Pacific Paradise - Boone Daniels 2
der Handelskammer den Rettungsschwimmern deutlich machen wollte.
Abgesehen davon, Robert Shaw und Richard Dreyfuss in ein Boot zu setzen und aufs offene Meer zu schicken, fällt Dave wenig ein, was man gegen Haiangriffe tun könnte, obwohl er selbst tatsächlich mal einen großen Weißen in die Flucht geschlagen hat, indem er ihm in die Fresse trat. Tatsache ist nun mal, dass es im Ozean Haie gibt – und Brandungsrückströme und Monsterwellen –, und immer wieder werden Haie Menschen angreifen, ebenso wie immer wieder Menschen ertrinken werden; aber statistisch gesehen ist das weitaus Gefährlichste an einem Strandbesuch die Fahrt im Auto dorthin.
Egal, er beschließt, sich ein Bier im Sundowner zu gönnen. Vielleicht ist Johnny B da auf dem Weg zur Nachtschicht, High Tide hat Feierabend, und Boone …
Wer weiß eigentlich, wo Boone steckt?
Boone ist irgendwie schräg drauf. Vielleicht, weil Sunny nicht mehr da ist, oder er sich in die Britenbraut verknallt hat – die auf jeden Fall und ganz zweifellos scharf ist –, oder möglicherweise, weil er einfach die Nase voll hat vom Surferhängerdasein, aber egal, der Boone, den er kennt, ist derzeit nicht am Start.
Das ist komisch, weil ausgerechnet Boone immer derjenige war, der die richtige Line auf der Welle gefunden hat und wie lasergesteuert obendrauf geblieben ist. Jetzt planscht er durchs Wasser wie ein Anfängeridiot, den es bei der erstbesten Gelegenheit übelst vom Brett fegt.
Tatsächlich halten Johnny Banzai und Tide die Stellung in der Bar, obwohl JB nur an einer Cola Light nuckelt.
»Was gibt’s Neues?«, fragt Dave.
»Nix«, sagt Tide.
»Was geht, Johnny?«
»Was geht, Dave?«
Im August geht gar nichts, Mann – keine Brandung, keine Laune. Die ist im Keller. Im Gegensatz zur Temperatur.
Und der Gereiztheit, die könnte nämlich nicht größer sein, Johnny B ist fix und fertig.
»Boone hilft Alan Burke dabei, mich in die Pfanne zu hauen«, erklärt Johnny.
»Was?«, fragt Dave. Boone und einen Freund in die Pfanne hauen? Ausgeschlossen.
»Ist wahr«, sagt Tide. Er erzählt Dave, dass Boone für Corey Blasingames Verteidigung arbeitet.
»Mach langsam«, sagt Dave. »Willst du mir erzählen, Boone versucht, das kleine Arschloch zu retten, das K2 auf dem Gewissen hat? Auf keinen verfluchten Fall.«
Johnny zuckt mit den Schultern, als ob er sagen wollte, stimmt aber, stell dir das mal vor.
»Boah«, sagt Dave. Verdammte Kacke, was passiert da mit uns, fragt sich Dave? Was ist aus der Dawn Patrol geworden?
Sie schrumpft, das ist schon Mal das Erste, denkt er.
Sunny ist weg.
Und mach dir nichts vor, Boone ist auch auf dem Absprung, falls er nicht schon längst die Biege gemacht hat.
Wie lautet noch der alte abgegriffene Spruch von Ehepaaren (Schauder) kurz vor der Scheidung? »Wir haben uns auseinandergelebt«? Leben wir uns einfach nur auseinander, fragt sich Dave, oder steckt mehr dahinter?
Dave ist zu deprimiert, um Bier zu trinken, und geht nach Hause.
104
Boone fährt um 22 Uhr noch mal zu Scherings Büro, parkt den Van am Ende der Straße, und geht zu Fuß an dem Bürokomplex entlang. Das Schloss ist leicht zu knacken – er braucht zwei Minuten, bis er drin ist.
Er knipst die kleine Taschenlampe an, steckt sie sich in den Mund und macht sich über Scherings Schreibtisch her. Der Computer befindet sich im »Ruhezustand«, und zu Boones Erleichterung ist Schering noch eingeloggt. Boone doppelklickt auf einen Ordner mit der Aufschrift »Rechnungen« und scrollt wenig später durch Scherings Terminkalender.
Er schließt einen USB-Stick an, zieht den Ordner rüber, entfernt den Stick, späht zum Fenster hinaus und geht zur Tür.
105
Wieder in seinem eigenen Büro angekommen,
fährt Boone den Computer hoch, schließt den USB-Stick an und geht Scherings Rechnungsunterlagen durch.
Er scheint zum Zeitpunkt seines Todes an vier verschiedenen Fällen gearbeitet zu haben.
Einer ist ein Haus auf den Hügeln von Del Mar im Wert von mehreren Millionen Dollar, das offensichtlich einen schweren Riss im Fundament aufweist und weitere Risse in der Auffahrt. Der Zweite hat anscheinend mit einem größeren Fassadenriss auf einer Einkaufsmeile in Solana Beach zu tun. Beim Dritten geht es um einen Wohnkomplex auf den Felsen über dem Strand, wobei die Felsen – so weit Boone das überblickt – wohl wegsacken.
Der Vierte ist das berüchtigte La Jolla Sinkhole.
106
Was den frühen portugiesischen Seefahrern die Gewürze, den spanischen
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