Paarungszeit: Roman (German Edition)
Vorschläge für bezaubernde Abende in ihrem Ort: Entspannen Sie sich in unseren zahlreichen Restaurants, von rustikal bis exquisit, und natürlich in unserem urigen Programmkino. Wo der bezaubernde Werbefilm von Fredl Weidinger lief. So ein Schmarrn!
Therese beugte sich über die Tasten, tippte schnell: Einen noch bezaubernderen Abend können Sie in Neuenthal verbringen – nein, nicht verbringen, wie klang denn das? Urlauber wollten erleben. Und sie brauchte ein besseres Wort als »bezaubernd«, ein Wort, das die Mohnauer Bezauberung fade wirken ließ, so fade wie der überteuerte Schweinsbraten im Uferpromenadenrestaurant. Entzückend? Oder bestrickend? Das klang eher nach Landfrauenversammlung. Betörend? Faszinierend? Phantastisch? Gar magisch? Einen magischen Abend verbringen Sie in der Neuenthaler Feuerwehrkneipe bei Semmelknödeln – mei, ob es stimmte, was Franzi vom Edekamarkt erzählt hatte? Dass Anderls Frau Resi alles, was gerade auf der Arbeitsfläche lag, in ihre Semmelknödel zwangsintegrierte? Abgesehen davon gab es bei Resi in letzter Zeit nur noch strammen Max. Wegen der Überproduktion ihrer Hühner. Mit Billigschinken aus dem Lidl im zehn Kilometer entfernten, so gar nicht idyllischen Industriegebiet. Es war sicher besser, sich nicht auf die Restaurants zu beziehen, sondern Neuenthals paradiesische Natur ins Spiel zu bringen. Die man mit allen Sinnen erleben konnte, ja, das war gut, sakrisch gut sogar! Einen himmlischen Abend erleben Sie am Neuenthaler See, mit allen Sinnen, vom Anblick des malerischen Sternenhimmels, der zu romantischen Träumen inspiriert, über das verführerische Flüstern der Wellen und den leisen Windhauch, der Ihre Wangen streichelt, zart, wie der Finger des Geliebten, bis zu den wild lockenden Düften nach Jasmin, Flieder und Veilchen. Sie hielt inne, fast ein wenig atemlos von ihrem Schreibfluss. Hatte sie wirklich Veilchen geschrieben, inspiriert von Matts Duft, der noch im Zimmer hing? Was war los mit ihr, warum stahlen sich ihre Gedanken dauernd zu ihm, und was sollte der Finger des Geliebten auf ihrer Wange und in ihrer Broschüre?
Therese Englers Liebesleben war nach der aufreibenden Nacht mit Matthias Glatthaler und ihren Folgen immer in angenehm ruhigen Bahnen verlaufen. Eine nicht gerade elektrisierende, aber gemütliche Wochenendbeziehung mit einem Touristen aus Schwaben, die immerhin drei Jahre ruhig dahingedümpelt war, bis sie versandete. Eine etwas aufregendere Begegnung mit einem Tuchfabrikanten auf einer Messe. Einige Sommerabenteuer, eins davon sogar fern der Heimat. In jenen ersten und einzigen Sommerferien, die Susn bei ihrem Vater verbracht hatte. Matthias Glatthaler hatte sich von seiner damaligen Frau getrennt und war nach Frankreich gegangen. Nur unter tausend Ermahnungen hatte Therese das Madl fahren lassen, nach Paris, mei! Aber Matthias hatte sie nicht aufgefordert, mitzukommen. Also hatte sie ihren Laden ihrem Bruder überlassen und war selbst abgereist zur längst fälligen Kur in ein Ostseebad in Mecklenburg. Wo an vielen Stränden oben ohne gebadet wurde. Praktisch nackert. Lange schlich sie um den Oben-ohne-Strand herum. Gar so greislich sah sie ja auch nicht aus, sie konnte ihrem Bug ruhig einmal einen Sonnenstrahl gönnen. Und, was immer man von Therese Engler behaupten mochte, dass es ihr an Mut für Neues fehlte, gehörte gewiss nicht dazu. Am dritten Tag schon warf sie beherzt ihr Bikini-Oberteil von sich und widerstand der Versuchung, sich auf den Bauch zu legen.
Gerade als sie sich ausmalte, wie sie Toni und einigen anderen ihren nahtlos gebräunten Vorbau präsentieren würde, sprach sie ein Mann an. Nicht irgendein Mann. Der Bademeister höchstpersönlich. Der Baywatch, wie man heutzutage sagte. Wobei dieser Bademeister nicht ganz so aussah wie David Hasselhoff aus der Baywatch-Serie. Aber gebräunt war er, vielleicht sogar nahtlos, und er war Schwimmer und Taucher, wie ihr Bruder. Und so kamen sie gleich in ein angeregtes Gespräch, im Laufe dessen sie alle möglichen Kombinationen ausprobierte, in welcher Weise man Arme oder Hände vor einer bloßen Brust drapieren konnte. Dabei konnte sie sich durchaus unterhalten, wenn sie nackt war. Solange der andere eben auch nackt war.
Aber als sie dann beide komplett ausgezogen auf seinem Futon lagen, das an eine Turnmatte erinnerte, war er plötzlich nicht mehr so gesprächig. Er rückte sie zurecht, betrachtete sie prüfend, als beabsichtige er, Wiederbelebungsversuche an ihr zu
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