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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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manchmal einen regelrechten Heißhunger auf Fisch.
    Rasch verdrängte ich den Gedanken, machte für mich etwas Gemüse zurecht, garnierte für Timo eine Schinkenplatte mit Gürkchen, Tomatenscheiben und Radieschen, richtete Brot und Butterbrezn her. Ob ich auch Kerzen anzünden sollte? Um der Romantik etwas auf die Sprünge zu helfen? Unserer Romantik, nicht der von Zopodil und Nefertiti.
    Im Kühlschrank stand noch eine Flasche Sekt. Ich öffnete sie, goss mir ein halbes Glas ein und trank zwei zwar kalorienreiche, aber Mut machende Schlucke. Ich würde mich jetzt umziehen. Vielleicht war ich aus Pinguingründen zu nachlässig gewesen, was meine Kleidung betraf. Gina hatte mir auch schon einmal gesagt, dass die weiten T-Shirts und die langen Röcke, die ich im Sommer trug, nicht gerade ultrasexy seien. Im letzten Herbst hatte sie mir einen Bodysuit und einen Jeansrock aus einer Boutique mitgebracht. Immerhin war er knielang und würde die Hüften schmaler machen. Und der Reißverschluss würde sich vielleicht auch schließen lassen – mit übermenschlichen Kräften, Gebeten und himmlischem Beistand. Ich nahm den Sekt mit ins Schlafzimmer, trank einen weiteren ermutigenden Schluck, dann entledigte ich mich meiner Kleider. Warum nicht auch den Spitzenbodysuit anprobieren? Sektbeflügelt schlüpfte ich hinein. Er passte wie eine zweite, vielleicht etwas pralle Haut, hielt Ausuferndes in Zaum, über seine verführerische Glätte ließ sich der enge Rock leicht streifen, und sogar der Reißverschluss fügte sich nach einigen Versuchen.
    Nach einem weiteren Schluck Sekt wagte ich einen Blick in den Spiegel – nicht schlecht, nein, gar nicht schlecht! –, probierte verschiedene Blusen aus. Fast alle spannten um den Busen, gaben den Blick auf die Spitzen des Bodysuits darunter frei. Ich entschied mich für eine Bluse in unschuldigem Weiß, ließ die oberen Knöpfe offen und löste meinen Pferdeschwanz. Lag es daran, dass ich kein Deckenlicht, sondern nur die Stehlampe eingeschaltet hatte, oder am Sekt, dass ich mir so gut gefiel? Ich knetete meine Locken, schüttelte sie zurecht und zog den Schwung meiner Lippen mit Lipgloss nach. Warum nicht zur Feier des Tages dazu Seidenstrümpfe und die Plateauschuhe anziehen, die ich letzten Sommer gekauft und noch kein einziges Mal getragen hatte? Würde Timo sich vom Aquarium abwenden, die Hände auf meine Schultern legen, mir ins Ohr flüstern, wie heftig er mich begehrte? Würde er gar meine Bluse mit einem einzigen Prankenhieb herunterreißen, wie es Delphine de Brulée in ihrem Roman schilderte? Das Tier in ihm war erwacht, schlug seine Zähne in Seide und Satin. Wenn es so weit war, konnten wir ja das Licht ausmachen. Gegen die vielen glubschenden Augen. Ein letzter Schluck Sekt. Dann zog ich entschlossen die Seidenstrümpfe an – eine kleine Tortur unter dem engen Rock, aber vielleicht war es die Sache wert – und schlüpfte in die Plateauschuhe.
    Zugegeben, ganz einfach war es nicht, damit zu laufen. Vor allem nicht mit dem großen Tablett, auf dem ich unser Abendessen zu servieren gedachte, dazu den Sekt. Vor dem Wohnzimmer stellte ich es ab, auf das kleine Telefontischchen, öffnete die Tür. Von drinnen kein Laut. Timo saß da wie vorher, vor dem Aquarium, den Rücken gekrümmt.
    »Spatzl, hier bin ich!«, rief ich mit fester Stimme, nahm das Tablett wieder auf und trat ein.
    Die ersten Schritte, auf Timos Rücken zu, gelangen noch leidlich. Timo drehte sich nicht um, saß so starr, als wagte er noch nicht einmal zu atmen. Im Näherkommen sah ich den Grund: Nefertiti hatte sich von der Kamera und ihren Hollywood-Träumen verabschiedet und dümpelte unter dem Schaumnest herum. Lammfromm. Laichbereit. Mit einem OH-ZOPODIL-KOMM!-Ausdruck im Gesicht. Vorsichtig das Tablett balancierend, trat ich näher. Wer sie wohl hineingelockt hatte, Timo oder der eifrig um sie herumbalzende Zopo … Verdammt! Die Schuhe! Umgeknickt war ich, ein stechender Schmerz im Knöchel, keine Arme frei, um mich zu fangen, das Tablett, oh Gott, ich musste es festhalten, ich eierte, schon aus dem Gleichgewicht, schwankte einige zu schnelle Schritte auf Timo und das Aquarium zu, der Rest geschah in Zeitlupe, einer Katastrophenzeitlupe, ich beobachtete alles, als wäre ich nicht dabei: das rutschende Tablett, Timos ungläubiger Blick, als er sich aufrichtete, erst kippte die Sektflasche, fiel, Sekt schäumte auf dem Teppich, Timos aufgerissene Augen, sein Schrei: Susn!, überrascht und wütend,

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