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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Kassen, aus denen Fredls Wahlkampf finanziert wurde.
    Wahrscheinlich war es nicht unvernünftig, über Christianes Angebot zumindest nachzudenken. Bevor sie hierherkam und Hartl kaperte, hatte Christiane eine große Firma geleitet, sie war – so fair musste man sein – Therese in gewissen Businessbereichen durchaus überlegen. Und hatten nicht alle Politiker Wahlberater, sogar die Bundeskanzlerin? Kreizkruzifix, nicht dass sie sich in irgendeiner Form … Aber Fredl Weidinger würde sich bald wundern! Und Veit Strobl dazu!
    Bei näherer Betrachtung gefiel ihr Christianes Angebot immer besser. Therese Engler war keine Einzelkämpferin mehr. Therese Engler hatte ein Team. Beinahe schon einen Clan. Eine Wahlberaterin. Einen Künstler, der für sie Plakate machte. Einen … ja, was war Matt jetzt für sie? Ein Freund? Oder ein Angehöriger, wegen Susn? Wie auch immer, jedenfalls machte er einen Film mit ihr. Und Susn musste sie auch anrufen, ihr vom neuesten Stand der Dinge berichten. Gleich! Nur noch einen Moment das Gesicht in die Sonne halten. Orangefarbenes Glühen hinter den geschlossenen Augen, Wärme auf Wangen, Nase, Lippen. Wie ein unverhoffter Kuss … geh, Schmarrn! Aber sie öffnete die Augen nicht, stand andächtig, dachte den Gedanken zu Ende: wie ein unverhoffter Kuss vom Glück! Kruzifix. Ja.

9.
    M orgen. Etwas, das heraufdämmerte. Vor dem Fenster. Und vielleicht auch in meinem Kopf. Eine Erinnerung, mit der die Security-Abteilung meines Bewusstseins noch rang.
    Fischaugen.
    Sehnsucht.
    Mein Kopf dröhnte, jemand musste Blei hineingefüllt haben. Und meine Kehle war eine staubtrockene Wüste. Ich stöhnte, griff nach dem Glas Wasser auf dem Nachttisch. Oh mein Gott!
    Hatte ich wirklich Sekt in das Becken geschüttet, das Nefertiti mit ihren Haremsgenossinnen teilte? Und jetzt? Hatte Timo nach ihnen geschaut? Undeutlich erinnerte ich mich, dass er verschlafen hatte, aus dem Haus gestürzt war. Aber es konnten nicht mehr als ein paar Tropfen Sekt gewesen sein. Der Rausch würde höchstens für eine hochemotionale Lästerrunde unter Weibern reichen, wie sie auch beim Landfrauentreffen in der Neuenthaler Feuerwehrkneipe üblich waren. Und wenn nicht? Oh Gott! Würde ich gleich Nefertiti, Priya und Xanthippe hackedicht und vollkommen enthemmt vorfinden? Oder womöglich bauchoben treibend? Schon war ich aus dem Bett gesprungen, mit dröhnendem Schädel, rannte ins Wohnzimmer. Zopodil schoss in seinem Zehn-Liter-Selbstfindungsbecken hin und her. Anscheinend war er bei der Analyse seines Fehlverhaltens und seiner Bindungsangst noch nicht weitergekommen. Aber was interessierte mich das jetzt!
    Auf alles gefasst, näherte ich mich dem 60-Liter-Becken, spähte durch die obere Abdeckung. Nirgendwo ein Fischbauch. Weich meine Knie, auf die ich sank, um den Grund zu inspizieren, auch hier nur ein umgedrehter Blumentopf, sanft fächelnde Wasserpflanzen. Sonst nichts. Mit zitternder Hand griff ich nach Timos Zollstock, der neben dem Becken bereitstand. Man musste das Wasser in Bewegung bringen, hatte ich von Timo gelernt, den Stock in langsamen Achten kreisen lassen, wie man Farbe umrührte. Oder Fondue. Oder Fischsuppe. Herrgott! Es war nur die Anspannung, die mich so etwas denken ließ.
    Ich rührte, wirbelte Sand auf. Und drei weibliche Exemplare der Gattung Betta splendens, die langsam aus der Öffnung des Blumentopfs hervorschwänzelten. Angepisst und sichtlich verkatert. Aber sie lebten! Sie hatten es überstanden! Und sie hatten bestimmt Hunger. Gleich würde ich ihnen ein Katerfrühstück der Extraklasse bereiten. Ich verdrängte den Gedanken an ein eigenes Katerfrühstück mit Rollmops oder Matjesfilets und ging in die Küche. An das, was Timo in Schalen und Gläsern züchtete, traute ich mich nicht heran, ich suchte im Schrank nach dem Trockenfutter und holte aus dem Gefrierfach unseres Eisschranks die Tüte mit den gefrorenen Mückenlarven. Larven, eine großzügig bemessene Menge Flocken und ausgesuchte Granulatleckerli brachten die Haremsdamen sofort vom Blumentopf weg, sie schossen an die Wasseroberfläche, schnappten flossenpeitschend nach Flocken, Larven und nacheinander. Von Empfehlungen einschlägiger Diätforen wie Essen Sie langsam und mit Genuss schienen sie nicht allzu viel zu halten, sie inhalierten das Futter, ohne jeden Bissen gut einzuspeicheln und mindestens dreißigmal zu kauen, damit er schon im Mund vorverdaut wird – ein Tipp, der allerdings auch meinen Vorstellungen von Genuss

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