Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
weiß, was er meint. Die meisten Surfer hier sind solche, die sich reinziehen lassen – ihre Partner auf den Jet-Skis ziehen sie auf die großen Wellen und die Surfer, die einfach nur reinpaddeln, geraten damit entscheidend ins Hintertreffen. Aber es könnte noch schlimmer kommen – die Wellenkönnten schlicht zu groß sein und daher auch zu schnell, um sie ohne Jet-Ski zu erwischen.
»Danke«, sagt sie. Sie hat sich noch nie reinziehen lassen, und man muss die Technik beherrschen und trainieren. Außerdem hat sie nicht die richtige Ausrüstung dafür – ihre großen Boards sind fürs Reinpaddeln gebaut. »Ich glaube, ich halte mich an das, was ich kann.«
»Meistens die beste Idee«, sagt Dave.
Aber er macht sich Sorgen um sie.
Könnte passieren, dass sie von den anderen Surfern oder sogar von den Wellen ausgeschlossen wird. Und selbst wenn sie eine erwischt, dann braucht sie jemanden, der auf sie aufpasst und aus der Gefahrenzone zieht, wenn was schiefläuft.
Boone wird draußen sein, das ist schon mal gut.
Vollbeladen mit Western-Omeletts verschwindet Sunny, und Dave widmet sich wieder seiner Zeitung. Als die Glocke erklingt und ihr mitteilt, dass die nächste Fuhre bereitsteht, spurtet sie zurück. Ich tue das für morgen, denkt sie, meine große Chance.
Entweder ich schaffe es, oder das hier wird mein Leben sein.
Kaffee und Eier durch die Gegend tragen.
Tim Mackie hält wieder seinen Becher hoch und deutet darauf.
Sunny zeigt ihm ihren Mittelfinger.
98
Tammy kommt aus dem Schlafzimmer in die Küche. Boone teilt ihr die guten Nachrichten mit.
Ihre Reaktion ist nicht gerade überwältigend.
Wenn auch vorhersehbar.
»Ich will mit Teddy sprechen.«
»Noch mal«, sagt Petra, »ich halte das für keine so gute …«
»Entweder Sie lassen mich mit Teddy sprechen«, sagt Tammy, »oder ich mache keine Aussage. Überlegen Sie sich das und teilen Sie mir Ihre Entscheidung mit.«
Sie geht wieder ins Schlafzimmer.
»Das war kurz und bündig«, sagt Boone.
99
Sie erreichen Teddy unter seiner Festnetznummer.
Seine Frau ist wohl nicht in der Stadt, denkt Boone. Er übergibt Tammy das Telefon.
»Teddy?«, fragt sie. »Bist du allein?«
Mehr fragt sie nicht. Das war’s. Nach dem ganzen manischen »Ich will mit Teddy sprechen«-Gequatsche stellt sie ihm diese eine Frage, bekommt eine Antwort und legt auf.
Dann sagt sie: »Okay, ich sage aus.«
100
Die Innenstadt von San Diego ist erstaunlich klein. Man kann sie in knapp einer Stunde zu Fuß umrunden. Wahrscheinlich handelt es sich um die einzige Großstadt des Landes, in der ein halbwegs gesunder Mensch problemlos vom Flughafen in die Innenstadt spazieren kann.
Unterwegs käme man an der Bucht vorbei, die die Innenstadt westlich und südlich begrenzt und der die Stadt ihre Existenz zu verdanken hat. Im 16. Jahrhundert machten mexikanische Entdecker in San Diego wegen des ausgezeichneten Hafens Station und ließen die übliche Mischung von Soldaten und Missionaren zurück, die bis zum Einfall der Angelsachsen 1843 typisch für Südkalifornien war. In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts fischten chinesische Dschunken im Hafen nach Tunfisch, wurden jedoch später von angelsächsischen und italienischen Fischern verdrängt.
Die Innenstadt war ziemlich verschlafen bis zum großenImmobilienboom der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts, als Stadtväter wie die Hortons, Crosswhites und Marstons mit dem Bau von Bürogebäuden, Läden, Banken und Restaurants eine ordentliche Innenstadt entstehen ließen. Der zwielichtige Stingaree District mit seinen Bars, Spielhöllen und Bordellen gedieh zwischen Innenstadt und Südhafen. Puffmütter wie Ida Bailey und Spieler und Zuhälter wie Wyatt Earp und dessen Frau verdienten ein Vermögen und verschafften San Diego den schlüpfrigen Ruf, der ihm in Bezirken wie dem heutigen Gaslamp District immer noch anhaftet.
Aber eigentlich war es die U.S. Navy, die der Innenstadt von San Diego ihren Stempel aufdrückte, und das bis heute. Egal, wo in der Innenstadt man sich gerade befindet, man sieht immer einen Marinestützpunkt oder ein Schiff. Käme man zu Fuß vom Flughafen, würde man die im Hafen liegenden Flugzeugträger und die Marineflugzeuge sehen, die auf ihrer Basis in North Island landen. Manchmal sieht man in der Bucht auch ein U-Boot aus dem Wasser auftauchen und in den Hafen gleiten.
San Diego ist eine Marinestadt.
Die guten Stadtväter hatten alle Bordelle aus dem Gaslamp District vertrieben, mussten
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