Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
Red Eddie im Ton verletzter Enttäuschtheit. »Manchmal kannst du ganz schön haole sein, Boone.«
»Ich bin ein haole «, sagt Boone .
»Okay«, sagt Red Eddie. »Dann reden wir jetzt Klartext, Dan Silver ist ein degenerierter Spieler, Bruddah Boone, setzt immer auf die Falschen. Er ist zu weit raus geschwommen, ich hab ihn wieder reingeholt; jetzt kann er mich nicht bezahlen. Er schuldet dem großen Hund einen Haufen Knochen, die er nicht hat, und die er auch nicht kriegt, wenn er den Prozess gegen die Versicherung nicht gewinnt. Schwimmen wir auf derselben Welle, Kumpel?«
»Im Weißwasser.« Geradeaus, einfach, leicht verständlich.
»Also«, sagt Red Eddie, »du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du noch ein bisschen an der Shoulder sitzen bleibst. Ich hab spitzgekriegt, dass bei dir Ebbe herrscht, Boone Brah, also egal, was dir die haoles dafür zahlen, dass du’s machst, ich zahl dir das Doppelte dafür, dass du’s nicht machst. Du kennst mich, Alter – ich streck nie die Hand aus, wenn ich mit der anderen nicht was zu verschenken hab.«
Ja, aber was?, fragt sich Eddie. Das ewige Problem zu Weihnachten: Was schenkt man einem, der alles hat? Oder genauer, was schenkt man einem, dem nichts fehlt? Das ist das Problem, wenn man Boone bestechen will: Er ist einzigartig, weil seine Bedürfnisse sehr schlicht, sehr elementar und außerdem längst befriedigt sind. Der Mann braucht Bares, aber es ist ihm nicht wichtig genug, als dass er deshalb ins Schwanken geriete. Also wann fällt er um? Was kann man B-Dog anbieten, damit er das Gleichgewicht verliert und vom Brett fällt?
Boone blickt auf die verwitterten Bohlen des Uferwegs, dann sieht er wieder Red Eddie an. »Ich wünschte, du wärst vor ein paar Stunden zu mir gekommen«, sagt er. »Dann hätte ich ja sagen können.«
»Was ist passiert zwischen jetzt und vorhin?«
»Eine Frau wurde ermordet«, sagt Boone. »Damit ist die Grenze überschritten.«
Red Eddie sieht nicht glücklich aus.
»Sosehr ich es hasse, dir was abzuschlagen«, sagt Boone, »aber ich muss die Welle reiten, Bro.«
Red Eddie sieht auf den Ozean hinaus.
»Große Wellenfront im Anzug«, sagt er. »Da draußen wird’s ein paar echte Donnerbrecher geben. So eine Welle kann dich reinziehen und durchspülen. Wenn man da nicht aufpasst, Boone Dawg, kann man glatt draufgehen.«
»Ja«, sagt Boone. »Ich kenn mich ein bisschen aus mit großen Wellen, die Leute mit sich reißen, Eddie.«
»Ich weiß, Brah«, sagt Eddie. »Ich weiß.«
Red Eddie macht eine Kehrtwende und tritt in die Pedale. Über die Schulter ruft er: » E malama pono!«
Pass auf dich auf.
24
Johnny Banzai betritt noch einmal das Zimmer 342 des Crest Motel. Ein typisches Zimmer in einem Motel in Pacific Beach abseits vom Wasser. Billig und ohne Komfort. Zwei Doppelbetten, der Fernseher ist festgeschraubt, ebenso wie die Fernbedienung auf einem der Nachttische neben einem Radiowecker. An der Wand hängen ein paar verblichene Fotos von Strandszenen in billigen Rahmen. Eine gläserne Schiebetür führt auf den kleinen Balkon. Sie ist offen, natürlich, und eine leichte Brise weht den dünnen Vorhang ins Zimmer.
Es hat eine Weile gedauert, bis Johnny Harrington wieder beruhigen konnte. Boone Daniels ist für Harrington wie das sprichwörtliche rote Tuch für den Stier. Der Lieutenant wollte wissen, was zum Teufel Boone hier eigentlich zu suchen hatte, und dasselbe wüsste Johnny auch gern.
Für einen Privatermittler ist Boone ein beschissener Lügner, außerdem beschattet er nur sehr selten Ehebrecher. Und kein Privatermittler, der noch alle Tassen im Schrank hat, bringt die Frau mit, damit sie live und in Farbe erlebt, was der Ehemann im Schilde führt. Ganz zu schweigen davon, dass die Frau ein echter Hingucker war und wahrscheinlich gar keiner auf die Idee käme, sie zu betrügen. Außerdem trug sie keinen Ehering.
Boones Geschichte ist also kompletter Bullshit, und Johnny wird als Nächstes Boone aufstöbern und herauskriegen, was er tatsächlich in dem Motel zu suchen hatte, in dem eine Frau »Rocky, das fliegende Eichhörnchen« spielte, und zwar mit tragischem Ausgang.
Die Sache ist, Johnny Banzai und Boone Daniels sind Kumpels.
Sie kennen sich eine Ewigkeit, seit der fünften Klasse, wo sie immer gleichzeitig ihre Bleistifte fallen ließen, unter den Tisch tauchten und kichernd Miss Oliveiras Beine begafften.
Das war, bevor Johnny ins Softpornogeschäft einstieg.
Johnny kaufte einem älteren
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