille, im gesamten Saal. Aufgerissene Münder und Augen. Luciens Augen, grün schimmernd. Cedrics hellere Augen, hinter den Brillengläsern, rund und groß. Angst. Seine Angst. Um Susn. Angst und Liebe. Ein Vierteljahrhundert im Zeitraffer, die Hütte in Wackersdorf, einsame Sonnenuntergänge am See, Susns winzige Hände, mit noch winzigeren Fingernägeln, alles an ihr so perfekt, als Therese sie das erste Mal im Arm gehalten und einen Moment das Gefühl gehabt hatte, in ein völlig fremdes Gesicht zu blicken. Etwas, das sie auch später immer wieder überkommen hatte, angesichts des kleinen Susn-Persönchens, das die Augen der Englers, Matts Locken, aber einen ganz eigenen Charakter besaß, sich mit anderen Schneeflocken prügelte, Geschichten schrieb, nie Schulprobleme hatte und eine Bätschlerin wurde, dann mit diesem Flantsch … Teifinoamoi! Wo steckte ihre Tochter?
    »Bloß koa Polizei!«
    Mit diesem Ruf war sie von der Bühne gesprungen, das ganze Gewicht auf einmal auf ihren Knöcheln, aber dafür war jetzt keine Zeit, sie rannte zur Tür. Lucien, der sein Bandoneon abgelegt hatte, holte sie ein, auch Cedric trabte neben ihr her, berichtete atemlos, er habe Susn gestern Abend aufgesucht, sie zu Hause nicht angetroffen, auch nicht ihren Verlobten, er habe nur noch einmal mit ihr sprechen wollen, bevor sie alle wieder abfuhren, die ganze Nacht habe er versucht, sie telefonisch zu erreichen, zu Hause, per Handy, nichts. Und heute Morgen, als er vor ihrem Haus auf und ab ging, habe er von einer Urlauberin aus dem angrenzenden Appartement erfahren, dass der junge Mann weggefahren sei, gestern, und die junge Frau habe sie zu später Stunde auf dem Waldparkplatz gesehen. Die Waldwege sei er schon abgegangen, nichts, Suchtrupps müssten sie bilden, das gesamte Gelände systematisch durchkämmen …
    »Und dafür brauchts a Polizei!« Fredl war ihnen schon auf den Fersen. »Bloß koa Amateure, ned bei a Entführung! Ihr ruinierts die ganze Spurensuche!«
    So ein Schmarrn, wie kam er auf eine Entführung, schneller, sie musste schneller sein, sie stürmte durch die Tür, auf den Parkplatz, teifinoamoi, natürlich trug sie ihre Cowboystiefel, und den Schlüssel des Tauchschulkombis hatte sie auch nicht eingesteckt. Aber vielleicht war ein Auto auch nicht das Richtige, wenn es um das Durchkämmen eines Waldstücks ging? Und wohin zerrte Lucien sie da, in schnellen, zu großen Schritten? Dabei rief er etwas, von einer »Tour«, immer eine »Tour«. Es ging doch nicht um einen Ausflug! Auch an Cedric wandte er sich mit seiner Tour, und Cedric nickte, rief einen französischen Satz und schwang sich, sie sah es nur aus dem Augenwinkel, auf das herumstehende Rennrad des Hausmeisters. Wohin er fuhr, konnte sie schon nicht mehr sehen, hörte nur noch Fredls entsetzten Aufschrei, einen Anlasser und einen Motor, der aufheulend ansprang. Sie solle aufsteigen, brüllte Lucien, oder sie vermutete zumindest, dass er etwas in der Art brüllte. Er saß auf Fredls Motorrad.
    Schon vor dreiunddreißig Jahren, als er noch Kleinkraftrad gefahren war, hatte Fredl immer den Zündschlüssel stecken lassen, daran musste Therese denken, als sie aufstieg, und wie lange hatte sie nicht mehr auf einem Motorrad gesessen, nicht mehr seit den frühen Fahrten ins Biafuizl! Aber sie wusste noch, wie man sich an einen Rücken klammerte. In flotter Fahrt steuerten sie auf das Ortsschild zu, bogen auf die alte Uferstraße ab und von dort auf den Waldweg, bretterten über die Lichtung, vorbei an der Weide, auf der sie im Sommer das Kuhkuscheln betrieb. Auch heute waren die Kühe dort, sie standen rechts und links des schmalen Feldwegs, schon flogen sie vorbei. Lucien folgte der Tännchen-Markierung, die zum Türmchen führte, zum neu erbauten, viel zu abgelegenen Aussichtsturm. Vor dem sie eine Minute später standen. Lucien drosselte den Motor, und sie stieg steifbeinig herunter.
    »Und du meinst … sie ist hier?«
    »Oui. Ja. Vielleischt.« Dann etwas Längeres, Französisches, sie verstand nichts, hinter ihnen Knattern und Rumpeln, Schreie, Muhen. Keine Zeit, Lucien zu fragen, wie er darauf kam, sie ließ ihn beim Motorrad, stürzte auf die Treppe zu und rief nach ihrer Tochter. Weiteres französisches Palaver unter ihr, Cedric musste einen Weltrekord gefahren sein mit dem Rennrad des Hausmeisters. Und keine Spur von Susn. Nicht auf der mittleren

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