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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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für einen potenziellen Partner hielt. Auf meine Hilferufe antwortete sie mit einem äußerst animierten »Chiwitt! Chiwitt!«. Was in der Waldohreulensprache vielleicht etwas hieß wie: »Hallöchen, was macht jemand wie du an einem Ort wie diesem?«
    »Hallo, ist da jemand? Ich bin eingesperrt!«
    »Chiwuuui!« (Aber hallo! Ich bin hier! Schau mal, was ich für tolle Federn habe!)
    »Hilfe! Hallo! Hilfe!«
    »Chwäccchrz! Chrüüj!« (Oh Baby, deine Stimme macht mich verrückt! Lass uns zusammen ein Nest bauen, brüten und der Welt neue, kleine Eulen schenken!)
    »Verdammt! Ich bin hier eingeschlossen!«
    »Chrüüj! Kiwuuuii! Chrrräääz!« Ihr Gekreisch klang beinahe schweizerisch. Und wo war nur Cedric? Hatte er mich wirklich gesucht? Wahrscheinlich nicht, auch die SMS war nur ein Trick, vermutlich von Strobl. Ich hatte Cedric nie meine Handynummer gegeben, auch seine kannte ich nicht. Was mir reichlich spät einfiel.
    Erschöpft ließ ich mich auf die Liege sinken, zog die Wolldecke über mich. Ich brauchte einen Plan. Aber was für einen Plan, angesichts der Tatsache, dass es unmöglich war, in einem Meerjungfrau-Hochzeitskleid durch ein Fenster zu flüchten und eine senkrechte Wand hinunterzuklettern? War ich wirklich dazu verdammt, hier zu bleiben und mit einer Eule zu kommunizieren? Unter dem angestrengten Nachdenken über einen Ausweg musste ich wohl eingeschlafen sein, Eulenschreie in meinem Traum, ein nächtlicher Gang zum Bad, ein Schluck Wasser, weitere Hilferufe meinerseits, als es hell wurde. Aber selbst die Eule schwieg. Erneutes Einschlafen, der Traum von Zopodil und Xanthippe.
    Und jetzt das Knattern. Rufe. Dazwischen aufgeregtes Muhen. Etwa Strobl? Aber was wollte Strobl mit Kühen? Vielleicht ein Bauer? Ich lehnte mich aus dem Fenster, so weit ich konnte. Und fragte mich, ob ich immer noch träumte. Ich sah: Ein heranrasendes Motorrad, es schlingerte durch ein Baggerloch, Staubwolken stoben auf, und als der Staub sich legte, rollte schon die nächste Wolke an, die Bugwelle eines heranbretternden Traktors. Rufe, Flüche, das Motorrad schlidderte auf die gerodete Fläche. Auf dem Motorrad zwei Figuren, eine trug einen Hut, der ihr in den Nacken gerutscht war. Und dann, als Staubkörnchen für Staubkörnchen wieder zurücktrudelte an seinen Platz, sah ich den Rennradfahrer, der in halsbrecherischen Haken versuchte, am Traktor vorbeizukommen. Ich stützte mich auf die steinerne Brüstung, mein Herz gebärdete sich wie ein Stepptänzer beim Solo. Abstehende Haare, in alle Richtungen, ein unter der Anstrengung gekrümmter Rücken, gestählte Oberschenkel, es war Cedric, eindeutig, der dort unten wie verrückt in die Pedale trat. Und hinter ihm – mein stepptanzendes Herz kam kurz aus dem Takt – donnerte eine Kuh heran. Auf der jemand ritt. Therese war schon vom Motorrad gesprungen, rannte auf den Turmeingang zu.
    »Ihr seids verhaftet! Diebstahl von Polizeieigentum!«
    Der Traktor bretterte auf den Platz, und der fallende Staub enthüllte einen wutschnaubenden Fredl Weidinger.
    »Hoit dei Pappn, Fredl! Susn! Herrgottmariaundjosef! Kind! Gehts dir guad?«
    »Warum bist du nicht bei deinem Rededuell? Ich bin eingeschlossen!«
    »Chiwuuii!« Für die Eule schien »eingeschlossen« etwas wie ein Schlüsselreiz zu sein, ein Balzruf, auf den sie auch im Halbschlaf reagierte, aber niemand beachtete sie.
    »Pack ma’s, wir brechen die Tür auf! Hartl!«
    In diesem Moment erkannte ich, wer auf der Kuh saß. Die jetzt langsamer wurde und stehen blieb, beinahe verlegen zu Boden schaute, als mein Onkel abstieg, ihr die Kruppe tätschelte.
    »Passt scho! Des kriag ma scho!«
    Schritte auf der Treppe, Bollern an der Tür, Tritte, Rufe, Ruckeln, Flüche. Die ich kaum wahrnahm. Denn unter mir stieg Cedric jetzt vom Rennrad. Schmutzig sein Hemd und offen, darunter hob und senkte sich die Brust. Er schien die Luft zu trinken, in riesigen Schlucken. Sein Gesicht war verschmiert, die Brille schlammbespritzt, er nahm sie ab. Er schwieg und trank Luft und schaute zu mir hoch.
    »Cedi … ich … ich …« Wie sollte ich ihm sagen, dass ich Timo zu Goldflossy geschickt hatte, dass ich nur eins wollte: unser Gespräch fortführen, mit Worten, mit Blicken, Lippen …
    »Runter do! Des is Polizeieigentum! Gsssch! Schleich di! Mistviech! Schleich di!«
    Fredl war vom Traktor gesprungen, rannte etwas steifbeinig auf das Motorrad und Lucien zu, aber die Kuh hatte anscheinend beschlossen, Lucien zu verteidigen, und widerstand

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