Paarungszeit: Roman (German Edition)
demonstrieren, erwies sich auch im weiteren Verlauf der Übung als äußerst sportiv: Er stieg auf und wieder von ihr hinunter, drehte sie um, zog sie über sich, liebte sie sitzend, kniend, nötigte auch ihr einen gesunden gymnastischen Einsatz ab. Wenn sie fertig sein würden, bei diesem Gedanken erwischte sie sich, während er sie in die nächste Position manövrierte, könnte sie beim Abendessen im Kurhotel mit gutem Gewissen eine Extraportion Nachtisch essen. Was sie auch getan hatte. An diesem und an den anderen Abenden, nach der Gymnastik mit dem sportlichen Baywatch, für den sie bis zum Schluss nicht in Leidenschaft entbrannt war. Aber es war eine Erfahrung gewesen!
Und die nahtlose Bräune hatte lange gehalten, den ganzen Winter über, und Toni …
»Hallo?«
Sie fuhr auf. Christiane Breitners Stimme, von draußen.
»Therese? Bist du noch da? Ich wollte dich mal sprechen!«
Was wollte Christiane von ihr? Und hörte sie dort draußen nicht auch andere Stimmen? Schnell schloss sie die Datei Nachtleben in Neuenthal und trat auf den Balkon. Auf dem Parkplatz standen zwei Autos: Christianes Mini, cremefarben und frisch poliert, daneben ein anderer Kleinwagen, babyblau. Dem zwei Gestalten entstiegen. In Trachtenjacken, Modell Alpenpartner, für sie und ihn, wenn sie nicht irrte, aus ihrem Shop. Kannte sie die beiden? Woher nur? Christiane, eine Augenbraue hochgezogen, ging auf das Auto zu.
»Wow, ist das nicht ein Trabbi?«
»Nu sischer!«, sächselte der Mann.
Natürlich kannte sie ihn, jetzt fiel es Therese ein, vom letzten Sommer! Ein guter Kunde. Nicht nur ihres Ladens, auch von der Tauchschule ihres Bruders.
»Is schon gudd rumgegommn aufm Globüs, die Garre!« Der Mann tätschelte das Hinterteil des Wagens, und während Christiane und Therese sich noch ratlos ansahen – Garre? Karre? Meinte er dieses Auto, dieses strampelhosenfarbene Gefährt? –, redete er schon weiter: »Bis zum Nordgabb sind wer gefahrn, nü ja, nischt Besönderes, erst nur äwisch Dannenwald, und dann siehts ooch nur aus wie im Sperrgebiet an der ähemalischen Zönengrenze.«
»Fählen nür die Selbstschüssanloochen!«
»Judda!«, ermahnte der Mann seine Frau, und in diesem Moment fiel Therese auch sein Name ein: Uwe. Was in Juddas Aussprache wie Üwe klang.
»Nü, is doch wahr, Üwe! Wö is denn nü die Bension von der … da isse ja, auf däm Balgong! Därese!« Im Sprechen hatte Judda den Blick gehoben und winkte begeistert: »Gennsde üns noch?«
Keine fünf Minuten später hatten Judda und Üwe ein Komfortzimmer bezogen, obwohl Therese ihnen wegen ihrer Treue sogar die Neuenthaler Kaisersuite zu einem Spezialpreis angeboten hatte, was Üwe mit einem bescheidenen »Nü ja, Därese, wir sind zwar Größgabidalisden, aber Gaiser sind wer noch gehne!« ablehnte. Um sich dann in Begeisterung über die Bensiön zu ergehen, die im letzten Jahr doch noch eine ziemliche Brüchbüde gewesen sei. Eine Aussage, für die er von Judda zurechtgewiesen wurde. Therese überzeugte sich, dass der Begrüßungsdrink auf dem Tisch stand – Neuenthaler Kräuterlikör –, dass Kathi auch das Badezimmer geputzt hatte, dann ließ sie ihre Gäste allein und trat wieder hinaus auf ihren Balkon. Christiane stand noch vor dem Mini, lud zwei Kühlboxen aus.
»Du wolltest mich sprechen?«
Christiane neigte den wohlfrisierten Kopf. Jeder wusste, dass Christiane Breitner alle acht Wochen zu einem Top-Friseur in München fuhr. Für eine Frisur, die laut Anderl aussah wie ein Wischmopp. Aber ihre Haarfarbe war auf jeden Fall apart, ein helles Rot, irgendwo zwischen Eichkatzerl und Fuchs. Und was fragte sie da? Ob Therese schon einmal über eine kompetente und professionelle Wahlberatung nachgedacht habe? Hatte sie denn so etwas nötig? Und noch dazu von dieser Schnoin?
Christiane schlug die Tür des Mini zu. »Komm einfach morgen Abend zum Essen in die Tauchschule. Dann reden wir über alles. In Ruhe. Es gibt Sushi. Um sieben. Bis dann.«
Damit nahm Christiane Breitner ihre Kühlboxen und entstöckelte Richtung Tauchschule. Therese sah ihrem entschwindenden Heck im Bleistiftrock nach. Sushi. Einen Schweinsbraten durfte man bei Christiane Breitner natürlich nicht erwarten. Dafür einen teuren Rotwein. Die Sorte, die Fredl Weidinger bei seinen nächtlichen Aufräumrazzien am See zu beschlagnahmen pflegte. Um sie mit den Strobls zu trinken, jeder wusste es. Mafiöse Zustände! Über die jeder hier Bescheid wusste, ebenso wie über die schwarzen
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