Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
niemals bei der Dawn Patrol aussteigst, aber vielleicht ist es jetzt an der Zeit …
Die Nummer, die Boone da abgezogen hat.
Nicht die Sache mit dem Boonemobil – das war ein klassischer Boone, obwohl man sich nur schwer vorstellen kann, dass er den alten Bus geopfert hat, an dem so viele Erinnerungen hängen. So viele Fahrten an der Küste entlang. Die Wellen, das Bier, die Musik, die Mädchen. Schwer sich vorzustellen, dass das alles in Flammen aufging, aber vielleicht musste es sein.
Nein, die Nummer mit der Anwältin, der Britin. Vielleicht war es ihr Akzent gewesen, der Johnny genervt hat, aber wahrscheinlich war es vielmehr die Tatsache, dass Boone genau die Scheiße mit ihm durchzog, die er von den Schönen und Reichen in La Jolla erwarten würde, von den Reichen und Einflussreichen und nicht von seinem Surfkumpel, den er ein Leben lang gekannt hat.
Sei ehrlich, sagt er sich und betrachtet seine im Bett schlafende Frau Beth. Du hättest nie gedacht, noch mal zu erleben, dass Boone hinter dem Geld her ist, hättest nie gedacht, dass er auf so eine Frau abfährt. Der ganze berufliche Ehrgeiz und so.
Na ja, sag niemals nie.
Johnny gibt seiner Frau einen Kuss und bekommt ein genuscheltes »Morgen« zurück, dann wirft er jeweils einen kurzen Blick in die Zimmer seiner Kinder. Sein Sohn Brian schläft in seinem Spiderman-Schlafanzug tief und fest undliegt lang gestreckt auf der unteren Etage des Stockbetts, das er sich gewünscht hatte, um Freunde zum Übernachten einladen zu können. Abbie schläft ebenso fest, eingekuschelt in ihre Wonder-Woman-Decke, ein leichter Schweißfilm liegt auf ihrer Oberlippe. Und Gott sei Dank, denkt Johnny, kommt sie nach ihrer Mutter.
Er betrachtet sie, wie sie friedlich, unschuldig und – hoffentlich – auch wohlbehütet dort liegt, und denkt an die Zahnbürste des kleinen Mädchens in dem Zimmer im Crest Motel. Wer war das Mädchen? Was hatte es dort verloren? Wo ist es jetzt?
Johnny geht zu seiner Tochter, küsst sie sanft auf die Wange und geht zur Tür hinaus.
Wird ein harter Tag werden. Dan Silvers Zivilgerichtsprozess beginnt um neun, und Tammy Roddick soll wenig später in den Zeugenstand berufen werden. Wenn es so weit ist, wird Johnny auf der Besuchergalerie sitzen. Deshalb muss er möglichst frühzeitig einen Richter auftreiben, der ihm einen Haftbefehl sowohl für Boone wie für Roddick ausstellt. Wahrscheinlich wird sie zwei Stunden oder länger mit ihrer Aussage beschäftigt sein. Dann will Johnny die beiden abholen und mehr über den Tod von Angela Hart aus ihnen herauspressen.
Tut mir leid, B, denkt er.
Ich muss die Draufspringregel in Anspruch nehmen.
95
Boone steht am Pier und beobachtet Hang Twelve, der alleine im Wasser sitzt. Der Junge macht sich nicht mal die Mühe, auf die guten Wellen aufzuspringen, die reinkommen, als würden sie von einer Maschine ausgespuckt. Er sitzt einfach nur weit ab vom Kamm und lässt sie unter sich hindurchrollen, als wäre er weggetreten.
Boone winkt mit den Armen und schreit: »Hang!«
Hang Twelve sieht herüber, entdeckt Boone und guckt wieder weg.
Wenige Sekunden später paddelt er an Land. Boone sieht, wie er sein Board nimmt und den Strand hinauf Richtung Straße läuft.
96
Petra sitzt am Küchentisch, als Boone zurückkommt.
Sie wärmt sich die Hände an einem Becher Tee. »Pass auf, es ist alles in Ordnung«, sagt er. »Es ist vorbei.«
»Was soll das heißen?«, fragt sie.
»Du kannst gehen«, sagt Boone. »Tammy darf ihre Aussage wegen Brandstiftung machen und den Cops erzählen, was sie über den Mord an Angela weiß. Danny wird nichts unternehmen.«
»Warum nicht?«
»Weil er überleben möchte«, sagt Boone. »Mehr kann ich dir nicht sagen.«
Er kann ihr nicht sagen, dass er einen Deal gemacht hat, der die Koalition von Danny und Red Eddie durchbricht. Und Danny würde lieber eine Schlappe vor Gericht einstecken, selbst wenn’s um den Mord geht, als Tammy etwas zu tun, während sie unter Eddies Schutz steht. Und Red Eddies Protektion zu durchbrechen ist ein Kapitalverbrechen. Wer sich dessen schuldig macht, darf auf keine Gnadengesuche und keinen Gouverneur hoffen, der in letzter Minute anruft.
»Hast du Lust, in den Sundowner zu gehen?«, fragt Boone. »Was frühstücken?«
»Was hast du eingetauscht?«, fragt Petra.
»Hä?«
»Offenbar hast du einen Deal mit Red Eddie gemacht«, sagt Petra. »Ich frage, was du ihm als Gegenleistung geboten hast?«
»Nicht viel«, sagt er. Als er ihren
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