Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
Japaner kamen, um sich die Haare schneiden zu lassen und anschließend lang und heiß im dampfenden Furo unten im Keller zu baden.
Johnnys Vater ist mit ihm durch das alte Viertel spaziert, hat ihm die Gebäude gezeigt, die noch standen, hat ihn zu den Stellen geführt, wo sich einst Hagusis Lebensmittelladen befand, wo die Tobishas ihr Restaurant und die alte Mrs. Kanagawa ihren Blumenladen hatten.
Es war eine florierende Gemeinde, in die sich Filipinos und auch die wenigen Chinesen mischten, die geblieben waren, nachdem die Stadt Chinatown hatte abreißen lassen, außerdem ein paar Schwarze und Weiße – ein guter Ort, um aufzuwachsen.
Dann passierte Pearl Harbor.
Johnnys Vater hörte es im Radio. Damals war er sieben Jahre alt und rannte in den Friseurladen, um es seinem Vater zu berichten. Am nächsten Morgen hatte das FBI den Präsidenten der Japanese Association, den Lehrkörper der japanischen Schule, die buddhistischen Priester und die Judo- und Kendolehrer bereits hopsgenommen und zu gewöhnlichen Verbrechern in eine Zelle gesteckt. Innerhalb einer Woche wurden auch die Fischer, die Gemüsebauern und die Erdbeerfarmer verhaftet. Johnnys Vater erinnert sich noch, wie er in der Innenstadt auf dem Bürgersteig stand und zusah, wie sie – in Handschellen – von einem Gefängnis in ein anderes geführt wurden. Er erinnerte sich, dass ihm sein Vater gesagt hatte, er solle nicht hinsehen, denn die Männer– Oberhäupter ihrer Gemeinde – blickten gedemütigt und voller Scham zu Boden.
Zwei Monate später wurde die gesamte Nikkei-Gemeinde aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben und mit dem Zug zur Rennbahn von Santa Anita gebracht, wo sie fast ein ganzes Jahr lang hinter Stacheldraht lebten, bis man sie in ein Internierungslager in Poston, Arizona, brachte. Als sie nach dem Krieg nach San Diego zurückkehrten, mussten viele feststellen, dass Weiße ihre Häuser, Geschäfte und Farmen übernommen hatten. Einige Nikkei gingen weg; andere ergaben sich den Tatsachen und fingen von vorne an; einige – wie Johnnys Großvater mütterlicherseits – begannen schwierige und langwierige Prozesse um ihr Eigentum zu führen.
Aber Little Japan war nicht mehr, und die einst so eingeschworene Nikkei-Gemeinde lebte nun überall in der Gegend verstreut. Johnnys Vater besuchte das College, studierte anschließend Medizin und baute eine erfolgreiche Praxis in Pacific Beach auf.
Er dachte immer, sein Sohn würde Teilhaber der Praxis werden und sie eines Tages übernehmen, doch Johnny hatte andere Vorstellungen. Der kleine Johnny war immer schon ein bisschen anders als seine Geschwister gewesen, und obwohl er dem Klischee des fleißigen asiatischen Studenten entsprach, war ihm Action lieber als akademisches Wissen. Schultage brachte er nur hinter sich, um schnell aufs Baseballfeld zu kommen, wo er als Second Baseman für All-City spielte. Wenn er nicht auf dem Platz stand, war er im Wasser, ein draufgängerischer Grom, der die Wellen durchpflügte. Oder er war im Dojo, ließ sich von älteren Japanern Judo beibringen – Johnnys einziges echtes Zugeständnis an seine Herkunft.
Als es Zeit wurde, sich für eine berufliche Laufbahn zu entscheiden, hätten seine Noten für Medizin gereicht.Trotzdem wählte er am College die Vertiefungsrichtung Jura. Als es dann aber ernst wurde und Johnny zur Law School sollte, klinkte er sich aus der Welle aus. Mit Entsetzen dachte er an stundenlange Bibliothekssitzungen und unzählige Tage am Schreibtisch. Sein Tatendrang war stärker, also machte er die Polizeiprüfung und bestand sie mit Bravour.
Als Johnny seinem Vater mitteilte, er habe sich entschieden, Cop zu werden, dachte sein Vater an die Polizisten, die seinen Vater in Handschellen durch die Innenstadt von San Diego geführt hatten, aber er sagte nichts. Herkunft, dachte er, sollte eine Grundlage sein, kein Hemmschuh. Arzt ist Johnny also nicht geworden, aber er hat eine Ärztin geheiratet und damit dem Ganzen ein wenig den Stachel genommen. Das Wichtigste war, dass Johnny in dem Bereich, den er sich ausgesucht hatte, Erfolg hatte, kometenhaft durch die verschiedenen uniformierten Dienstgrade aufstieg und ein ausgezeichneter Detective wurde.
Zur japanischen Gemeinde hält er kaum noch Kontakt. Er ist zwar Japaner genug, um in einer Sushi-Bar das Personal zu nerven, aber den buddhistischen Tempel besucht er immer unregelmäßiger, und selbst den ein oder anderen Besuch bei seinem Großvater auf der alten Farm, der theoretisch
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