Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
skeptischen Blick sieht, setzt er hinzu: »Ich habe ihm mal einen Gefallen getan. Den Chip hab ich jetzt eingelöst.«
»Das muss aber ein ziemlich fetter Chip gewesen sein.«
»Ziemlich.«
Sie ist gerührt. »Das hast du für mich getan?«
»Ich hab’s für Tammy getan«, sagt Boone. »Und für dich. Und mich.«
»Wir können nicht im Sundowner frühstücken«, sagt Petra.
»Wieso nicht?«
»Weil das zu plump wäre«, sagt Petra. »Als wollten wir sie mit der Nase drauf stoßen.«
»Sunny ist das egal«, sagt Boone.
Männer sind Idioten, denkt Petra. »Sie liebt dich noch.«
»Nein, tut sie nicht«, sagt Boone.
Doch, tut sie, denkt Petra. Die Frage ist nur, ob du sie auch noch liebst. Ich glaube nicht, weil du ein zu gutes Herz hast, als dass du sie lieben und mich küssen könntest. Aber vielleicht liebst du sie noch, Boone, und weißt es nicht. So wie du dich vielleicht gerade in mich verliebst und es nicht merkst.
»Wir müssen nicht in den Sundowner gehen«, sagt Boone.
97
Nein, aber viele andere gehen hin.
Dank der Wellenfront, die auf PB Point zurollt, drängt sich die Hälfte aller Big-Wave-Surfer im Sundowner, sie chillen und reden über den kommenden Tag.
Sunny arbeitet in Lichtgeschwindigkeit, schenkt Kaffee aus, nimmt Bestellungen auf, serviert Mahlzeiten an den Tischen der Surfer, der Jet-Ski-Fahrer, der Bekleidungs- und Ausrüstungsvertreter, der Fotografen und Filmemacher, derZeitschriftenredakteure und Mitläufer, die sich alle wegen des großen Ereignisses hier versammelt haben – der seit Jahren ersten Monsterwellen an der südkalifornischen Küste. Alle haben so lange darauf gewartet, auf den Neubeginn des goldenen Zeitalters.
Das wird eine große Sache. Nicht nur die Wellen, sondern auch der Moment als solcher.
Es wird ein Medienereignis, das in allen Zeitschriften zu finden sein wird, auf Videos und DVDs und in den Klamottenkatalogen. Vertreter werden ihr Glück machen oder für immer ruiniert sein, Rivalitäten werden im Wasser ausgefochten werden, so wie einst im Flachland um Troja, Riesenegos werden sich um Wellen streiten, darum, wer sie reiten darf, und sie werden um Ruhm, Berühmtheit, Förder- und Sponsorenverträge kämpfen.
Und einer von ihnen wird auf dem großen Bild zu sehen sein.
Dem Titelbild.
Jemand wird der Star des Films sein, und alle anderen nicht. Das Messer wurde noch nicht geschliffen, der Stahl noch nicht geschmiedet, mit dem sich die angespannte Stimmung im Sundowner an jenem Morgen hätte lockern lassen.
Oder der Testosterongehalt in der Luft senken, denkt Sunny.
Heute dreht sich alles um die Jungs.
Sie reden Müll, machen auf cool, benehmen sich wie Jungs. Sunny ist für sie unsichtbar , sie nehmen sie nur als Kellnerin wahr, die ihnen das Essen bringt.
»Nervt dich das?«, fragt Dave, der am Tresen sitzt, mit niemandem redet und seine Zeitung liest. Die berühmtesten Surfer der Welt sitzen um ihn herum, und es bedeutet ihm nichts. Morgen wird er vielleicht einen dieser Typen aus der Suppe ziehen müssen, aus dem Weißwasser, und dann wirder ihnen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Heute Morgen sind sie ihm aber scheißegal.
»Bisschen«, sagt Sunny.
»Morgen wissen die, wer du bist«, sagt Dave.
»Ich weiß nicht.«
Das ist ein Understatement. Sie gibt es nicht gerne zu, aber sie fühlt sich eingeschüchtert. Hier drin ist es wie in einer Hall of Fame: Laird, Kalama und die ganze Strapped-Crew aus Maui; die Irons Brothers mit dem Kauai Wolf Pack; Mick und Robby und die Jungs aus Oz; Flea und Malloys aus Santa Cruz und die südkalifornischen Locals – Machado, Gerhardt und Mike Parsons, die die Monsterwellen vor der Cortes Bank geritten haben. Das sind die bereits Etablierten, die nichts mehr beweisen müssen und deshalb ziemlich cool und entspannt bleiben.
Aber die jüngeren, die Senkrechtstarter, sind eine ganz andere Abteilung: Tim Mackie, »Shooting Surf Star 2006«, hält seinen Kaffeebecher wie eine Trophäe hoch und deutet darauf. Gut aussehend, wohlgeformt und dreist – die ganze Welt tanzt nach seiner Pfeife, wieso sollte er nicht erwarten dürfen, unverzüglich nachgeschenkt zu bekommen? Es tut gut, Tim Mackie zu sein.
»Verbrüh ihm die Eier«, sagt Dave.
»Nein.«
Sie geht rüber, schenkt ihm eine zweite Tasse ein – kein Dankeschön, kein Blickkontakt – und kommt an den Tresen zurück, um die Bestellung für den Tisch der Billabong-Vertreter zu holen.
»Ich zieh dich rein, wenn du willst«, sagt Dave.
Sie
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