Packeis
Meer. Dieser Wirbel hat einen Durchmesser von gut hundertfünfzig Kilometern. Er befindet sich östlich von New Jersey am Rand des Golfstroms.«
Er zeichnete einen unregelmäßigen Kreis auf die Serviette.
»Das sieht aus wie ein Spiegelei«, stellte Trout fest.
Trout zog Aubrey gerne wegen seiner Vorliebe auf, wissenschaftliche Probleme auf Servietten darzustellen, wobei er ihm einmal sogar empfohlen hatte, diese Zeichnungen und Berechnungen zu einem Lehrbuch zusammenzufassen.
»Künstlerische Freiheit«, entschuldigte Aubrey sich. »Es vermittelt Ihnen einen Eindruck von unserem Forschungsobjekt.
Ozeanische Wirbel sind sich langsam bewegende Strudel, die gelegentlich Durchmesser von mehreren hundert Kilometern haben. Offenbar werden sie von Meeresströmungen ausgelöst.
Einige rotieren im Uhrzeigersinn, andere in der entgegengesetzten Richtung. Sie können Wärme oder Kälte transportieren und befördern Nährstoffe vom Meeresgrund zur Oberfläche. Je nachdem beeinflussen sie nachhaltig das Wettergeschehen und erzeugen eine Explosion marinen Lebens entlang der Nahrungskette.«
»Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Fischkutter gerne am Rand dieser Erscheinungen operieren«, sagte Trout.
»Menschen sind nicht die einzigen Raubtiere, die die biologische Bedeutung dieser Wirbel erkannt haben.« Aubrey zeichnete einige weitere Bilder auf die Serviette und hielt sie hoch.
»Jetzt sieht es aus wie ein Spiegelei, das von einem riesigen Fisch angegriffen wird«, sagte Trout.
»Wie jeder mit halbwegs gesunden Augen sehen kann, sind es Wale. Von ihnen weiß man, dass sie ihre Nahrung am Rand dieser Wirbel suchen. Es gibt einige wissenschaftliche Teams, die versuchen, die Wale zu ihren Weideplätzen zu verfolgen.«
»Sie benutzen also die Wale für die Suche nach Wirbeln«, stellte Trout fest.
Aubrey zuckte die Achseln. »Sicher, aber es gibt bessere Methoden, um diese Schätzchen zu suchen, anstatt Pottwale zu verfolgen. Die durch Wärme bedingte Ausdehnung des Wassers innerhalb eines Wirbels verursacht eine Unregelmäßigkeit im Ozean, die von Satelliten aufgespürt werden kann.«
»Was bringt Meeresströmungen dazu, diese Wirbel entstehen zu lassen?«, fragte Trout.
»Das ist etwas, das wir durch diese Expedition aufzuklären hoffen. Sie beide sind für dieses Projekt bestens ausgerüstet.
Gamay kann ihre biologischen Kenntnisse zur Beantwortung dieser Frage heranziehen, und wir hoffen, dass Sie eins der Computermodelle erstellen können, in denen Sie so gut sind.«
»Danke für Ihre Einladung hierher. Wir tun unser Bestes«, versprach Gamay.
»Das weiß ich. Dies hier ist mehr als nur reine Wissenschaft.
Diese riesigen Wirbel können das Wetter nachhaltig beeinflussen. Ein stationärer ozeanischer Wirbel vor der Küste Kaliforniens kann für niedrige Temperaturen und Regen in L.A.
sorgen. Entsprechend kann im Atlantik eine solche Erscheinung, die durch den Golfstrom ausgelöst wird, dichten Nebel hervorrufen.«
»Gegen das Wetter können wir nicht viel tun«, sagte Trout.
»Das ist richtig, aber zu wissen, was auf uns zukommt, gibt uns die Möglichkeit, uns darauf vorzubereiten. Die Beobachtung von Meereswirbeln könnte für die nationale Wirtschaft von lebenswichtiger Bedeutung sein. Die Sicherheit der Handelsschifffahrt und der Strom von Öl, Kohle, Stahl, Automobilen, Getreide und sonstiger Fracht hängt wesentlich von sicheren Wettervorhersagen ab.«
»Deshalb interessiert die NOAA sich ja auch so sehr für unsere Arbeit«, sagte Trout.
Aubrey nickte. »Das bringt mich darauf, dass ich mit dem Kapitän noch unseren Zeitplan besprechen muss.« Er erhob sich und drückte seinen Gästen die Hände. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass ich Sie beide wieder in meinem Team habe. Heute Abend veranstalten wir eine Kennenlernparty.« Er schob Trout die Serviette über den Tisch zu. »Morgen früh veranstalten wir ein Quiz über diese Dinge, Sie Schlaumeier.«
Zu Trouts Glück hatte Aubrey die Ankündigung eines Quiz nur scherzhaft gemeint, allerdings erwies sich die wissenschaftliche Vorbesprechung als sehr aufschlussreich. Und als das Forschungsschiff den Anker warf, wussten die Trouts über Meereswirbel bestens Bescheid. Vom Oberdeck des Schiffs aus betrachtet sah das Meer in der Umgebung des Wirbels nicht viel anders aus als in anderen Regionen, jedoch hatten Satellitenfotos und Computermodelle ergeben, dass die Wassermassen sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünf
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